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Nach TV-Sendung Sind die Burger fremdenfeindlich?

Sínd in Burg Fremdenfeindlichkeit und Rassismus an der Tagesordnung? Nach einem TV-Beitrag wird in der Stadt heftig diskutiert.

Von Katrin Wurm 18.01.2017, 06:00

Burg l „Die Darstellung ist übertrieben“, sagt Fabian Borghardt vom „Runden Tisch gegen Rechts“, der auch als Mitarbeiter des Awo-Nachbarschaftstreffs und Ehrenamtlicher des „Kinderclubs International“ einen engen Draht zu Zuwanderern in der Kreisstadt hat. Allerdings, so Borghardt weiter, gebe es „Alltagsrassismus“, in Form von „Sprüchen, auffälligen Blicken, Mobbing in der Schule“. Auch die fremdenfeindlichen Aufmärsche im Vorfeld der Landtagswahl 2016 in Burg hätten dazu beigetragen, dass bei Zuwanderern oft „ein mulmiges Gefühl“ da sei. „Diese Menschen haben dafür eine feine Antenne, während wir Deutsche das vielleicht gar nicht wahrnehmen oder wahrnehmen wollen“, so Borghardt.

Bürgermeister Jörg Rehbaum (SPD) zeigte sich enttäuscht von dem TV-Bericht (www.ardmediathek.de/tv, www.swr.de/report) , der nicht den Alltag widerspiegele. Mit dem Fernsehbeitrag werde die Arbeit viele engagierter Menschen und Institutionen in Burg, die sich um die Betreuung der Migranten kümmern, mit Füßen getreten. „Wir müssen in dem geschilderten Einzelfall den Tathergang und die Schwachstellen analysieren und schauen selbstverständlich nicht weg, wo Ausländerfeindlichkeit herrscht.“ Nach bisherigen Gesprächen habe es sich jedoch auch gezeigt, dass es im geschilderten Fall einen Streit zwischen zwei Jungen gegeben habe. Rehbaum erwägt in diesem Zusammenhang ein wissenschaftliches Projekt zur Thematik Ausländerfeindlichkeit zu initiieren. Dies habe es schon einmal mit der Theologischen Hochschule Friedensau gegeben. „Ich möchte die Hochschule dafür wieder gewinnen.“

„Die einseitige Berichterstattung macht diesen TV-Beitrag unglaubwürdig“, sagt Kerstin Auerbach, Fraktionsvorsitzende der Linken im Burger Stadtrat und Linke-Kreisvorsitzende. Einzelfällen von Gewalt gegenüber Zuwanderern, die natürlich nicht toleriert werden könnten, stehe in Burg ein Netzwerk aus Menschen gegenüber, die sich um Zuwanderer und deren Integration bemühten. Auch an den Schulen werde in dieser Sache viel getan, auch wenn der TV-Beitrag ein gegenteiliges Bild vermittele.

Tatsache sei aber auch, so Auerbach weiter, dass Respektlosigkeit und Pöbeleien zugenommen hätten. „Das bekomme ich als Kommunalpolitikerin zu spüren, das bekommen sicher auch Zuwanderer zu spüren“, räumt sie ein. „Das ist für unsere Stadt Burg ebenso wenig zuträglich wie dieser TV-Beitrag“, so Auerbach.

Die Kreisvorsitzende der CDU, Andrea Gottschalk, will „das Problem nicht schönreden“, findet die Darstellung im TV-Beitrag aber ebenfalls einseitig. „Eine objektive Berichterstattung sieht anders aus. Was da gezeigt wurde, das ist nicht Burg“, so Gottschalk. Die Darstellung werfe ein schlechtes Licht auf die Kreisstadt, kratze am Image. Es gelte zu verhindern, dass Burg demnächst möglicherweise in einem Atemzug mit Dresden oder Bautzen genannt wird, wenn es um Ausländerfeindlichkeit geht. Gottschalk: „Der Integrationsprozess ist erst angelaufen, wir haben noch viel Arbeit vor uns. Dafür brauchen wir das Miteinander aller Kräfte und kein parteipolitisches Gegeneinander.“

„Tatsächlich ist die Anzahl rassistischer bzw. politisch motivierter Straftaten in Burg und im Jerichower Land im Jahr 2016 angestiegen“, sagt Jörg Fischer vom Polizeirevier Jerichower Land. Die Gründe dafür seien vielfältig, aber keinesfalls an der Arbeit der Polizei des Polizeireviers Jerichower Land festzumachen, wie behauptet werde. „Weder werden im Zuge von Anzeigen durch die Polizei Vernehmungen verschleppt, noch wird unzureichend ermittelt.“ In den lokalen Gremien wie „Demokratie Leben“, den „Lenkungskreisen Integration“ der Städte Burg und Genthin oder dem „Runden Tisch gegen Rechts“ seien neben Vertretern des Polizeireviers auch andere Akteure des öffentlichen Lebens, des Landkreises, der Städte und der Mobilen Opferberatung rechter Gewalt vertreten, die untereinander einen regen Informationsaustausch betreiben. Fischer: „Daher ist es aus hiesiger Sicht nicht nachvollziehbar, wenn von einem Klima des Untätigseins und des Wegsehens von offizieller Seite gesprochen wird.“

Der TV-Beitrag wird auch in den sozialen Netzwerken, vorrangig auf Facebook, hitzig diskutiert. Viele Burger empfinden ihn als einseitig, andere machen aber auch deutlich, dass Gesprächsbedarf bestehe. So wünscht sich ein Mitglied der Gruppe „Burger Ansichten“ eine Bürgersprechstunde oder offene Fragerunde in Bezug auf die Flüchtlinge. „Dass all diejenigen, die irgendwelche Sorgen bezüglich der ausländischen Mitbürger haben, mal beruhigt werden“, wird der Vorschlag begründet. Angesprochen wurde damit insbesondere Bürgermeister Jörg Rehbaum. Dieser antwortete: „Der ‚Runde Tisch gegen Rechts – für Toleranz und Menschlichkeit‘ wäre sicherlich ein guter Ansprechpartner, ebenso der Integrationskreis der Stadt Burg. Die Koordinierung aller Fragen rund um das Thema Asyl und Migration ist allgemeine Aufgabe des Landkreises, Ausländeramt.“