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Abtreibungen Viele Fragezeichen trotz Reform

Die Paragrafen und Gerichtsurteile rund um das Thema Schwangerschaftsabbruch sorgen für viele Unsicherheiten - auch in Burg und Genthin.

Von Susanne Klose 16.03.2019, 00:01

Burg/Genthin l Eine Reform, die keine ist: Der Paragraf 219a, das Werbeverbot für Ärzte, die Abtreibungen durchführen, bleibt weiterhin bestehen. Damit bleiben auch: Unsicherheit auf Seiten von Ärzten und Krankenhäusern. Zwar dürfen diese nun angeben, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, weitere Informationen bleiben jedoch den Beratungsstellen vorbehalten. Und auch bei diesen zeigt sich, wie sensibel das Thema Abtreibung nach wie vor ist – auch im Landkreis.

Im Jerichower Land gibt es zwei Anlaufstellen, die eine Schwangerenkonfliktberatung anbieten. Diese ist unumgänglich, da Abbrüche in Deutschland nach wie vor rechtswidrig sind. Laut statistischem Landesamt Sachsen-Anhalt haben sich im vergangenen Jahr 3222 Frauen für einen Abbruch entschieden, der größte Teil von ihnen zwischen 30 und 35 Jahren alt. Dies bedeutet einen leichten Rückgang, im Jahr 2017 lag die Zahl der Abbrüche bei 3310.

Wie viele Abtreibungen im Landkreis durchgeführt wurden, ist kaum zu ermitteln. Auf Anfrage der Volksstimme nach Zahlen, möglichen Problemen mit Abtreibungsgegnern sowie der Wartezeit für einen Termin antwortet die Helios Klinik Jerichower Land, dass man die öffentliche Debatte begrüßt. Die Fragen selbst blieben unbeantwortet.

Eine Anfrage an die Beratungsstelle des Paritätischen lehnt diese ab mit der Begründung, die Frauen, die in die Beratungsstelle kommen, schützen zu wollen. Ein Mediziner aus dem Landkreis, die Abtreibungen durchführt, zeigt sich zunächst gesprächsbereit unter der Prämisse der Anonymität, zieht die Zusage später wieder zurück. Allein die Beratungsstelle der Diakonie in Genthin erlaubt einen Einblick in ihre Arbeit.

Hier ist es unter anderem Anne Grundmann, die den Frauen zur Seite steht. Sie ist seit 2016 im Team der Beratungsstelle. „Uns ist wichtig, dass die Frauen sich gut abgeholt fühlen.“ Denn schon der Anruf kann für sie eine große Überwindung sein. „Die Schwangeren müssen weder ihren Namen noch ihre Herkunft nennen“, so Grundmann. Die Beratungsstelle garantiert absolute Anonymität. Wer nicht unter vorgehaltener Hand erfährt, welcher Arzt im Landkreis Schwangerschaftsabbrüche durchführt, erhält hier Informationen zu Praxen. Aber auch: Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten, sollte sich die Frau doch dazu entscheiden, das Kind auszutragen.

Wie die Berater und Beraterinnen der Diakonie es schaffen, die Schwangeren zu beraten, ohne auf ihre Entscheidung Einfluss zu nehmen? „In den Gesprächen nehmen wir eine Haltung von Wertschätzung, Allparteilichkeit und Neutralität ein“, betont Anne Grundmann.

Einen Grund für den möglichen Abbruch müssen die Frauen in der Beratung nicht nennen. Wie sich die Betroffenen dann am Ende tatsächlich entscheiden, erfährt die Genthiner Zweigstelle der Diakonie nicht, das Beratungsangebot ist ergebnisoffen. Daher liegen der Beratungsstelle auch keine Zahlen zu Abbrüchen vor. Was sie sagen können: In der Beratungsstelle Genthin haben 41 Schwangerenkonfliktberatungen im Jahr 2018 stattgefunden.

Inwiefern sich diese Zahlen ändern würden, wenn der entsprechende Paragraf 218 wegfallen würde? Das mag die Genthiner Beratungsstelle nicht beurteilen. Was für sie im Zentrum steht: „Wir wollen mit der Beratung eine Plattform bieten, auf der die Frauen sich noch einmal selbst reflektieren können“, erklärt Anne Grundmann. Wie auch immer sie sich dann entscheiden.