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Bildung Chronischer Lehrermangel

Auf dem Land sind viele Stellen für Lehrer unbesetzt und junge Lehrer zieht es oft in die Stadt. Wie ist die Lage in Burg und Genthin?

Von Aline Wobker 25.10.2019, 06:00

Burg/Genthin l Es gehen mehr Lehrer in Rente, als junge Lehrkräfte nachrücken. Vor dieser Herausforderung stehen Deutschland, Sachsen-Anhalt und das Jerichower Land gleichermaßen. Allein für die Grundschulen in unserem Land lautet die düstere Prognose der Bertelsmann-Stiftung: Bis zum Jahr 2025 werden mindestens 26.300 Lehrer an Grundschulen fehlen.

Die Schulleiter aus dem Jerichower Land, bei denen sich die Volksstimme exemplarisch nach dem aktuellen Stand der Dinge erkundigt hat, verwiesen zum Großteil auf das Landesschulamt für eine Auskunft. Die Burger Pestalozzi-Grundschule gab eine Rückmeldung: Dort sei aktuell kein Lehrermangel und keine freie Stelle zu besetzen.

Anders sieht es in der Grundschule Niegripp aus. Schulleiterin Ricarda Karstädt berichtet von der aktuellen Situation: „Selbst an unserer kleinen Schule sind wir nicht zu 100 Prozent versorgt. Wenn ich sehe, wie viele Kollegen in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, dann schwindet meine Hoffnung auf Besserung.“

Und tatsächlich – in Niegripp ist die Situation am Limit. Vier Lehrkräfte für vier Klassen. „Zum Glück haben wir eine pädagogische Mitarbeiterin, die im Krankheitsfall einspringen kann“, erzählt die Schulleiterin.

Allerdings funktioniere dies auch nur dann, wenn bloß eine Lehrkraft ausfällt. Sollten mehrere Lehrkräfte erkranken, sei dies eine kaum zu schaffende Herausforderung in der kleinen Grundschule, so Karstädt.„Bei uns wäre es eine richtige Katastrophe, wenn eine Kollegin oder ein Kollege hier wegbricht. Dann müsste man im schlimmsten Fall Klassen zusammenlegen. Das ist aber auch eigentlich unmöglich, da die Klassenräume dafür zu klein sind“, verdeutlicht die Schulleiterin.

Aktuell gebe es in der Niegripper Grundschule keine volle Stundenzahl, das heißt: Es gibt Stunden, die von fachfremden Lehrkräften unterrichtet werden müssen. „Das kann doch nicht das Wahre sein“, meint Karstädt und schaut pessimistisch in die Zukunft: „Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, die den Beruf wieder attraktiver machen. Ansonsten wird sich nichts ändern.“

Ein Anreiz könnte zum Beispiel finanzieller Natur sein, so Stefan Thurmann, Pressesprecher des Ministeriums für Bildung im Land Sachsen-​Anhalt. „Für besonders schwer zu besetzende Stellen gibt es einen finanziellen Anreiz in Höhe von 500 Euro. Zum Beispiel in der Sekundarschule Parey gab es zwei solcher Stellen“, erzählt Thurmann.

Das Pilotprojekt in Gardelegen sei auch ein gutes Beispiel, wie Lehramtsstudenten aufs Land gelockt werden können. „Gardelegen bietet Stipendien in Höhe von 300 Euro für Lehramtsstudenten an, die sich nach ihrem Studium für eine gewisse Zeit verpflichten, in Gardelegen zu unterrichten“, erläutert Thurmann die Methode.

Im Jerichower Land waren in der vergangenen Ausschreibungsrunde 28 Lehrerstellen zu besetzen gewesen. Davon konnten allerdings lediglich sechs Plätze besetzt werden, teilt Thurmann mit. Doch im November soll ein weiterer Versuch unternommen werden. Die Hoffnung liege dann vor allem bei den Referendaren, die kurz vor ihrem Abschluss stehen. Ein schwacher Trost: In anderen Landstrichen Sachsen-Anhalts sei die Situation noch angespannter als im Jerichower Land. Eine Prognose, wie viele Lehrkräfte zum kommenden Schuljahr in den Ruhestand gehen werden, stellt Thurmann jedoch nicht an. „Früher konnte eine genauere Prognose gemacht werden. Die Rechnung geht jetzt allerdings durch den flexiblen Eintritt in den Ruhestand nicht mehr auf.“ Zum Ende des Schuljahrs seien in diesem Jahr in Sachsen-Anhalt 400 Lehrkräfte in den Ruhestand gegangen. „Das war für uns aber ein erwartbarer Wert“, erklärt Thurmann.