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Bildung Mit Traumnote in die Seelenkunde

Sie sind die Besten ihres Abi-Jahrgangs in Burg, bleiben beide in der Heimat, lieben Musik und studieren Psychologie.

Von Marco Hertzfeld 23.07.2018, 08:30

Burg l „Wir haben hart für diesen Abschluss gearbeitet“, sagt Kevin Stumpf. „Aber Streber sind wir deswegen noch lange nicht“, schießt es aus Laura Hebrank heraus. Sie müssen lachen. Und können stolz sein. Auf beider Zeugnis prangt die 1,0. Eine Traumnote, die Türen öffnen kann. Drei Jahre Fachgymnasium an der Berufsschule „Conrad Tack“ in Burg liegen hinter ihnen. Der andere Weg zum Studium, die zwei sind ihn gegangen. Die Besten ihres Jahrgangs sehen sich wahrscheinlich schon bald wieder. Beide wollen sie Psychologie an der Universität in Magdeburg studieren. Der Heimat bleiben sie damit ungewöhnlich nah.

Die waschechte Burgerin bestellt sich eine heiße Schokolade. Für die nächsten Wochen habe sie keinen großartigen Plan. „Verreisen sicherlich, die freie Zeit genießen, Sport treiben und natürlich Musik hören.“ Sogar Komponisten wie Peter Tschaikowski und Sergei Rachmaninow kommen der 19-Jährigen in den CD-Spieler. Ihre Lieblingssängerin ist Jackie Evancho, eine junge US-Amerikanerin, die erfolgreich Klassik und Pop mischt. „Musik ist für mich ein Lebensgefühl, ich besuche Konzerte, lerne seit vier Jahren Klavier, nehme seit kurzem Gesangsunterricht – und trainiere schon länger Ju-Jutsu. Auch Sport muss sein.“

Der 20-jährige Kevin setzt sich aufrecht hin und nippt an seinem Kaffee. Er kommt aus Ziepel bei Möckern und mag es mindestens genauso außergewöhnlich. Auf seinem T-Shirt steht „Joy Division“, der Name einer englischen Kultband der späten 1970er-Jahre. „Ich höre vieles in dieser Richtung: Punk, Metal, Gothic und ganz aktuell Rise Against, eine Hardcore-Band aus den USA.“ Der junge Mann übt sich seit einem halben Jahr regelmäßig an der E-Gitarre und würde gern irgendwann in einer Band spielen. „Vielleicht ergibt sich ja neben dem Studium die Chance. Das wäre schon ein großer Traum von mir.“

Sie haben das Abitur in der Tasche. „Nach vier Jahren Grundschule waren meine Leistungen nicht so, dass ich auf das Gymnasium gehen wollte, die richtige Entscheidung“, sagt Laura. „Ich war in der Fünften dort und bin wieder weg, der Knoten ist erst später geplatzt, zur richtigen Zeit“, weiß Kevin. Insgesamt gut 60 Schüler bildeten den Jahrgang. Sie wählte für die drei Jahre den Schwerpunkt Gesundheit, er die Wirtschaft und hätte es ihr im Nachhinein am liebsten gleichgetan. „Schwamm drüber, ich hatte mich entschieden.“ So saßen sie in der Regel in verschiedenen Räumen und kenne sich vom Sehen.

„Wir haben alle Organsysteme durchgenommen, eine gute Basis.“ Die 19-Jährige hat einen Plan B und sich in Magdeburg auch noch um einen Studienplatz in Medizin beworben. Ihr Favorit ist allerdings die Psychologie. So oder so, bei einer Zusage sitzen sie ab Oktober im Hörsaal. Laura kann sich sehr gut vorstellen, später einmal eine Praxis zu eröffnen. Kevin möchte unbedingt in die Forschung. „Ich habe mir in letzter Zeit viele Fragen zur menschlichen Existenz und dem freien Willen gestellt. Doch Philosophie hat nichts Praktisches. Mich reizt die Gehirnforschung, aber bitte ohne Skalpell.“

Dass sie nicht wie ein großer Teil ihrer Schulkameraden dem Jerichower Land den Rücken kehren, habe einen einfachen Grund. „Magdeburg ist quasi um die Ecke und die Uni gehört im Fach Psychologie zu den ersten Adressen“, ist Kevin überzeugt. Beide haben den Führerschein, sind mobil. „Und natürlich spielen Familie und Freunde eine Rolle. Warum sollte man das aufgeben?!“ Laura nickt und sagt: „Heimat ist ein großes und mitunter missverständliches Wort. Heimat ist für mich dort, wo ich mich wohlfühle. Momentan passt es.“ Für ein gemeinsames Foto geht es aus dem Café auf den Hof ihrer einstigen Schule.