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Blitzer Fuß vom Gas in Reesen

Bleifüße im Jerichower Land werden stärker ausgebremst: Die neue Messsäule in Reesen ist fast fix und fertig aufgebaut.

Von Marco Hertzfeld 29.06.2018, 07:00

Burg l „Herzlich willkommen in Reesen!“ – Der Gruß auf einer Tafel am Ortseingang dürfte Rasern in besonderer Erinnerung bleiben. Die Stadt hat an der viel befahrenen Bundesstraße 1 in Richtung Norden eine Säule aufbauen lassen, die sich mit einem Blitzgerät bestücken lässt. Noch ist der mannshohe Turm in der Burger Ortschaft zur Hälfte mit einer blauen Plastikfolie abgedeckt. Letzte Anschlussarbeiten stehen aus. Wie Rathaussprecher Bernhard Ruth auf Anfrage der Volksstimme mitteilt, soll die Messtechnik wahrscheinlich irgendwann in zwei Wochen scharf gestellt sein. „Den genauen Termin verraten wir natürlich nicht.“

Im Jerichower Land nimmt schon fast traditionell vor allem die Polizei Temposünder ins Visier. Der Landkreis überlässt den uniformierten Ordnungshütern das Feld. „Wir verfügen aktuell weder über mobile noch stationäre Messgeräte“, weiß Vize-Landrat Thomas Barz (CDU). Das Thema habe politisch noch nie wirklich auf der Tagesordnung gestanden, vermutlich aus Kostengründen. Kommunen mit mehr als 20 000 Einwohnern wie die Kreisstadt Burg können eigene Wege gehen und sich grünes Licht für Tempofallen beim Landkreis holen.

Wer notorisch aufs Gaspedal tritt, muss in der Einheitsgemeinde wieder mit kommunalem Blitzgewitter rechnen. Nach einer fünfjährigen Pause organisiert die Stadt Burg Tempokontrollen in eigener Regie. Anwohner forderten, für mehr Sicherheit zu sorgen. Zudem geht es der Stadt finanziell besser als 2012. Damals überstiegen die Reparaturkosten der mobilen analogen Geräte die Einnahmen. Für etwa 130.000 Euro konnten laut Ruth über einen Leasingvertrag, der drei Jahre laufen wird, Fahrzeug und moderne Digitaltechnik angeschafft werden.

„Es handelt sich um ein kombiniertes System.“ Das heißt: Die Technik kann mobil aus dem Wagen heraus zum Einsatz kommen oder für eine bestimmte Zeit in der Säule eingerastet werden. „Möglich ist natürlich immer nur eine Variante. Das Fahrzeug soll auch in anderen Orten an der Seite stehen.“ Inwieweit zusätzliche Säulen in der Einheitsgemeinde aufgestellt werden, soll die nahe Zukunft zeigen. Reesen sei so gesehen ein Pilotprojekt. Wenn es dazu kommt, dann wohl in der Kernstadt. „Noch sind es alles Ideen. Denkbar wäre zum Beispiel die Kreuzung der B 1 nahe Marktkauf und eine Stelle an der B 246 a aus Richtung Möckern.“

Ein Fußgängerüberweg scheint aus bestimmten baulichen Gegebenheiten unmöglich. Tausende Fahrzeuge durchqueren die Burger Ortschaft Reesen täglich. Bei Weitem nicht alle Lenker hielten sich an die vorgeschriebenen 50 Kilometer pro Stunde, beklagt Ortsbürgermeister Otto Voigt immer wieder und hofft auf eine „schnelle erzieherische Wirkung“. Dass sich insbesondere notorische Raser überhaupt zum Umdenken bewegen lassen, ist aber umstritten. Zudem werfen Kritiker Kommunen bundesweit immer wieder vor, ihre Kassen auffüllen zu wollen.

Die Kreisstadt Stendal auf der anderen Elbseite betrat mit gleich zwei stationären Blitzern 2014 Neuland im Norden Sachsen-Anhalts. Probemessungen vorher hatten ergeben, dass täglich bis zu 800 Fahrzeuge mit mehr als 50 Sachen auf der B 189 durch das Dorf donnerten. Mittlerweile sollen es im Durchschnitt keine 40 Bleifüße mehr sein. Anfangs wurden noch knapp 150 000 Euro eingenommen, später monatlich noch etwa 20 000 Euro. Die Säulen sind mehr und mehr bekannt. Ein Minusgeschäft soll es nicht werden.

Der Landkreis Stendal selbst hat seit Oktober 2016 zwei dieser Hightech-Blitzer in der Osterburger Ortschaft Erxleben in Betrieb. Nach Einschätzung der Anwohner haben die Säulen zu einer spürbaren Verkehrsberuhigung geführt. Von circa 2,4 Millionen Fahrzeugen in den ersten elf Monaten waren etwas mehr als 13.000 so schnell unterwegs, dass die Technik auslöste. Auch dort sollen sich die Messgeräte weiterhin möglichst rechnen. Stadt wie Landkreis haben ihre Geräte geliehen, die Firma hat diese aufgestellt und wartet sie auch.

Die Reesener Anlage dürfte erst einmal die einzige ihrer Art im Jerichower Land bleiben. Weitere Anträge liegen der Verwaltung zufolge nicht vor. Der zuständige Fachbereich des Landkreises mit dem Beigeordneten Barz an der Spitze muss sich auch zukünftig nicht um eigene Geräte sorgen, weil es die dafür nötigen politischen Ambitionen zumindest momentan nicht gibt. Nur zum Vergleich: Im niedersächsischen Landkreis Uelzen mit ähnlich vielen Einwohnern wie das Jerichower Land soll es laut Medienberichten mindestens 14 Standorte und insgesamt 20 Messsäulen geben.

An Aufgaben mangele es dem Landkreis Jerichower Land in diesem Fachbereich dennoch nicht: Kfz-Zulassung, Führerschein, Straßensperrung... Barz hebt Letztgenanntes noch einmal heraus. „Gerade die warmen Monate sind eine echte Herausforderung. Kommunen, Landkreis, Land und Bund, alle wollen sie bauen.“ Sperrungen und Umleitungen möglichst harmonisch zu koordinieren, sei die große Kunst. Der Rettungsdienst muss trotz allem sein Weg finden.