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Büchereisterben Leseratten händeringend gesucht

Ein landesweiter Trend zeigt, dass immer weniger Menschen die öffentlichen Bibliotheken nutzen. Doch wie sieht es im Jerichower Land aus?

Von Juliane Just 18.05.2018, 07:00

Burg/Genhtin/Gommern l Im medialen Zeitalter scheint eine Buchausleihe einem Relikt aus alten Tagen gleichzukommen – zumindest für junge Menschen. Seit Jahren gehen die Nutzerzahlen in Bibliotheken zurück. Doch die Mitarbeiter haben reagiert – mit Veranstaltungen und Aktionen bringen sie mehr Menschen in ihre Einrichtungen. Im Jerichower Land gibt es Nutzerrückgänge, aber auch Gewinne.

Die Stadtbibliothek Gommern sowie die Stadt- und Kreisbibliothek „Edlef Köppen“ in Genthin verzeichnen in den vergangenen Jahren Nutzerrückgänge. So verlor die Bibliothek in Gommern innerhalb von fünf Jahren knapp 9 Prozent an Nutzern. Das lässt sich vor allem mit dem demografischen Wandel erklären. Die meisten Nutzer sind im Alter von 60 bis 80 Jahre alt.

Ein Plus an Leseratten konnte die Stadtbibliothek „Brigitte Reimann“ in Burg verzeichnen. Im Vergleich zum Jahr 2015 konnten sie 34 Prozent mehr Nutzer werben. „Wir konnten viele neue Leser durch Projekte und Aktionen gewinnen“, sagt Stefanie Obieglo, Leiterin der Stadtbibliothek.

Veranstaltungen, Lesungen, Abendprogramme – alle drei Bibliotheken haben ihr Angebot ausgebaut und können dadurch immer mehr Besucher in die Einrichtungen locken. „Und wer weiß, vielleicht binden wir den einen oder anderen als Nutzer an uns“, so Stefanie Obieglo. Die Bibliothek ist weit mehr als ein Lesetempel, sagt auch Cornelia Draeger, Mitarbeiterin in Genthin: „Die Einrichtungen sind auch Begegnungsstätte mehrerer Generationen.“

Doch warum lesen die Menschen heute weniger? „Es gibt mehrere Ursachen. Freizeit wird heute anders genutzt als früher“, sagt Cornelia Drager weiter. Gerade die mediale Entwicklung ist Gift für die Bibliotheken, da sind sich alle Ansprechpartner einig. „Die jungen Leute recherchieren im Internet. Dort hat man mit einem Klick alles parat, was man sucht“, so Beate Masiowksi aus Gommern. Ein Buch in die Hand zu nehmen, scheint da aus der Zeit gefallen.

Doch auch gegen diesen Trend haben sich die Bibliotheken gewappnet. In Burg und Genthin können Medien über die sogenannte Onleihe, einer digitalen Ausleihe, auf dem heimischen Gerät gelesen oder geschaut werden. „Trotzdem ist dieser Sektor nicht in dem rasantem Tempo gewachsen, wie man einst dachte“, resümiert Stefanie Obieglo nach zwei Jahren Onleihe in Burg. Viele Leser schätzten jedoch die papierne Form des Buches nach wie vor mehr.

In ganz Sachsen-Anhalt hatten die öffentlichen Bibliotheken ein Minus von 16 000 Nutzer im Jahr 2017. Das teilte das Landesverwaltungsamt Halle mit. Als Gründe werden erhöhte Nutzungsgebühren und verkürzte Öffnungszeiten genannt. Dies trifft im Jerichower Land jedoch nicht zu: Keine der drei befragten Bibliotheken hat Veränderungen vorgneommen. In Genthin und Gommern werden gar keine Gebühren für die Nutzer erhoben.

Die Herausforderung der Bibliotheken ist die ständige Aktualisierung ihrer Medien – darunter zählen Bücher, DVDs und CDs. Desweiteren gewinnen die Veranstaltungen für große und kleine potenzielle Nutzer immer mehr an Bedeutung. „Das Angebot wird gut angenommen. Wir pflegen die Traditionen, entwickeln das Konzept aber auch immer weiter“, sagt Cornelia Drager über die Genthiner Bibliothek. Die Zukunft der Einrichtungen im Jerichower land ist vorerst gesichert – solange es noch genügend Leseratten gibt.