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Corona-Krise Bisher wenig Fälle im Jerichower Land

Bislang vergleichsweise glimpflich davongekommen ist das Jerichower Land in der Coronakrise.

Von Thomas Pusch 04.09.2020, 08:00

Burg l Mit 61 bestätigten Fällen gibt es im Jerichower Land die zweitwenigsten Coronafälle in Sachsen-Anhalt. Nur im Altmarkkreis Salzwedel gibt es mit 47 noch weniger Fälle. „Wir sind bislang vergleichsweise glimpflich davongekommen“, sagte Amtsarzt Dr. Henning Preisler am Mittwochabend während der Sitzung des Kreis-Gesundheitsausschusses. Von Vorteil sei gewesen, dass es keine großen Ausbrüche in Pflegeheimen, Krankenhäusern oder Schulen gegeben habe, anders als in anderen Landkreisen oder auch Bundesländern.

So seien auch die neuesten Lockerungen zu vertreten. Allerdings kritisierte er, dass immer die Gesundheitsämter Entscheidungsträger seien. „Es ist gar nicht klar, auf welcher Grundlage Hygienekonzepte für Clubs oder Diskotheken erstellt werden sollen“, sagte er. Zudem seien die personellen Kapazitäten im Bereich Hygiene begrenzt. Der Weg der Politik, dass stets das Gesundheitsamt in der Pflicht ist, missfalle ihm ein bisschen.

Auf der anderen Seite verstehe er auch, dass der Öffnungsdruck sehr groß sei, gerade auch im Vereinsleben. Da gehe es teilweise um die wirtschaftliche Existenz. Der 1. FCM sei sehr forsch in die Offensive gegangen, und wenn die Fußballer durch seien, werde wohl der Handball folgen. Das sei allerdings problematischer, da er in der Halle stattfindet.

Im Jerichower Land würden nun mit Spannung die Schulen beobachtet. „Wir hatten Glück und konnten noch vor Schulbeginn zwei Kontaktpersonen eines Infizierten aus dem Verkehr ziehen“, gab er eine Erfolgsmeldung. Er wisse auch, dass es gerade bei größeren Schulen schwierig sei, einzelne Kohorten zu bilden, also feststehende Gruppen von Schülern, um bei einem Coronafall die Kontaktpersonen eingrenzen zu können und zu vermeiden, dass die gesamte Schule geschlossen werden muss.

Die neuen Fälle im Jerichower Land seien durchaus auch Reiserückkehrer gewesen, aber nicht ausschließlich. „Letztlich können wir auch nicht in jedem Fall den Ansteckungsherd feststellen“, sagte er. Nur mäßig funktioniere das System mit den Aussteigekarten. Reisenden, die aus einem Risikogebiet kommen, werden die Karten am Flughafen ausgehändigt. Sie sollen an das zuständige Gesundheitsamt geschickt werden, um darüber zu informieren. „Manche Karten bekommen wir erst acht Tage nach der Landung in Deutschland, da sind dann schon alle Messen gesungen“, erklärte der Amtsarzt. Am selben, spätestens einen Tag nach der Landung sollte die Karte im Gesundheitsamt sein.

Nach wie vor sei es wichtig, Hygienevorschriften einzuhalten. Als Beispiel nannte er das Kreispokalfinale. Bei dem Spiel in Ziepel zwischen dem Burger BC und dem TSV Brettin/Roßdorf war auch ein Covid-19-Infizierter. Gut 20 Personen mussten getestet werden. Zwar fielen alle Tests negativ aus, jedoch wollte Dr. Preisler noch Kritik loswerden. „Ich war auch bei dem Spiel und hatte da kein gutes Gefühl“, schilderte er. Die wenigen entscheidenden Dinge, die gemacht werden können, seien nicht gemacht worden. Er habe sich auch das Hygienekonzept angesehen und sei zu dem Ergebnis gekommen: dürftig.

Die Hauptlast im Gesundheitsamt würden nicht die Ärzte, sondern die Hygieneaufseher tragen. Vier Stellen gebe es, allerdings gebe es auch eine Langzeiterkrankte und einen Kollegen in Elternzeit. „Ich klopfe jeden Tag dreimal auf Holz, dass die anderen Beiden wieder zum Dienst erscheinen“, versuchte Preisler Humor zu bewahren. Fakt sei aber eben auch, dass das üblicherweise in der Kreisverwaltung bei Personalmangel greifende Prinzip der Umverteilung in diesem Fall nicht funktioniere. Hygieneaufseher könnten nicht durch Verwaltungsfach-angestellte kompensiert werden. „Sie können kein Hygienekonzept bewerten“, nannte er ein Beispiel, „das gehört doch auch gar nicht zu ihrer Ausbildung.“