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Corona-Krise Musikerin macht aus der Not eine Tugend

Keine Veranstaltungen, kein Gesan: der Pöthener Eventsängerin Francesca Donato fehlen die Aufträge. Ein Gespräch über Sorgen und Chancen.

22.04.2020, 16:01

Pöthen l Die durch Bund und Länder verhängten Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren zur Eindämmung der Corona-Pandemie treffen insbesondere Selbstständige und Künstler besonders hart. Davon betroffen ist auch die Pöthener Eventsängerin Francesca Donato. Thomas Schäfer hat mit ihr über Sorgen und Chancen der Zwangspause gesprochen.

Wie geht es Dir und deiner Familie in der derzeitigen Situation?
Francesca Donato: Den Umständen entsprechend gut. Das Wichtigste ist, wir sind alle gesund. Und da wir in mehreren Generation gemeinsam unter einem Dach wohnen, vereinsamen wir auch nicht. (lacht)

Zuvor gut gebuchten Künstlern und Musikern brechen derzeit sämtliche Aufträge weg. Viele müssen die Soforthilfen oder sogar Hartz IV in Anspruch nehmen, um noch irgendwie über die Runden zu kommen. Wie sieht es bei Dir aus?
Mir sind auch alle Aufträge und Auftritte weg gebrochen. Noch vor zwei Monaten war alles okay, ich war gut für das gesamte Jahr über gebucht - und dann hat es einen eiskalt erwischt. Nach und nach kamen die Absagen - bis letztlich alles abgesagt wurde. Dadurch sind mir Einhundert Prozent der Einnahmen weggefallen. Da überlegt man natürlich, was man jetzt macht, wie es weiter geht. Eine erste finanzielle Hilfe bekommen Musiker und Künstler in Höhe von 400 Euro pro Monat über das Landesverwaltungsamt in Halle. Das habe ich in Anspruch genommen. Von den höheren Soforthilfen bis 9000 Euro für drei Monate für Soloselbstständige profitiere ich nicht, denn durch diese Soforthilfen werden keine Einnahmeverluste ausgeglichen. Sie dienen dafür, laufende Kosten zu decken. Da ich keine Geschäftsräume gemietet habe, sondern in einem häuslichen Arbeitszimmer arbeite, das ich nicht anrechnen kann, schaue ich dabei in die Röhre.

Wann denkst Du, wirst du wieder auftreten können?
Anfangs waren wir alle recht entspannt - Brautpaare, Veranstalter, ich auch. Ich dachte, na gut, dann geht es halt nach Ostern wieder weiter. Dann habe ich auf den Mai gehofft. Aber heute bin ich fast aus allen Wolken gefallen, als ich die aktuelle Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt gelesen habe. Für mich als Sängerin fallen alle Hochzeiten bis zum 31. August weg. Erlaubt sind bei Trauungen nur das Brautpaar, die Eltern, Kinder, Geschwister und Trauzeugen. Niemand anders darf anwesend sein. Das bedeutet für mich, dass seit Beginn der Beschränkungen bis Ende August zirka 40 Auftritte allein bei Hochzeiten wegfallen. Dazu kommen noch Auftritte bei Firmenfeiern, Geburtstagen und anderen Events. Es wird also noch sehr lange dauern, bis ich wieder auftreten kann.

Hast Du Existenzängste?
Nein, Existenzängste habe ich nicht. Ich habe eine guten Mann an meiner Seite und eine tolle Familie. Wir halten alle zusammen und ich habe einen großen Rückhalt. Und eine Sache macht mich gerade besonders glücklich und ehrt mich unheimlich: Alle meine Hochzeitspaare verschieben ihre Trauungen in Absprache mit mir. Wirklich alle. Wenn ein Termin nicht möglich ist, schauen sie nach einem anderen, damit ich dabei sein kann. Sie sagen, sie haben sich bewusst für mich entschieden und ich soll sie auf ihre Hochzeit begleiten, egal wann sie stattfindet. Ich kriege gerade Gänsehaut, wenn ich nur daran denke. Es ist ein tolles Gefühl, zu merken, dass die Leute zu einem stehen. So bricht mir jetzt zwar eine Saison weg, aber ich weiß, dass es weiter geht.

Hast Du Kontakt zu anderen Künstlern? Wie sieht es bei denen aus?
Es gibt einige, die ziehen sich komplett zurück und nutzen die Zeit für sich, um ihre Fähigkeiten an Instrumenten zu verbessern oder an Songs zu arbeiten. Andere versuchen durch Konzerte über Facebook und Instagram, im Gespräch zu bleiben und den Leuten dadurch auch ein bisschen Freude zu bringen oder auch, um für Spenden aufzurufen.

Wie nutzt Du die erzwungene Auszeit?
Man sollte versuchen, auch in schwierigen Zeiten die guten Seiten zu sehen. Ich nutze die Auszeit für die Familie, das Häuschen und natürlich für die Musik. Beim Gitarre spielen bin ich zum Beispiel noch ziemlich am Anfang, aber ich bin dabei, besser zu werden. Ich gehe mein Programm durch, überarbeite es teilweise, suche neue Songs aus. Außerdem hatte ich schon lange Zeit den Wunsch, eigene Songs zu schreiben, habe immer mal wieder an Texten gearbeitet, diese aber nie groß sortiert und es zeitlich auch nicht geschafft, daraus wirklich etwas Eigenes zu machen. Jetzt mache ich aus der Not eine Tugend und arbeite tatsächlich an eigenen Songs. Zwei sind fertig, ein Deutscher und ein Italienischer.

Worum geht es in den Songs?
Im Song „Stillstand“ geht es darum, dass es Dinge gibt, die wir einfach nicht verstehen können, die einfach so über uns drüber rollen. Dass man sich nicht entmutigen lassen sollte - es gibt zu jeder schlechten Situation auch etwas Gutes. Gerade jetzt zum Beispiel finde ich es schön zu sehen, wie entschleunigt wir alle sind, wir Dinge wieder wertschätzen, die vorher selbstverständlich waren. Es geht darum, dass man nach vorne blicken sollte. Es gibt auch ein Leben nach Corona - sicherlich anders - aber vielleicht schön anders, wer weiß?

Wie ist „Stillstand“ entstanden?
Den Text habe ich zusammen mit meinem Mann Alex geschrieben, der mich auch immer wieder anstößt, an eigenem Material zu arbeiten. Zuerst war also der Text fertig, was eher ungewöhnlich ist, dann habe ich überlegt, wie ich ihn musikalisch umsetzen kann und in welche Richtung die Melodie gehen soll.

Und weil es gerade gut lief, hast Du direkt einen zweiten Song hinterher geschoben...
Ja, nach „Stillstand“ haben mich viele aus Italien über Facebook angeschrieben. Es wäre doch schön, wenn ich auch ein Lied auf Italienisch machen könnte. Auch Freunde und Bekannte von hier meinten, dass sie mich so gern Italienisch singen hören. Und so habe ich dann versucht, ein Pendant zu „Stillstand“ zu kreieren. Eins zu Eins wollte ich ihn nicht übersetzten, was auch schwierig ist. Und so ist „Speranza“ - Hoffnung - mit einem ähnlichen Inhalt entstanden, in dem ich auch ein kleines Dankeschön an die ganzen Helfer, die uns gerade zur Seite stehen, mit hinein genommen habe.

Kann man in Richtung eigener Songs noch mehr von Dir erwarten? Hast Du jetzt Blut geleckt?
Das kann man so sagen. (lacht) Ja, tatsächlich, es wird weitere eigene Songs geben. Was ich sagen kann, ist, dass es bunt wird. Ich werde verschiedene musikalische Richtungen wählen und auch Sprachen. Daraus soll ein Album entstehen. Mein Ziel ist, dass ich es bis zur Weihnachtszeit fertig habe.

Die Songs „Stillstand“ und „Speranza“ sind zu hören auf: eventsaengerin-francesca-donato.de