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Finanzen Städte müssen selbst entscheiden dürfen

Die Beseitigung des Ungleichsgewichts in der Finanzverteilung mahnen Genthins und andere Bürgermeister von Städten und Gemeinden an.

Von Andreas Mangiras 28.01.2017, 06:00

Genthin/Burg/Magdeburg l Die Beseitigung eines großen Ungleichgewichts in der Finanzverteilung auf Bund-, Länder und Gemeindeebene hat Genthins Bürgermeister Thomas Barz als Sprecher der Arbeitsgruppe Kommunalfinanzen 2020 im Finanzausschuss des Landtags angemahnt. Die Arbeitsgruppe besteht seit etwa einem Jahr. In ihr sind etwa 40 Gemeinden aus Sachsen-Anhalt vereint.

„Wir wollten in der Dreierkoalition den Hebel umlegen, und das haben wir getan“, erklärte Olaf Meister (B 90/Grüne), Vorsitzender des Finanzausschusses. „Der Bullerjahn-Kurs war völlig unrealistisch. Man kann die Kommunen nicht kaputtsparen.“

Meister verwies darauf, dass bereits im letzten Jahr 80 Millionen Euro mehr für die Kommunen bereitgestellt wurden. Mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz ab 2017 würden es jährlich 182 Millionen Euro mehr sein.

„Die letzten Jahre waren, was die Finanzen der Kommunen anbelangt, sehr schwierige Jahre“, betonte Barz. Die schwierige Lage in den Kommunen macht Barz auch für wachsene Politikverdrossenheit verantwortlich. „Was hilft es, wenn auf Bundesebene von sprudelnden Steuerein- nahmen gesprochen wird, aber ein Stadtrat beziehungsweise Gemeinderat am selben Tag die Nachricht diskutieren muss, ob er diese oder jene Einrichtung schließen muss oder die Elternbeiträge bzw. die Steuersätze angehoben werden sollten?“

Barz begrüßte, dass laut Gesetzentwurf für den Finanzausgleich (FAG) die Investitionspauschale erhöht werden soll. Zugleich hält er es für falsch, dass die Mittel zum Teil zweckgebunden in den Ministerien bleiben sollen, „aber nicht den Entscheidungsträgern vor Ort zur Lösung der dort wichtigen und anstehenden Aufgaben in die Hand gegeben wird. Was hilft es, auf dem Papier eine größere kommunale Finanzmasse zu haben, wenn den Entscheidungsträgern vor Ort die Entscheidung schon längst mit der zweckbezogenen Zuweisung der Masse abgenommen wurde“. Stadträte oder Bürgermeister seien „sehr wohl in der Lage, die wichtigsten kommunalen Probleme zu erkennen und anzugehen“, so Barz. Er mahnte zudem an, dass die Landeszuweisungen auch die Abschreibungen berücksichtigen müssten.

Barz spitzte im Ausschuss drastisch zu. „Es kann nicht angehen, dass man alle freiwilligen Aufgaben aufgeben muss, um das finanzielle Überleben zu sichern. Zu diesem Zeitpunkt benötigen Sie keine gewählten Mandatsträger mehr. Ausschließlich Pflichtaufgaben kann auch eine Verwaltung wahrnehmen.“

Barz trug Vorschläge aus der Gruppe für ein landeseigenes Investitionsprogramm vor. Die Mittel würden für neue Feuerwehrfahrzeuge oder die Sanierung von Gerätehäusern gebraucht. Zugleich gebe es Gemeinden, die fordern, dass die Mittel den Kommunen über die Investitionspauschale direkt zugewiesen werden sollten.

Barz forderte auch, im neuen FAG eine Höchstgrenze für die Kreisumlage festzuschreiben.

Neue Spielräume in den Haushalten würden zudem entstehen, wenn das Kinderförderungsgesetz (KiFöG) überarbeitet würde, so Barz. „Das KiFöG ist das beste Beispiel, dass man Millionen in ein System gibt, aber niemand zufrieden ist. Eine den Ansprüchen der Eltern gerecht werdende, angemessene und qualitativ hochwertige Betreuung, die nicht in jedem Fall acht bzw. zehn Stunden betragen muss, würde im Landeshaushalt und im Haushalt aller Kommunen erhebliche Finanzen freisetzen.“

Meister kann die Position der Kommunen nachvollziehen, dass sie die Landesmittel selbst in die Hand bekommen. „Wir wollen da schlauer sein, als die Kommunen. Ich finde das unglücklich. Aber es ist so im Gesetz geblieben.“

Auch eine Obergrenze für die Kreisumlage findet sich nicht im Gesetz. Es sei schon erstaunlich, wie groß die Spannen bei den Kreisumlagen im Land seien. Letztlich ginge es auch um kommunale Selbstverwaltung. Hier müsse entschieden werden, welche Aufgaben erledigt würden.

Dass die Kommunen mehr Geld bekommen, begrüßt Barz. Alle Forderungen der Arbeitsgruppe sind im neuen FAG nicht berücksichtigt. Allertage Abend ist noch nicht. Inzwischen ist auch Finanzminister André Schröder (CDU) aufmerksam geworden. Das spricht für das Gewicht der Bürgermeisterrunde. Schröder erwägt nach Barz Aussagen, an einem der nächsten Treffen der Arbeitsgruppe teilzunehmen.