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Finzelberg-Prozess Kreispolitiker müssen aussagen

Nächste Runde im Finzelberg-Prozess: Jetzt sollen Kreistagsmitglieder aus Burg und Genthin als Zeugen gehört werden.

Von Andreas Mangiras 11.05.2017, 20:11

Magdeburg/Burg/Genthin l Ein Hochsitz oder Baumhaus, ein Vorsitzender Richter, der weiter den Prozess leitet, und sechs Kreistagsmitglieder, die als Zeugen geladen wurden, darum ging es am Donnerstag im Korruptionsprozess zum Müllskandal im Jerichower Land.

Ein Foto aus dem März 2005 kann wohl nicht belegen, ob es zu diesem Zeitpunkt nahe am Wohnhaus des unter Anklage stehenden damaligen Landrates Lothar Finzelberg (parteilos) eine Art Hochsitz oder Baumhaus gegeben hat. So lässt sich zusammenfassen, was ein Sachverständiger des Berliner Landeskriminalamtes gestern in der Zeugenbefragung vorgetragen hat. Als Gutachter hatte er damalige Fotos untersucht. Um sich einen Eindruck zu verschaffen, hatte er vor wenigen Tagen die Gegebenheiten in Hüttermühle besichtigt.

Der Holzbau ist wichtig im Prozess, weil eine Aussage des umstrittenen Kronzeugen Uwe S. genau auf die Existenz eines solchen Baus abzielt.

Hier will der Zeuge 2005 und 2006 mehrere zehntausend Euro an Finzelberg übergeben haben. Auf einer Karte soll Uwe S. in einer Vernehmung den genauen Standort der überdachten erhöhten Holzkonstruktion gezeigt haben können.

Fakt ist: Vor Ort gibt es eine solche Konstruktion. Der Gutachter konnte zum Alter des Baus keine genauen Angaben. Es bleibt aber abzuwarten, ob und wie das Gutachten in die Urteilsfindung eingehen wird.

Im Korruptionsprozess zum Müllskandal im Jerichower Land ist Finzelberg wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung angeklagt. Er soll Geld und andere Vorteile im Wert von 250 000 Euro von Unternehmern angenommen haben.

Als unbegründet zurückgewiesen hat das Landgericht einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter der 4. Wirtschaftsstrafkammer, Gerhard Köneke. Finzelbergs Verteidiger hatten erklärt, dass Köneke dem Verfahren „nicht unvoreingenommen“ gegenübersteht.

Finzelberg nutzte den Tag gestern zu einer umfangreichen Erklärung. Zum einen rückte er nicht von seiner Position ab, dass die Kammer voreingenommen sei.

Außerdem warf er Staatsanwaltschaft und Polizei vor, dass sie nie zugeben würden, „dass sie mich seit sieben Jahren lediglich aus Staatsräson verfolgen“. Finzelberg sieht sich als Bauernopfer im Müllskandal und den damaligen Wirtschaftsminister und heutigen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) in der eigentlichen Verantwortung. Bestechungsvorwürfe hatte Finzelberg stets zurückgewiesen.

Anfang April war das Gericht entgegen allen Erwartungen wieder in die Beweisaufnahme eingetreten – das Urteil wurde verschoben. Köneke hatte das Landeskriminalamt gebeten, erneut Bild- und Videomaterial zu sichten.

Die Verteidigung hatte vermutet, dass dies nicht von Köneke, sondern im Verborgenen von der Staatsanwaltschaft angeschoben worden war. Oberstaatsanwältin Brigitte Strullmeier hatte diesen Vorwurf zurückgewiesen.

Das Gericht folgte am 57. Verhandlungstag bei einem anderen Ansinnen der Verteidigung. Sechs Kreistagsmitglieder sollen nun in den Zeugenstand gerufen. Sie sollen rede und Antwort stehen, ob die Staatsanwaltschaft Druck auf den Kreistag ausgeübt hat, um Finzelberg vom Amt zu suspendieren.

Finzelberg war in seiner zweiten Amtszeit zweimal suspendiert worden. Zunächst auf Betreiben des Landesverwaltungsamtes vom 24. Juni bis 5. August 2010 und dann durch den Kreistag vom 5. März bis zum 5. Mai 2014, also bis 14 Tage vor der Landratswahl.

Jeweils seien die Suspendierungen von Gerichten wieder aufgehoben worden, betonte Finzelberg gestern.

Bei den Wahlen am 20. Mai 2014 verlor er dann sein Amt an Steffen Burchhardt (SPD)

Der Prozess soll am 18. Mai fortgesetzt werden.