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Gerichtsurteil Schulleiter betont seine Unschuld

Der Leiter einer Sekundarschule erhielt Freispruch in sieben Anklagepunkten im Prozess um sexuelle Belästigung in Burg.

Von Thomas Pusch 15.12.2020, 00:01

Burg l Nach sechs Verhandlungstagen ist am Montag der Prozess wegen sexueller Belästigung gegen den Leiter einer Sekundarschule im Jerichower Land vor dem Burger Amtsgericht zu Ende gegangen. Er wurde in einem Anklagepunkt zu einer Geldstrafe in Höhe von 8400 Euro, aufgeteilt in 60 Tagessätze à 140 Euro, verurteilt. In allen anderen Anklagepunkten bekam er einen Freispruch.

Damit spiegelt das Urteil auch den Verlauf des Prozesses wider. Dem Schulleiter wurde vorgeworfen, in der Zeit zwischen Februar 2016 und April 2018 in acht Fällen fünf Schülerinnen sexuell belästigt, ihnen an den Po gefasst zu haben. Im Laufe des Prozesses gab es aber seit dem 9. November mehrere Wendungen, mit denen nicht zu rechnen gewesen war.

So überraschte die Verteidigung am vierten Verhandlungstag damit, dass ein Teil der Taten zu dem Zeitpunkt, an dem sie stattgefunden haben sollen, noch gar nicht strafbar waren. Der Paragraph, der die sexuelle Belästigung unter Strafe stellt, ist erst im November 2016 in Kraft getreten. Durch das sogenannte Rückwirkungsverbot dürfen Taten, die davor geschehen sind, nicht geahndet werden.

Am vorletzten Verhandlungstag war es wiederum der Verteidiger, der – wie er es nannte – eine „Bombe platzen ließ“. Eine der Zeuginnen, die vom Schulleiter an den Po gefasst worden sein soll, hatte ausgesagt, vor ihrem Gerichtstermin Drohmails erhalten zu haben. „Pass auf, was du vor Gericht sagst, sonst wird es böse enden“, sei eine davon gewesen. Die Überprüfung bei der betreffenden Internetplattform habe dann ergeben, dass sich die Zeugin diese Nachricht selbst geschickt hatte.

Die Glaubwürdigkeit – sie war neben der Rechtslage ein wichtiger Faktor während des Prozesses und offenbar auch bei der Urteilsfindung. Lediglich in einem der acht Fälle sah es das Gericht zweifelsfrei als erwiesen an, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat begangen hat. Eine Schülerin hatte ausgesagt, im Mai 2017, als sie den Schulleiter nach der Raumnummer der folgenden Prüfungskonsultation gefragt habe, von ihm zweimal in den Po gekniffen worden zu sein.

Danach hatten zwei Mitschüler den Schulleiter aufsuchen wollen, letztlich dann aber gegenüber dem stellvertretenden Schulleiter den Vorwurf geäußert. „Die Aussage ist glaubhaft und es gibt auch keine Verbindung zu den übrigen Fällen“, sagte Richter Matthias Baumann.

Bei den übrigen sieben Fällen gebe es aber sowohl rechtliche als auch tatsächliche Gründe, warum das Verfahren mit einem Freispruch endete. So sei es fragwürdig, ob es tatsächlich vorgekommen sein kann, dass der Angeklagte, während sich die Schülerinnen warm liefen, einer an den Po gefasst haben mag. Er hätte selbst mitlaufen müssen, sich in der Halle außerdem einem hohen Entdeckungsrisiko ausgesetzt. Im Schulgebäude und in seinem Büro soll der Schulleiter die damalige Schülerin angegrabscht haben, die Drohmails bekommen haben will. Das Gericht sah die Glaubwürdigkeit beschädigt. In zwei Fällen gab es den Freispruch nicht nur wegen der Rechtslage, sondern auch, weil das Gericht davon ausging, dass es sich tatsächlich um Hilfestellungen beim Sport gehandelt habe, die nicht aus sexueller Motivation erfolgt seien, sondern um Verletzungen zu verhindern. Es mag aber durchaus sein, dass die Berührung im Eindruck der Schülerinnen darüber hinaus gegangen sein mag.

Sexuelle Belästigung kann mit einer Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden. Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht die nur geringe Dauer und Intensität der Berührung, zu seinen Ungunsten, dass sie im geschützten Raum Schule stattgefunden hatte.

In den letzten Worten nach den unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehaltenen Plädoyers hatte der Schulleiter betont, keine der ihm vorgeworfenen Taten begangen zu haben, unschuldig zu sein. In seiner gesamten Berufslaufbahn sei es auch noch nie zu Vorwürfen irgendwelcher Art gekommen. Er sei fassungslos darüber, wie leicht der Ruf eines Menschen beschädigt und dauerhaft zerstört werden kann.

„Mein Mandant ist erschüttert“, sagte dessen Verteidiger Ronni Krug. Zwar gelte er mit dem Maß von 60 Tagessätzen nicht als vorbestraft, das sei erst ab 90 Tagessätzen so. Doch das sei nicht das Ziel gewesen, was er vor Gericht erreichen wollte. Natürlich wolle er einen kompletten Freispruch erreichen. Nun werde man das Urteil zunächst einmal erörtern, „ich gehe aber davon aus, dass wir in Berufung gehen“, kündigte er an.