Handel Der Eiermann geht

Eine Institution des Burger Wochenmarktes hört nach elf Jahren auf: der Eiermann aus Brettin.

Von Andreas Mangiras 02.07.2018, 01:01

Burg/Brettin l "Kontrollen müssen sein. Es muss alles seine Ordnung haben", sagt Rainer Gödicke. Seit über elf Jahren hat der Brettiner auf dem Burger Wochenmarkt pro Handelstag im Schnitt um die 1000 frische gelegte Eier verkauft. Er hört jetzt auf. Er ist oft kontrolliert worden. "Wo ich Fehler gemacht habe, habe ich es korrigiert."
Doch dann kam der Oktober 2014. Was ihm da auf dem Wochenmarkt widerfuhr, hat den Mittsiebziger in seinen Grundfesten erschüttert. Er spricht von Lüge, Betrug, Urkundenfälschung, Diebstahl. Denkt er daran zurück, ist er noch heute nicht zu beruhigen.
"Dass vor aller Leute Augen auch noch die Polizei meinetwegen gerufen wurde, als wäre ich ein Verbrecher, das hat mich tief in meiner Würde verletzt", sagt Gödicke. Er schimpft auf Kreisbehörde und Landrat. Er will eine Aussprache und eine Entschuldigung. Er bekommt sie nicht. Als er sich rechtlichen Beistand nimmt, wären über die amtliche Bearbeitung seiner Einwände aber die Fristen verfallen. Er fühlt sich wie ein Mann im Recht, der kein Recht bekommt.
Die Kreisverwaltung weist Gödickes Vorwürfe zurück. Sie teilt auf Anfrage mit, dass es am 7. Oktober 2014 eine "Kontrolle aufgrund der Verwendung von gebrauchten Eierverpackungen und fehlender Kennzeichnung der Eier (ohne Erzeugercode)" gab. "Herr Gödicke hat gegen seine Mitwirkungs- und Duldungspflicht verstoßen, indem er am 17. Oktober 2014 auf dem Wochenmarkt in Burg gegenüber dem amtlichen Lebensmittelkontrolleur eine Probenentnahme von 20 Eiern verweigerte". Die Proben hätte der Kontrolleur erst bekommen, als er Polizei hinzugezogen hätte.
Das bringt Gödicke geradezu auf die Palme. "Ich hätte gar nicht kontrolliert werden dürfen. Es war vor der Markt-eröffnung. Das kann ich belegen. Im Protokoll wurde eine falsche Zeit eingetragen, vom Kontrolleur. Außerdem waren die Eier nicht für den Verkauf auf dem Markt bestimmt. Man hat sie mir also gestohlen." Gödicke ist immer noch zornig. Es muss lautstark an diesem Tag zugegangen sein.
Die Kontrollinstanz kommt im Fachlichen zu einem anderem Schluss: "Laut dem Untersuchungsergebnis des Landesamtes für Verbraucherschutz wurde die Probe beanstandet, da die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Kennzeichnung und Verpackung von Eiern nicht eingehalten wurden", teilte Kreissprecherin Claudia Hopf-Koßmann mit.
Gödicke bleibt bei seiner Sicht. Die Behörde wirft ihm defacto Widerborstigkeit vor, nennt es , er habe "gegen seine Mitwirkungs- und Duldungspflichten verstoßen".
Auf Basis der Kontrollergebnisse werden Gödicke "Auflagen erteilt, rechtliche Vorgaben umzusetzen und einzuhalten, die bei der Vermarktung von Eiern zu beachten sind", schreibt die Kreisverwaltung.
Wenig später kommt der bisher zuständige Lebensmittekontrolleur, für Gödicke ein rotes Tuch, nicht mehr. Die Kreissprecherin nennt es "turnus- und routinemäßiger Wechsel der territorialen Arbeitsbereiche der Lebensmittelkontrolleure innerhalb des Landkreises". Diese routinemäßige Rotation sei "lediglich geringfügig zeitlich vorgezogen, um die von Herrn Gödicke betriebene personenbezogene Konfrontation mit dem bis dahin zuständigen Kontrolleur zu entschärfen".
"Sie hören auf? Das ist schade", sagt eine Stammkundin. "Wir waren immer zufrieden. Woher soll ich denn jetzt meine frischen Eier bekommen?"
Rainer Gödicke zuckt mit den Schultern. In seinen Augen glänzt Feuchtigkeit. Die Worte tun ihm gut. "Von mir nicht mehr, gute Frau. Machen Sie es gut." Letzte Worte eines in seiner Ehre Gekränkten. Er hat lange gekämpft. Jetzt will er nicht mehr.