1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Auftakt für eine überfällige Recherche

Historie Auftakt für eine überfällige Recherche

Ein Gedenkbuch für NS-Opfer im Gebiet des jetzigen Jerichower Landes beabsichtigt Reimund Schulze aus Thüringen zu erarbeiten.

Von Simone Pötschke 09.05.2017, 11:00

Burg/Genthin l Hobbyhistoriker Reimund Schulze (63) hat sich eine ehrgeizige Aufgabe gestellt, die vom Kultur- und Heimatverein Magdeburg mitgetragen wird. Sein Ziel ist es, eine Dokumentation sämtlicher regionalgeschichtlicher Denkmäler für die Opfer des Nationalsozialismus, die es im Jerichower Land gibt, zusammenzustellen.

Bei dem kürzlich in Genthin stattgefundenen Ortschronistentreffen erhielt der Autor nach dem Hauptreferat die Möglichkeit, sein Vorhaben vorzustellen und um Unterstützung bei den „Hobbyhistorikern vor Ort“ zu werben. Er benötige ihre Hilfe, weil er zum Jerichower Land über keine engeren Beziehungen verfüge, räumte er beim Ortschronistentreffen ein.

Ganz im Gegensatz zu seinem Erstling, einem Gedenkbuch, das den NS-Opfern im Gebiet des heutigen Bördekreises – der Heimat des jetzt in Mühlhausen lebenden Autors – gewidmet ist.

Reimund Schulze hat zwölf Jahre daran gearbeitet und die Dokumentation, ein 859 Seiten umfassendes Buch, im vergangenen Jahr fertiggestellt. „Mit meiner Arbeit will ich versuchen, die Erinnerung an das dunkle Kapitel der deutschen Geschichte wachzuhalten“, sagte Reimund Schulze beim Ortschronistentreffen in Genthin. Er wolle mit der Dokumentation ein Zeichen gegen das Vergessen setzen. Er stelle immer wieder fest, wie erschreckend wenig viele Menschen heutzutage über die NS-Zeit wüssten.

Für Reimund Schulze stellt die Beschäftigung mit der regionalen NS-Geschichte auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte dar. Als Kind habe er nicht gewusst, dass sein Vater nach dem Verbot der KPD in eine illegale Ortsgruppe eingetreten war. Später sei sein Vater für seine Aktivitäten in die Konzentrationslager Lichtenburg und Sachsenhausen deportiert worden, habe dort aber trotz schwerer Erkrankung überlebt.

Reimund Schulze machte auf dem Ortschronistentreffen klar, dass er das Spektrum der NS-Opfer in dem Gedenkbuch so breit wie möglich darstellen wird.

Teil der Dokumentation sollen so unter anderem Gedenkstätten in den Orten, Friedhöfe von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, Stätten der Euthanasie, Konzentrations- und Speziallager, Todesmärsche, Holocaustopfer, Opfer der Bevölkerung, aber auch der Wehrmacht sein.

Die Leiterin des Kreismuseums Jerichower Land Antonia Beran unterstützt das Vorhaben Reimund Schulzes mit großem Nachdruck. Es sei blamabel, dass auch nach Jahrzehnten keine vergleichbare Arbeit vorliege. Zu DDR-Zeiten wurden zwar vom Kreismuseum Broschüren zu den Opfern der NS-Zeit im Jerichower Land herausgegeben, diese erheben aber weder den Anspruch auf Vollständigkeit noch den einer wissenschaftlichen Recherche.

Das Kreismuseum wird für die Recherchen Schulzes als eine Schnittstelle agieren. Es ist der Ort für Informationen und Nachfragen.

Es müsse auch bedacht werden, dass nicht jeder Ort über einen Ortschronisten verfüge, trotzdem müssten alle Quellen, darunter auch Zeitzeugen, erschlossen werden, unterstrich die Museumsleiterin.

Das fertiggestellte Gedenkbuch für den Börderkreis bildet die methodische Vorlage und ist im Internet unter „Reimund Schulze“ zu finden. Der direkte Link lautet: http://f5919.nexusboard.de/1049f62-Gedenkbuch-fuer-dieNS-Opfer- imLandkreis-Boerde-Reimund-Schulze.html