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Industriekultur Wasser nein, Fernglas ja

Die historische Telegrafenlinie zwischen Berlin und Koblenz galt als technische Meisterleistung. Station 12 stand in Schermen.

Von Christian Luckau 03.05.2019, 05:00

Schermen l Welche ingenieurtechnische Meisterleistung sich hinter einem Telegrafennetz verbirgt, das sich über 550 Kilometer von Berlin nach Koblenz erstreckt und 61 Stationen beinhaltet, dass kann nur verstehen, wer sich mit der Geschichte der optischen Telegrafie in Preußen befasst. Eine Gelegenheit dazu gab es zum Tag der Industriekultur auf dem Kapaunenberg bei Schermen. Hier stand Reinhard Ritter, Mitglied des Vereins Optische Telegrafie in Preußen, Rede und Antwort und hatte über das technische hinaus noch einiges mehr zu berichten, das im Zusammenhang mit dem Betrieb der Telegrafenlinie stand.

So erzählte Ritter von den Lebensumständen, die in den jeweiligen Stationen vorherrschten und wie es sich als preußischer Militärangehöriger und Telegrafist mit Familie dort leben ließ.

„Kein Wasser, kein Strom, keine sanitären Anlagen. Da war die Kindersterblichkeit natürlich noch höher, als sie zum damaligen Zeitpunkt ohnehin schon war“, berichtete er.

Kein leichtes Leben bescheinigte Ritter auch jenen preußischen Militärs, die entlang der Telegrafenlinie in Gebieten eingesetzt waren, die nicht zum Königreich Preußen oder zum preußischen Hegemonialbereich gehörten.

Und dann war da noch die Tatsache, dass die optische Telegrafie einen echten Feind hatte. Das Wetter! Große Hitze erzeugte Flimmern, starker Regen, Nebel oder die Nächte machten eine Nachrichtenübermittlung gänzlich unmöglich. Hinzu kamen der konsumierte Alkohol auf den Stationen und die weitere technische Entwicklung. So war die optische Telegrafie, die bereits 1792 in Frankreich getestet und 1832 in Preußen eingeführt wurde, schon im Jahr 1849 wieder verschwunden. Die Stationen wurden zumeist geschliffen. Bis dahin hatten fünf preußische Militärs in der Station Nummer 12 auf dem Kapaunenberg bei Schermen gedient. Ihre Namen hat Ritter zusammengetragen.

Geblieben sind ihre und die Leistungen der damaligen Erbauer, die die Geländegegebenheiten stets erkennen mussten, um eine freie Sicht von Station zu Station zu ermöglichen. Immerhin rund zehn Kilometer standen die Stationen im Durchschnitt auseinander. Sich hier für den richtigen Berg oder Ort zu entscheiden, war also Grundvoraussetzung für das Funktionieren der opitischen Telegrafie.

Auf dem Kapaunenberg wurde deshalb der etwas kleineren Spitze mit 102 Metern der Höheren mit 105 Meter der Vorzug gegeben. Von der Station auf dem Kapaunenberg ist heute eine Ausflugspavillon geblieben, in dem die Geschichte der Station Nummer 12 und der optischen Telegrafie erklärt wird. Geblieben sind zudem der trigonometrische Punkt des Signalmastes, Bilder einer späteren Nutzung und Geschichten über jene Zeit, in der Signale die Reiter ablösten.