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Integration Nguyen lebt beruflichen Traum

Hai Na Nguyen unterstützt ausländische Azubis in Burg und Umgebung als Integrationsbegleiter. Doch wie genau sieht seine Arbeit aus?

Von Nicole Grandt 21.06.2020, 01:01

Burg l Im DRK-Seniorenzentrum in Burg arbeiten seit einigen Wochen fünf Auszubildende aus Vietnam. Fünf weitere sollen in Kürze folgen. Doch in einem fremden Land zu leben und zu arbeiten, kann eine enorme Herausforderung sein. Um unter anderem die Azubis in Burg zu unterstützen, beschäftigen die WBS-Berufsfachschulen einen Integrationsbegleiter. Hai Na Nguyen berichtet, was er in seinem außergewöhnlichen Job für Aufgaben zu meistern hat und wie er es schafft, ständig kleine Brücken zwischen den Kulturen zu überwinden.

Als die fünf Auszubildenden aus Vietnam vor einigen Wochen ihre Verträge in Burg unterschrieben, stand ihren Hai Na Nguyen zur Seite, um bei eventuellen Sprachproblemen zu helfen oder sie bei anderen Problemen zu unterstützen. „Mein wichtigstes Werkzeug ist das Vertrauen“, erklärt er. Warum dies so wichtig ist, hat er in den vergangenen Jahren gelernt, denn bis er seine heutige Position bei der WBS antreten konnte, hatte der Integrationsbegleiter einen abenteuerlichen Werdegang.

Wie die Burger Azubis kommt Nguyen aus Vietnam und hat eine Ausbildung zum Altenpfleger gemacht. Er weiß also ganz genau, welche Schwierigkeiten auf die Berufsanfänger zukommen können. „Ich habe wirklich gekämpft, bis ich beruflich da angekommen bin, wo ich jetzt stehe“, erklärt er.

Obwohl er gern als Altenpfleger arbeitete, merkte er jedoch, dass es seine wahre Leidenschaft ist, andere Menschen auf ihrem beruflichen Weg zu begleiten und sie zu unterstützen. Also versuchte er einen beruflichen Wechsel und bewarb sich bei mehreren Institutionen als Integrationsbegleiter. „In einer Berufsschule waren sie sich nicht bewusst, wie wichtig eine solche Ansprechperson ist. Ich habe mich dort zwar vorgestellt, hatte aber das Gefühl, dass die Dringlichkeit nicht erkannt wurde, obwohl dort einige ausländische Azubis waren. Und nach einigen Wochen bekam ich dann einen Anruf, dass viele dieser Azubis ihre Ausbildung abgebrochen hätten und heimgereist waren“, erinnert er sich. Die Schulleitung wollte wissen, was falsch gelaufen wäre und konnte sich doch eine Zusammenarbeit vorstellen. Zu der Zeit hatte Ngyuen allerdings schon eine Zusammenarbeit mit der WBS ins Auge gefasst. „Auch da hat es ein bisschen gedauert, bis wir zusammengefunden hatten, und ich hatte eigentlich schon mit einer Absage gerechnet.“ Jedoch wurde ihm ein Angebot für die Betreuung der Azubis rund um Magdeburg und im Jerichower Land gemacht. „Ich habe erst überlegt, da ich in Halle wohne, aber letztendlich habe ich doch zugesagt.“ Inzwischen betreut er in der Region rund 60 Auszubildende aus unterschiedlichen Ländern. Demnächst könnten es über 80 werden.

Seine Entscheidung hat der Integrationsbegleiter keinesfalls bereut. Er übt seinen Beruf mit Leidenschaft aus und da er selbst schon mehrere Jahre in Deutschland lebt und sich sowohl mit der hiesigen Kultur als auch mit der seines Heimatlandes auskennt, kann er gut zwischen den Azubis und den neuen Kollegen vermitteln. „Hier treffen eben Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen und mit sehr verschiedener Erziehung aufeinander.“ 99 Prozent der Sorgen der Azubis sind auf Verständnisprobleme zurückzuführen. Sie würden zwar Deutsch lernen, aber gerade am Anfang in einer fremden Umgebung mit unbekannten Menschen und noch recht eingeschränkten Deutschkenntnissen sind die Auszubildenden manchmal überfordert. Hier steht ihnen Nguyen zur Seite.

„Die jungen Leute müssen erst einmal sehr viel verarbeiten und ich helfe ihnen dabei, nicht den Mut zu verlieren.“ Die deutsche Kultur schätzt er als etwas „härter“ ein als die vietnamesische, in der die Menschen vor allem auf Harmonie bedacht sind. „Die Azubis haben plötzlich Stress, Druck und Verantwortung und dann ist da niemand, mit dem sie nach der Arbeit zu Hause darüber reden können.“ Oft habe er die Erfahrung gemacht, dass es den Azubis schon deutlich besser geht, wenn er ihnen nur eine Weile zugehört hat. Manchmal reicht das aber nicht aus. „Einmal hatte eine Auszubildende Konflikte mit einer älteren, erfahrenen Kollegin, die zunächst sehr abwehrend darauf reagiert hat, als wir das klären wollten. Erst als ich zwischen den beiden vermitteln konnte, dass einige ihrer Reibungspunkte einfach auf in ihren Kulturen üblichen Verhaltensweisen basierten, konnten wir den Konflikt lösen, und seitdem können die beiden viel besser miteinander umgehen“, erklärt er. Das Mädchen hatte sich nicht getraut, sich gegen die erfahrenere Kollegin durchzusetzen und diese hatte oft laut und ungehalten auf Fehler reagiert. „Dass sie sich gegenseitig zugehört hatten, war die Basis für ein Vertrauensverhältnis.“ Das Arbeitsklima sei entscheidend, gibt er den Azubis mit auf den Weg. „Natürlich ist es wichtig, Geld zu verdienen, aber viel wichtiger ist es, jeden Tag gern zur Arbeit zu gehen.“

Es sei auch wichtig, abzuklären, warum die Azubis ihre Ausbildung hier absolvieren wollen. „Möchten sie das wirklich von sich aus oder steckt etwas anderes dahinter, vielleicht Schulden“, gibt er zu bedenken. Dann sei es seine Aufgabe, die jungen Leute aufzufangen und mit ihnen eine Perspektive zu erarbeiten, wie es weitergehen kann. „Wir wollen ja, dass sie gern und voll motiviert ihre Ausbildung machen und idealerweise hier auch eine neue Heimat finden.“ Je länger die Azubis in Deutschland sind, desto weniger müsste er ihnen letztendlich helfen. „Irgendwann wollen sie alle ihre Aufgaben und Probleme selber lösen und das schaffen sie auch. Dann bin ich nur noch im Hintergrund dabei, sozusagen als Absicherung.“

Er hätte auch oft bemerkt, dass die Azubis zu Beginn ihrer Tätigkeit sehr schüchtern und zurückhaltend waren, aber mit der Zeit an ihren Aufgaben gewachsen seien und sich auch besser durchsetzen konnten.

Besonders stolz sei er, wenn er dann miterleben kann, wenn die von ihm betreuten Azubis ihre Ausbildung abschließen. „Das ist ein so schönes Gefühl. Ich habe wirklich Tränen in den Augen, wenn ich sehe, dass sie die Ausbildung geschafft haben und nun richtig durchstarten können“, freut er sich. „Diese Tätigkeit macht mich richtig glücklich und es ist genau das, was ich machen möchte. Es ist schön, jemandem dabei zu helfen, Träume zu verwirklichen.“