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Jerichower Land So steht es um die Bildung

Wie steht es um die Bildung im Jerichower Land? Wo herrschen gute Bedingungen, wo muss dringend gehandelt werden?

Von Falk Heidel 02.09.2016, 01:01

Burg/Genthin/Möckern l Ja, es gibt auch Beispiele für gelungene Schulsanierungen im Landkreis. Die Sekundarschulen Clausewitz (Burg), Am Baumschulenweg (Genthin) oder in Möser gehören dazu. Am Burger Gymnasium tut sich derzeit etwas, unter anderem an der Schulhofsanierung.

Doch es gibt ebensoviele Beispiele für Bildungsstätten, die vom Niveau des dritten Jahrtausends so weit entfernt sind wie ein Dauerregen von der Wüste. Dazu gehört das Gymnasium Genthin ebenso wie die Diesterweg-Sekundarschule in Burg, um nur zwei Beispiele zu nennen.

„Schnelle beziehungsweise leistungsfähige Internet-Datenleitungen“, so beschreibt der Landkreis das Ziel für die Schulen im Jerichower Land. Derzeit ist das Internet dort langsam bis nicht vorhanden. Doch zumindest in der Kreisstadt Burg tut sich etwas. Die Berufsschule an der Magdeburger Straße hat seit einigen Wochen eine große Richtfunkantenne, die das Gebäude mit dem weltweiten Netz verbindet. „Jetzt sollen nach und nach die Burger Schulen ebenfalls mit schnellen Datenleitungen versorgt werden“, erklärt Landkreis-Amtsleiter Henry Liebe.

Im Bezug auf die Geschwindigkeit spricht er im Bildungsausschuss des Kreistages von 100 Mbits pro Sekunde. Allerdings nicht davon, wann die anderen Schulen an der Reihe sind: „So schnell wie möglich.“ Die anderen Schulen (Sekundar und Förder) sollen ebenfalls Richtfunkantennen bekommen, damit sie von der Berufsschule aus versorgt werden können. Betreiber ist Liebe zufolge ein Verein aus der Börde: „Die Schulen werden dann Vereinsmitglieder und zahlen lediglich 50 Euro Beitrag im Monat.“ Und. „Es wird für einen kommerziellen Anbieter schwer, diese Konditionen zu unterbieten.“ Kein Konzept hat der Landkreis indes für die Schulen auf dem Lande: Henry Liebe: „Da arbeiten wir noch an Lösungen.“

Tische, Schränke, Tafeln, Computertechnik oder Software: Die Ausstattung an den Schulen in Trägerschaft des Landkreises ist (positiv formuliert) uneinheitlich. Oder wie Amtsleiter Liebe sagt: „Es gibt einen großen Flickenteppich.“ Er sagt auch: „Wir haben gute Fachkabinette und schlechte Fachkabinette an unseren Schulen. Unser Ziel ist es, die Schulen so auszustatten, dass die Schüler tatsächlich fürs Leben lernen.“

Die Antwort, wie das funktionieren könnte, lieferte er gleich mit. Vollziehen soll diese Ausstattung eine Gemeinschaft namens Kitu. Das Kürzel steht für Kommunale IT-Union und bezeichnet einen Zusammenschluss aus knapp 40 Kommunen in Sachsen-Anhalt. Die Kitu soll jetzt die größten Lücken in der Ausstattung an den Schulen auffüllen. Sie soll Computertechnik und Software anschaffen und auch die Betreuung vor Ort in den Kabinetten übernehmen. Henry Liebe zufolge kann die Kitu sechs Schulen pro Jahr einbinden: „Derzeit läuft an der Burger Diesterwegschule ein sehr erfolgreiches Pilotprojekt.“ Aus dem Haushalt sollen für solche Anschaffungen 35 000 Euro für Gymnasien, 15 000 für Sekundarschulen und 10 000 Euro für Förderschulen fließen. „Durch die Mitgliedschaft in der Kitu ist der Landkreis in der Lage, mit überschaubaren Mitteln die Computer-Kabinette zu modernisieren.“

Wie schaffen junge Menschen die Sprünge von der Schule in die Ausbildung und dann in den Beruf? „Da läuft nicht jede Karriere nach Plan“, meint Landkreis-Sachgebietsleiter Steffen Voigt. Er sagt: „Viele Ausbildungsplätze sind nicht besetzt, weil die Berufs-orientierung oft mangelhaft ist.“ In Zahlen: Im Landkreis gibt es 2016 insgesamt 435 Lehrstellen-Bewerber. Zur Verfügung stehen 500 Ausbildungsplätze. Also ideale Voraussetzungen für Schulabgänger. Voigt: „Trotzdem bleiben aktuell 115 Bewerber ohne Ausbildungsplatz. Und 216 Lehrstellen bleiben unbesetzt.“ Und er nannte noch ein weiteres Problem: „Bundesweit wird jeder vierte Ausbildungsvertrag vorzeitig aufgelöst.“

Die Lösung aller Probleme hatte Voigt auch schon parat: Fast wie in einem Verkaufs-Meeting präsentierte er dem Bildungsausschuss ein Förderprogramm namens Rumsa. Die Bezeichnung steht für Regionales Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt. Dahinter verbirgt sich ein Förderprogramm für sechs Jahre. Für 260 000 Euro jährlich würden zwei Mitarbeiter beschäftigt, die sich um junge Menschen zwischen Schule, Lehre und Beruf kümmern. Der Landkreis müsste jährlich 20 000 Euro Eigenmittel aufbringen. Voigt: „Andere Landkreise arbeiten bereits mit drei Mitarbeitern.“ Keinen Applaus bekam Voigt vom Ausschuss-Vorsitzenden Hartmut Dehne (CDU): „Nachteil der meisten Förderprogramme dieser Art ist die Tatsache, dass sie weder langlebig noch nachhaltig sind.“

Nicht ganz unproblematisch ist der Alltag derzeit an der Sekundarschule in Parey. Schuld daran ist ein großer Teil an Integrations-Schülern, die in der Mehrzahl aus Rumänien stammen. Das Problem: „Viele Schüler akzeptieren unsere Kultur und unsere Werte nicht. Zudem ist den meisten von ihnen unsere Sprache unbekannt“, sagt Schulleiterin Anita Krüger.

Zusammen mit Stellvertreter Ingo Koch zeigte sie dem Bildungsausschuss ihre Schule, in der 287 Schüler unterrichtet werden - 34 aus Rumänen sind bis auf einige Ausnahmen in zwei Integrationsklassen aufgeteilt. Aber nur bis Jahresende, danach sollen diese Kinder in den normalen Unterricht integriert werden. Krüger: „Im Moment wissen wir noch nicht, wie wir das meistern sollen.“ 20 Stammkräfte unterrichten in Parey. Hinzu kommen drei Lehrer, die nur einige Stunden in Parey sind und aktuell noch zwei Integrationslehrer.

Doch die Zusammensetzung der Klassen ist nicht das einzige Problem an dieser Schule. Während einige Bereiche bestens saniert sind, hapert es an einigen Stellen gewaltig. Anita Krüger nennt zuerst die Toiletten, die einen muffigen DDR-Charme versprühen. Gleiches gilt für den Anbau mit Aula und Lehrerzimmer sowie vor allem für den Schulhof. Der besteht aus schiefen Beton-Fahrbahnplatten, zwei Holzbänken und zwei Papierkörben – erinnert an einen Gefängnishof.

Dennoch: Die gesamte Schule ist blitzblank. Keine Schmierereien, keine Schnitzereien, keine demolierten Möbel. Wie geht das?

„Wir achten sehr streng darauf, dass niemand absichtlich etwas zerstört“, sagt Anita Krüger. Und: „Wir haben zwei großartige Mitarbeiter, die sich um die Reinigung kümmern.“