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Kaufhalle Bei Stromausfall an der Kasse kurbeln

Angelika Bonin und Hannelore Probst erinnern sich an ihre Zeit in der Kaufhalle ín Gommern und erzählen von ihren Erlebnissen.

17.07.2020, 04:00

Gommern (mla) l Gleich vorn am Eingang der Kaufhalle standen die Einkaufskörbe/ -wagen, und auf der rechten Seite der Tisch, an denen die Kunden ihre Waren des täglichen Bedarfs in die mitgebrachten Körbe und Beutel packen konnten. Die Kaufhalle verfügte über einen Fleisch-, einen Obst- und Gemüse- sowie einen Backwarenstand. Die Lieferwege waren kurz. Fleisch und Wurst stellte die Konsumgenossenschaft in einer eigenen Produktionsstätte in Gommern her. Backwaren lieferten Knäcke und Sprung. Im Sommer wurde das Obst und Gemüse von den Kleingärtnern aufgekauft. Von Gurken über Möhren bis zu Zwiebeln und Bohnenkraut.

Mal war der Kaffee knapp, mal Waschpulver oder Weichspüler. Aber die Verkaufsstellenleiter seien immer bemüht gewesen, alles heranzuschaffen, blickten Angelika Bonin und Hannelore Probst, zwei ehemalige Mitarbeiterinnen der Kaufhalle im Wohngebiet, anlässlich des 50. Jahrestages ihrer Eröffnung in dieser Woche zurück.

Natürlich haben die Kunden, wenn die gewünschten Produkte nicht geliefert wurden, schon mal geschimpft. Rosentaler Kadarka, ein bulgarischer Rotwein, oder Primasprit gehörten zu den begehrten Waren. Der hochprozentige Schnaps wurde zur Herstellung des eigenen Kirsch- oder Eierlikörs verwendet. Zu Weihnachten wurde die Kaufhalle auch mit Karpfen beliefert. Die Fische kamen in der Verkaufsstelle lebend an. Wer einen Karpfen wollte, hatte besser eine Vorbestellung abgegeben.

Gab es Speziallieferungen wie Bananen oder Apfelsinen, sprach sich das bald im ZRAW herum und die Kunden strömten herbei. Sonst nutzten viele Frauen die günstige Lage der Kaufhalle auf ihrem Weg vom Werk nach Hause zum Einkaufen.

Ob bei Brot, Getränken, Fleisch oder Gemüse: Wenn Saison im Naherholungsbiet Dannigkow/Plötzky/Pretzien herrschte, war die gestiegene Nachfrage in der Kaufhalle deutlich zu merken. Zehle habe nochmal Getränke geliefert, wenn es nötig gewesen sei, blickte Hannelore Probst zurück. Vorausgesetzt natürlich, Zehle hatte selbst noch Getränke im Lager.

Weiße Kittelschürzen waren die Berufsbekleidung der Verkäuferinnen. Jede hatte in dem kleinen Umkleideraum im hinteren Bereich der Kaufhalle mindestens einen Ersatzkittel zu hängen. Ein kleiner Aufenthaltsraum stand den Frauen zum Frühstücken oder für einen Kaffee zur Verfügung. Immer abwechselnd, denn der Betrieb in der Kaufhalle lief ja weiter.

Selten sei es vorgekommen, dass die Verkäuferinnen Waren noch selbst abpacken mussten, erinnerte sich Angelika Bonin. Käse sei manchmal in so großen Blöcken geliefert worden, dass er in der Kaufhalle zugeschnitten wurde.

In der Verkaufsstelle arbeiteten 32 Angestellte, vorwiegend Frauen, in Früh- und Spätschicht. Auch die beiden Reinigungskräfte waren zeitlich versetzt tätig. Angelika Bonin und Hannelore Probst erinnern sich beide gern an ihre Jahre in der Kaufhalle zurück. Es sei ein gutes Miteinander im Kollektiv gewesen. Hannelore Probst, die die Prämien verwahrte, sorgte dafür, dass immer noch Geld für ein kleines Präsent übrig war. Gemeinsam wurde gefeiert oder Ausflüge unternommen.

Nicht immer, aber zeitweise mussten alle drei Kassen besetzt werden. Jeder einzelne Preis war in die Kasse einzutippen. Kein Wunder, dass Kassierinnen heute noch viele Preise aus DDR-Zeiten wie Primatsprit 17,60 Mark, Rondo-Kaffee (125 Gramm in Bohnen) 8,75 Mark oder ein halber Liter Milch 36 Pfennige im Kopf haben. Herrschte Stromausfall, musste an der Kasse die Kurbel bedient werden. „Das war anstrengend“, erinnerte sich Hannelore Probst. Noch anstrengender seien jedoch die Plattenwagen gewesen. Damals musste noch per Hand gepumpt werden, nichts funktionierte auf Knopfdruck. Hannelore Probst war eigentlich für die Büroarbeit der Kaufhalle zuständig, aber sie nahm morgens schon Ware an, wenn die Verkäuferinnen noch nicht da waren, oder half dort aus, wo sie gebraucht wurde.

Die Einnahmen wurden damals noch per Hand gezählt und hauptsächlich vom Verkaufsstellenleiter in den Nachttresor der Sparkasse eingeworfen.

Von den Drogerie-Waren bis zu den Süßigkeiten: „Früher stand immer alles an seinem Platz, es wurde nicht so viel umgeräumt. Da war die Orientierung beim Einkaufen viel leichter.“