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Kinderbetreuung Elternbeiträge steigen um 20 Euro

Der Finanzausschuss in Gommern lehnt um 45 Euro höhere Elternbeiträge für einen Zehn-Stunden-Platz in der Kita ab.

Von Manuela Langner 25.11.2015, 05:00

Gommern l Im vorigen Jahr zahlte die Einheitsgemeinde Stadt Gommern einen Defizitausgleich in Höhe von 750 000 Euro an die vier freien Träger der acht Kindertagesstätten. In der Summe enthalten waren sogar noch kleinere Investitionen. In diesem Jahr steigt die Zahl aufgrund der Umsetzung des neuen Kinderförderungsgesetzes (KiFöG) auf 1,2 Millionen Euro. Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Wegen der Tariferhöhungen, die sich 2016 auch bei den freien Trägern bemerkbar machen, erhöhen sich die Kosten im nächsten Jahr um einen weiteren sechsstelligen Betrag. Investitionen in die Kitas sind da noch nicht berücksichtigt.

Mit diesen Zahlen konfrontierte Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos) am Montagabend die Mitglieder des Wirtschafts-, Finanz- und Tourismusausschusses. Zur Sitzung waren alle Stadträte eingeladen, da sie die Arbeitsberatung zum Haushalt 2016 ersetzen sollte. Ein geglückter Versuch, wie am Ende des dreistündigen (öffentlichen) Sitzungsmarathons einhellig festgestellt wurde.

Da sich die Einheitsgemeinde Gommern seit dem Jahr 2011 in der Haushaltskonsolidierung befindet, musste die Stadt eine Teilung der Kita-Kosten, die nicht durch die Landes- und Landkreispauschale gedeckt wird, je zur Hälfte auf Stadt und Eltern vorschlagen: die sogenannte 50:50-Variante. Sie sieht bei einem Zehn-Stunden-Platz eine Erhöhung des Elternbeitrages von 180 auf 225 Euro vor. „Es schmerzt, dass wir den Eltern das zumuten müssen“, sagte Jens Hünerbein, der in den letzten Wochen auf Elternversammlungen den Müttern und Vätern Rede und Antwort gestanden hatte, obwohl nicht die Stadt die gestiegenen Kita-Kosten zu verantworten hat.

Die höheren Qualitätsstandards, die das neue KiFöG mitsichbringt und die den Kindern zugute kommen, stehen dabei nicht in Frage, sondern deren Finanzierung. Hier ist das Land nach der Verfassungsbeschwerde von 63 Kommunen bis Ende 2017 aufgefordert, Änderungen vorzunehmen. Bis dahin lasten die Mehrkosten jedoch auf Gemeinden und Eltern.

Von der Kommunalaufsicht des Landkreises Jerichower Land wurden die Gemeinden inzwischen hingewiesen, dass eine Abweichung von der 50:50-Regelung als freiwillige Ausgabe gewertet werde, informierte der Stadtchef. An freiwilligen Ausgaben darf eine Gemeinde in der Haushaltskonsolidierung nicht viele haben, sonst besteht die Gefahr, dass der Haushaltsplan nicht genehmigt wird.

Trotzdem wollte Jens Hünerbein einen Kompromiss anbieten. Er sprach sich für die 48er Variante (210 Euro) aus, die bis 2017 konstant bleiben würde. Also: Alle weiteren Mehrkosten trägt die Stadt. „Ich würde das Risiko eingehen, und ein Signal an die Eltern schicken.“

Mit Essensgeld kämen Eltern auf Kita-Kosten in Höhe von 300 Euro, rechnete Jürgen Michalek (CDU) vor. „Ich kann da nicht mitgehen“, sprach er sich gegen die 50er Variante aus. Eltern mit zwei Kita-Kindern müssten, den Geschwister-Bonus berücksichtigt, rund 500 Euro zahlen, ergänzte Rita Kunkel (SPD/Die Grünen). „Und da sind noch keine Schuhe gekauft“, setzte Jürgen Michalek hinzu.

„Wir haben in Sachsen-Anhalt nicht die Einkommensgrößen, eine derartige Erhöhung einfach so wegstecken zu können“, meldete sich Frank Krehan (FWGLG) zu Wort.

In der Diskussion entwickelte sich der Gedanke, die Kostenbeiragssatzung komplett abzulehnen. In der Hoffnung, andere Kommunen würden nachziehen und so dem Land ein deutliches Zeichen geben.

Die komplette Ablehnung hätte in Gommern zur Folge, dass die Stadt die Mehrkosten der Eltern mitfinanzieren müsste. Eine Variante, die die Verwaltung nicht ausgerechnet hat und gegen die sich Jens Hünerbein wehrte. Er wolle die Stadt nicht lähmen, aber zugleich auch nicht die Eltern überstrapazieren. Deshalb die 48er Variante. Diese unterstützte Walter Schmidt (SPD/Die Grünen) als „vernünftigen Kompromiss“.

Das 2016 zu erwartende Defizit der Stadt, das seit Montagabend nicht mehr mit 2,4 sondern mit 2,85 Millionen Euro angegeben wird, würde auf jeden Fall auf über drei Millionen steigen, sagte der Bürgermeister. Reno Hermann (FDP) bat darum, dass das bis zum Hauptausschuss Anfang Dezember ausgerechnet werde.

„Was sind uns die Kinder wert?“ Die Frage stellte Matthias Fickel (CDU) mit Absicht plakativ. Mit welcher Rechtsgrundlage begründe die Kommunalaufsicht ihre Ansicht der „freiwilligen Ausgaben“? Könne man unter Umständen dagegen vorgehen?

Darüber hinaus kamen in der Diskussion die freien Träger der Kindertagesstätten auf den Prüfstand. Arbeiten einige kostengünstiger als andere? Würde es Sinn machen, die Trägerschaft neu auszuschreiben, um die Kosten zu senken? Müsse das Marktprinzip stärker angewandt werden?

Für die Stadtratsvorsitzende und Menzer Ortsbürgermeisterin Magrit Peters (CDU), die einige Erfahrungen aus der Menzer Kita schilderte, mit der sie (und die Eltern) nicht einverstanden seien, war es ein großes Ärgernis, dass die Stadt Gommern zahlen müsse, aber kein Mitspracherecht mehr habe. Zuvor hatte Jens Hünerbein erklärt, dass die Stadtverwaltung über keine Möglichkeit mehr verfüge, die Abrechnungen der freien Träger, wofür das gezahlte Geld verwendet wurde, zu prüfen. Das war vor dem neuen Kinderförderungsgesetz üblich gewesen.

Bei der Abstimmung sorgte ein Patt dafür, dass die 48er Variante durchfiel. Eine knappe Mehrheit sprach sich für die 45er Variante (200 Euro bei einem Zehn-Stunden-Platz) aus. Die endgültige Entscheidung trifft der Stadtrat am 17. Dezember.