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Kriminalität Wieder Raubzüge in A 2-Dörfern

In den A 2-Dörfern im Jerichower Land sind mit der dunklen Jahreszeit wieder verstärkt Einbrecher unterwegs.

Von Andreas Mangiras 11.10.2016, 10:00

Burg/Genthin l Den zwei Lostauer Jungen kam der Transporter mit ausländischem Kennzeichen, der vorigen Dienstag ganz langsam durch die Straßen des Ortes fuhr, spanisch vor. Wie viele Bewohner der Dörfer im Jerichower Land an der Autobahn 2 sind sie misstrauisch, wenn Fremde in den Ort kommen. In den letzten Jahren gab es hier viele Einbrüche. Die Diebe flüchteten zumeist über die A 2. Auch anderen Lostauern war das Fahrzeug aufgefallen.

Für die Jungen war schnell klar: Sie rufen die Polizei an, über den Notruf 110. Dann ging alles ziemlich fix. Eine Streife war schnell vor Ort. Das Revier in Burg ist inzwischen gewappnet. Auch die Zusammenarbeit mit den Regionalbereichsbeamten hat sich gut eingespielt.

Noch im Ort können die Polizisten den Transporter stellen. „Bei der Kontrolle hatten die beiden Insassen keine plausible Erklärung, warum sie durch den Ort fahren“, erklärte Thomas Kriebitzsch, Pressesprecher des Polizeireviers Jerichower Land.

Das Verhalten der beiden Jugendlichen lobte der Polizist. „Wir haben jetzt die Personalien der beiden Ausländer. Sie haben schon mit Eigentumsdelikten zu tun gehabt. Auch wenn wir ihnen dieses Mal nichts vorwerfen konnten, haben wir sie wohl erstmal verschreckt.“

Der kurze Draht zwischen Polizei und den Menschen in den Orten hat sich aus Sicht von Kriebitzsch bei der Aufklärung und bei der Prävention von Einbrüchen in Einfamilienhäuser absolut bewährt. „Die meisten Täter, die wir schnappen konnten, haben wir schnell bekommen, weil uns Bürger angerufen haben, denen etwas aufgefallen ist“, so Kriebitzsch. Die Polizei hatte ihre Präsenz vor Ort spürbar erhöht. Unterstützung gab es oft von Landespolizei aus Magdeburg.

Das hat sich wohl auch bemerkbar gemacht. Die Diebe, die meist sehr professionell und wohl auch in Banden vorgingen, wurden aufgeschreckt und kamen seltener.

Bis Montag gab es in diesem Jahr im Jerichower Land bisher 60 Einbrüche in Einfamilienhäuser, zumeist in Orten entlang der A 2. Im gleichen Zeitraum 2015 waren es 93 Einbrüche, also ein Drittel mehr. Im ganzen Jahr 2015 waren es im Kreis 162 Einbrüche und Einbruchsversuche in Einfamilienhäuser.

Fünf Einbrüche gab es allein in den letzten Tagen, etwa in Lostau, Hohenwarthe und Biederitz (Volksstimme berichtete). Vier waren davon in der Nacht, teils schliefen die Bewohner im Haus. Nur einmal kamen die Räuber am Tag.

Die dunklen Monate ab Ende Oktober bis in den März hinein sind aus Polizeisicht prädestinierte Einbruchsmonate. Das sei seit Jahren so. „Wir müssen damit rechnen, dass es auch dieses Jahr wieder so sein wird“, so Kriebitzsch. Vor allem mit dem Wechsel zur Winterzeit würde es noch eine Stunde eher dunkel am Tag. Das rufe dann auch potenzielle Diebe und Einbrecherbanden auf den Plan.

Die Räuber würden dann oft in den späten Nachmittags- oder frühen Abendstunden einsteigen, wenn die Hausbewohner noch unterwegs seien. So umgingen die Diebe auch eine Begegnung mit den Bewohnern, wie in der Nachtzeit.

„Kommen die Räuber nachts, dann sollte man nicht den Helden spielen“, warnt Kriebitzsch. Es sei eine psychologisch heikle Situation, für Bewohner wie auch die Einbrecher. „Das körperliche Leid, das entstehen kann, weil die Einbrecher gewalttätig reagieren, dürfte es nicht wert sein, um den Schaden aus dem Diebstahl zu verhindern“, sagte Kriebitzsch

Wer zuhause sei, wenn Einbrecher kämen, sollte sich also ruhig verhalten, rät der Polizist. Wenn sich die Möglichkeit ergebe, die Polizei zu verständigen, wäre schon viel gekonnt.

Schnell erkennt die Polizei, ob es sich bei den Einbrechern um Profis oder Gelegenheitseinbrecher handelt. Schwer einsehbare Bereiche an Häusern, rückwärtige Fenster und Terrassentüren sind bevorzugte Angriffspunkte. Für den Profi muss der Zugriff schnell und ohne großen Aufwand erfolgen können, erläutert Kriebitzsch. „Klappt das nicht, ist er schnell weg und zieht weiter zum nächsten Haus.“

Für den Polizeibeamten ist das ein wichtiger Aspekt: Schon kleinere Sicherungsmaßnahmen, wie Rolläden, abschließbare Fenster und Terrassentüren, bei den man auch nicht vergisst, den Schlüssel abzuziehen, können schon solche Hindernisse sein, die den Einbrecher abschrecken.

Nur Gelegenheitsdiebe machen in solchen Fällen weiter. Sie schlagen dann schon mal Fensterscheiben ein. Das macht hörbar Krach und alarmiert möglicherweise die Nachbarschaft. Der Profieinbrecher will sich dem nicht aussetzen.

Gleiches gilt dann auch für das Beuteschema. „Es geht um Wertsachen, die leicht am Körper verborgen werden können“, sagt Thomas Kriebitzsch. Schmuck, Bargeld, hochwertige Smartphones und Tablets zählen dazu. Kriebitzsch empfiehlt: Vor allem Schmuck fotografieren. Sollte er gestohlen werden, helfen die Aufnahmen ungemein bei der Fahndung.

„Die Räuber sind öfter auch zu Fuß im Ort unterwegs. Sie haben ihre Autos irgendwo geparkt, um nicht aufzufallen“, verweist der Polizeisprecher auf einen Lerneffekt auch bei den Kriminellen. Da die Bewohner bei fremden Autos, die langsam durch den Ort fahren, oft sofort Verdacht schöpfen würden, versuchten die Räuber, sich als Fußgänger zu tarnen.

Ein weiterer Trick der Einbrecher: Sie stehlen in Nachbarorten Autos mit JL-Kennzeichen, wie jüngst in Biederitz, nutzen sie als Ausspäh- und Fluchtautos. Ihre eigenen Autos mit fremden Kennzeichen, die irgendwo stehen, würden so nicht in Verdacht geraten, erläuterte Kriebitzsch die Denkweise der Kriminellen, unter denen Ausländer wie Deutsche sind.

Eine enge Zusammenarbeit hat die JL-Polizei mit dem Bördekreis und der Landeshauptstadt sowie benachbarten Bundesländern entwickelt, die wegen ihrer A 2-Lage ebenfalls immer wieder von Einbrechern heimgesucht werden. Im vorigen Jahr zogen die Fahnder so auch Diebesbeute aus Mützel und Magdeburgerforth hoch - im niedersächsischen Garbsen.

Über 60 Einfamilienhausbesitzer im Jerichower Land haben ihr Eigentum mittlerweile so ausgestattet, dass sie den hohen Standards des Siegels „Sicheres Haus“ entsprechen. „Das ist schon sehr aufwändig und anspruchsvoll“, sagt Kriebitzsch. Es ist auch kostenintensiv. Nicht jeder kann sich das leisten.

Der Anspruch der Polizei ist daher ein anderer: „Die Beratung ist das Ziel“, betont Reviersprecher Kriebitzsch. Über 600 Hausbesitzer haben das kostenfreie Polizeiangebot bereits genutzt und die eine oder andere Sicherungsmaßnahme umgesetzt. All dies erhöhe die Hürden für Einbrecher.

Die Polizei sei einsatzbereit für die dunkle Jahreszeit und ihre Risiken, sicherte Kriebitzsch zu. Es würden wieder verstärkt Streifen gefahren. Und die Polizei setzt auf den guten Draht zur Bevölkerung. „Wer Verdächtiges bemerkt, soll die 110 anrufen“, sagt Kriebitzsch. „Niemandem wird der Kopf abgerissen, wenn es sich als harmlos herausstellt. Lieber einmal mehr als einmal zu wenig.“