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Kritik aus Tucheim Landwirtschaft gegen Umweltschutz

Eine Frage wird im Jerichower Land diskutuiert: Wie viel Umweltschutz verträgt die Landwirtschaft und umgekehrt?

Von Falk Heidel 04.03.2017, 06:00

Burg/Tucheim l Trappenschutz, Umweltauflagen: Im Fiener Bruch liegen die Äcker und Wiesen der Agrargenossenschaft Tucheim. Seit Jahrzehnten teilen sich die Bauern ihre Lebensgrundlage mit einem Steppenvogel – ein großer Teil des Areals ist Trappenschutzgebiet: „Wir Landwirte müssen daher seit vielen Jahren mit drastischen Einschränkungen leben“, sagt Sören Rawolle. Er ist Vorsitzender der Agrargenossenschaft und sitzt für die ländliche Wählergemeinschaft im Kreistag.

Im Umweltausschuss dieses Gremiums kritisierte Rawolle kürzlich eine aus seiner Sicht falsche Fördergeld-Politik beim Umweltschutz: „Vor Jahren musste Bäume gefällt werden, wir hatten massive Wegebaubeschränkungen – und plötzlich spricht kein Mensch mehr vom Trappenschutz im Fiener.“ Rawolle deutet auf die Tatsache, dass die Landesverwaltung die Fördermittel für den Trappenschutz gestoppt hat: „Das ist unglaubwürdig! Da wurde jahrelang viel Aufwand mit viel Geld betrieben, doch das Ergebnis ist Null. Übrig bleibt die Landwirtschaft, die nach wie vor auf den teuren Einschränkungen beim Ackerbau sitzen bleibt.“ Rawolle nennt ein Beispiel: „Es gibt Gebiete im Fiener, die nicht mal die Trappe als Steppenvogel nutzt, weil die Böden durch fehlenden Dünger und Pflanzenschutz verarmt sind.“ Er meint: „Da wird Eigentum vernichtet beziehungsweise entwertet.“

Ehe die Landesverwaltung entsprechende Fördergeld-Entscheidungen trifft, fordern sie bei den Landkreisen diverse Stellungnahmen ab: „Bei solchen Bewertungen müssen wir natürlich alle Belange berücksichtigen. Da gibt es durchaus Interessenkonflikte“, erklärte Landrat Steffen Burchhardt. Er sagt mit Blick auf die FienerProblematik: „Ja, da ist Sand im Getriebe.“

Gescheitert ist aus Sicht von Sören Rawolle auch die Anlage von Vogelschutzgebieten: „Traurig, dass es sowohl im Fiener als auch bei Jerichow nicht funktioniert hat.“ Er erklärte, dass solche Schutzgebiete die Landwirtschaft erheblich einschränken: „Doch die Landwirtschaft ist ein Tagesgeschäft, oft vom Wetter beeinflusst. Da bleibt keine Zeit für lange Debatten.“

Landkreis-Vorstand Bernd Girke sprach vom „Fluch solcher Projekte als zeitlich befristete Maßnahmen.“ Aber: „Was Herr Rawolle völlig zurecht anspricht, liegt nicht im Einfluss des Landkreises.“

Aus ganz anderer Perspektive beurteilt Christoph Kaatz (Grüne) aus Loburg die Szenerie im Fiener: „Es gibt eine Trappenherde, die den milden Winter gut überstanden haben müsste. Wir haben diese prekäre Vogelart durch solche Maßnahmen erhalten können.“ Die Kritik des „Storchenvaters“ richtet sich gegen die konventionelle Landwirtschaft: „Durch den wahnsinnig gestiegenen Nitrathaushalt gerät unsere Gesundheit in Gefahr. Kaum jemand weiß, dass es in einigen Jahren bei uns keine Lerchen mehr geben wird.“

Das wollte Ausschussvorsitzender Peter Sanftenberg so nicht stehen lassen: „Nitrat ist bei uns in Sachsen-Anhalt nicht das große Problem, weil der Tierbesatz hier nicht so hoch ist.“

Ein anderes Beispiel nannte Mechthild Kaatz (SPD) – das Trinkwasserschutzgebiet zwischen Schweinitz und Loburg: „Wann wird endlich die Entnahme des Trinkwassers zur Beregnung der Ackerflächen untersagt? Der Wasserstand wird abgesenkt. Das Ergebnis sind hohe Umweltschäden durch Gewinnoptimierung.“

Der Wolf war zudem kürzlich das große Thema beim Besuch von Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) in Schopsdorf. Rinder der Agrargenossenschaft waren wiederholt Opfer von Wolfsangriffen. Die Agrargenossenschaft hat in zwei Jahren 20 Tiere verloren. Allein in diesem Jahr vier Kälber. Fünf Tiere sind verschwunden.

Uwe Menge und Franz-Michael Behrendt fordern Entschädigungen zwischen 500 und 800 Euro. Gezahlt werden aktuell zwischen 120 und 150 Euro, wenn der Wolfsriss bestätigt wird. Ist von dem fehlenden Tier nichts zu finden, gibt es gar keine Entschädigung.

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