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Kultur-Lockdown Zum Nichtstun verdammt

Künstler haben es wegen Corona sehr schwer. Die Burger Band Normenkollision spricht über Einschränkungen, mit denen sie zu kämpfen hat.

Von Nicole Grandt 09.02.2021, 05:00

Burg l „Es tut weh, wenn man sieht, dass Kunst und Kultur nicht als systemrelevant angesehen werden“, sagt Christoph Eichwein. Er ist eines der Mitglieder der vierköpfigen Punk-Band Normenkollision aus Burg. Neben ihm spielen Matthias Beetzollt, Kenny Dorn und Tim Finzelberger in der Band. Auf der Bühne stehen können sie derzeit nicht, denn Konzerte sind nicht gestattet. Doch auch das Proben gestaltet sich für die vier Musiker schwieriger als sonst. „Wir sind dazu übergegangen, dass wir in zwei Räumen gleichzeitig proben, je zwei Personen pro Raum. Online-Proben gehen leider aufgrund der eher langsamen Internetverbindung nicht“, erklärt Matthias Beetzollt. Das Proben in zwei Räumen sei zwar technisch möglich gewesen, allerdings waren sich die vier Musiker einig, dass dabei das „Feeling“ fehlt, das normalerweise beim Zusammenspiel entsteht. Besonders das Proben unter normalen Umständen würden die Bandmitglieder vermissen, berichten sie. Denn es gehe dabei nicht nur darum, die Songs einzuüben, sondern auch sich auszutauschen und eine gesellige Zeit miteinander zu verbringen. Im musikalischen Bereich zum Nichtstun verdammt zu sein und zu stagnieren, sei für die vier Musiker sehr frustrierend.

„Wir versuchen die Zeit ohne Konzerte dazu zu nutzen, unser nächstes Album zu produzieren“, kündigt Christoph Eichwein an. Die 2007 gegründete Band hat normalerweise zehn bis fünfzehn Auftritte pro Jahr. Ob es 2021 überhaupt einen Live-Auftritt geben wird, wissen sie noch nicht. Sie hoffen auf Festivalauftritte im Sommer und vielleicht eine Show mit der Band „Die Kassierer“. „Eventuell sind Ende des Jahres Konzerte in Hallen oder Clubs wieder möglich, falls die Pandemie abebbt und sich einige Leute endlich mal zusammenreißen“, kritisiert Eichwein und erwähnt dabei auch mangelnde Disziplin, was das Tragen von Masken im Burger Stadtrat angeht. Die Musiker haben allerdings Sorge, welche sonst regelmäßigen Veranstaltungen oder Veranstaltungsorte es dann noch geben wird. „Viele kleine Clubs halten sich momentan gerade noch so über Wasser oder haben auch Spenden erhalten. Aber wenn das so weiter geht oder sogar ein weiterer Lockdown kommt, werden das viele Betreiber oder Festivalveranstalter nicht überstehen. Ein befreundeter Bar-Besitzer meinte erst kürzlich, dass er befürchtet, in sehr kurzer Zeit wirtschaftlich ruiniert zu sein“, zeigt Beetzollt die Sorgen von Personen aus der Kunst- und Kulturszene auf. Wenn viele Clubs oder Bars nach dem Lockdown nicht wiedereröffnen können, würde es auch für Musiker wie sie schwieriger werden, live spielen zu können. „Die berühmten Bands, die große Hallen füllen, die werden dann wieder gebucht. Aber bei einer Band wie der unseren, die hauptsächlich in Clubs spielt, wird das sehr schwer, wenn es dann deutlich weniger Clubs geben wird. Und nach so einer finanziellen Katastrophe wird es wohl auch nicht mehr so viele Menschen geben, die sich trauen, eine Veranstaltungsräumlichkeit neu zu eröffnen“, zeigt sich Eichwein besorgt um die Zukunft der Musik-Szene.

Die Mitglieder von Normenkollision leben nicht von der Musik. „Wir haben sozusagen das Glück, dass wir arbeiten gehen und damit unser Leben und auch die laufenden Kosten für die Band finanzieren können“, so Eichwein weiter. Sie hätten zwar keine hohen Kosten, aber beispielsweise die Miete für den Proberaum muss gezahlt werden. Sie haben aber auch von befreundeten Personen aus der Musikerszene gehört, die versuchen, sich durch andere Jobs über Wasser zu halten. „Es gibt beispielsweise Veranstaltungstechniker oder Booker, die in Impfzentren aushelfen, um etwas zu verdienen“, berichtet Eichwein.

Die Band engagiert sich auch bei Alarmstufe Rot. Dies ist eine bundesweite Aktion von Kultur-Schaffenden, die versuchen, auf die dramatische Situation von Künstlern aufmerksam zu machen. Dafür wurde demonstriert oder auch eine rote Lichtinstallation vor Theatern, Opern oder Konzerthäusern umgesetzt. „Wir haben bei unseren Social-Media-Auftritten für die Aktion geworben, um auf den bedrohlichen Zustand der Kulturschaffenden aufmerksam zu machen“, erklären die Bandmitglieder.

Sie berichten von Personen aus ihrem Umfeld, die von den Auswirkungen der Pandemie schwer getroffen wurden: „Wir haben einen Bekannten, der normalerweise von Unterricht in einer Musikschule lebt. Ihm sind die kompletten Einnahmen weggebrochen und er steht finanziell nun sehr schlecht da. Da geht es ihm wahrscheinlich genauso wie den meisten Soloselbstständigen, die von den Corona-Hilfen nichts oder nur sehr wenig bekommen haben.“

Sie haben das Gefühl, dass man Kulturschaffende am ausgestreckten Arm verhungern lassen würde, diese, wenn überhaupt, nur das absolute Minimum bekommen würden. „Menschen, die von ihrer Kunst leben, verdienen bis auf wenige, sehr prominente Ausnahmen ja sowieso eher wenig. Und jetzt ist das noch weniger oder sogar gar nichts“, fasst Beetzollt die Situation zusammen.

Für die Zukunft wünschen sich die Musiker, dass sie schnellstmöglich wieder zusammen spielen können. „Hauptsache live spielen“, hofft Eichwein. „Wir haben den inständigen Wunsch, wieder auf der Bühne zu stehen oder immerhin wieder zusammen zu proben. Wir wissen, dass das derzeit noch nicht geht und da halten wir uns auch dran.“