1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Typisierung in der Berufsschule

EIL

Leukämie Typisierung in der Berufsschule

Kristin will leben! Das war die Überschrift einer Typisierungsaktion in Burg. Gesucht werden Stammzellenspender für Leukämie-Patienten.

Von Falk Heidel 13.12.2016, 05:00

Burg/Dessau l Michelle ist ein aufgewecktes Kindergartenkind – bis sie eines Tages im Krankenhaus liegt. Ihre Diagnose ist tödlich: Blutkrebs! „Irgendwann wischte sich meine Mami die Tränen aus den Augen und sagte mir, alles wird gut!“ Das war der Moment, als Michelles Mutter erfuhr, dass ein Stammzellenspender gefunden ist. Heute ist Michelle ein fröhlicher Teenager: „Ich bin so froh, dass ich leben darf.“

Diese Geschichte erzählte Benjamin Lieb am Montag in der Burger Berufsschule. Anlass war eine Typisierungsaktion der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, kurz DKMS. „Mit 295 Freiwilligen hatten wir ein tolle Resonanz“, sagte Lieb, der für die DKMS als Projektbegleiter arbeitet.

Die Typisierung in Burg hatte einen ganz konkreten Anlass: Die Leukämie-Diagnose von Kristin Erfurt (Volksstimme berichtete am 10. Dezember). Die 30-jährige Lehrerin soll leben wie Michelle. Noch ist ihr Stammzellenspender nicht gefunden. Die Typisierung in Burg steigert ihre Chancen auf ein unbeschwertes Leben. Organisiert hat die Typisierung ihr Studienkollege und guter Freund Martin Otto. Beide sind Berufsschullehrer, Kristin in Dessau und Martin in Burg. „Ich bin überwältigt von der großartigen Teilnahme“, sagte Otto zur Volksstimme. Außer den vielen Schülern und Lehrern sind auch viele Leute von außerhalb in die Turnhalle gekommen. Per Handy hatte Martin Otto Kristin auf dem Laufenden gehalten: „Sie ist eine lebensfrohe, großartige Frau.“

Laura Ditewig aus Menz bei Gommern und die Burgerin Lisa Schlegat haben sich ebenfalls typisieren lassen: „Oft sind Kinder betroffen, die noch ein ganzes Leben vor sich haben. Das sind herzzerreißende Geschichten, da muss man doch helfen“, meint Laura. Lisa hat bei der Registrierung das Schicksal von Kristin Erfurt im Sinn: „Ich hoffe so sehr für sie, dass ein Stammzellenspender gefunden wird.“

Wie sich eine Stammzellenspende anfühlt, weiß Helena Mehliß (27) aus Gerwisch. Sie hat 2015 in ihrer Hochschulstadt Zwickau eine Typisierung erlebt: „Klar, wollte ich helfen.“ Im Dezember bekam sie Post von der DKMS: Sie ist der genetische Zwilling eines Leukämie-Patienten.

Sie erzählte den Schülern in Burg von ihren Erlebnissen bis zur eigentlichen Stammzellenspende, die lediglich dreieinhalb Stunden dauert. In den Tagen zuvor standen eine Blutprobe und einige kleine Spritzen an: „Der Körper fühlt sich an wie bei einer heftigen Erkältung.“ Doch die Symptome verklingen ziemlich schnell: „Ich würde es auf jeden Fall wieder tun“, sagte Helena zur Volksstimme. Und: „Das Prozedere war ganz schön aufregend um die Weihnachtszeit im Vorjahr.“

Mittlerweile weiß Helena, wohin ihre Stammzellenspende gegangen ist: „Es handelt sich um eine 33 Jahre alte Frau aus Amerika.“ Doch das Gesetz will es so, dass sich Spender und Empfänger erst nach zwei Jahren treffen dürfen. Helena: „Ich möchte sie auf jeden Fall kennenlernen.“

Bei Helenas Typisierung damals in Zwickau hatten sich 2000 Menschen als mögliche Spender registrieren lassen. Daraus sind neun Leute tatsächlich als Spender ermittelt worden. In Burg waren es fast 300 Kandidaten. „Das ist für eine solche Schule ein fantastisches Ergebnis“, sagte Benjamin Lieb von der DKMS. Er freute sich zudem über Spenden in Höhe von 259 Euro. Und noch etwas ist ihm aufgefallen: „Der Veranstaltung war von der Schule perfekt organisiert. Ein großes Kompliment haben sich die 24 Helfer aus der Erzieher-Klasse im dritten Lehrjahr verdient – sie haben die Registrierung fehlerfrei gemeistert.“

Schulleiter Stefan Bruns hatte kurzerhand den Sportunterricht an diesem Vormittag ausfallen lassen: „Manchmal gibt es wichtigere Dinge als Unterricht.“ Am späten Vormittag musste eine Rettungswagen-Besatzung jemanden aus der Turnhalle abholen, der während des Vortrags umgekippt war: „Mit der Typisierung hatte dies aber nichts zu tun“, erklärte Benjamin Lieb.

Bundesweit sind aktuell 28 Millionen Menschen als Spender registriert. Dennoch findet jeder siebte Blutkrebspatient aktuell keinen genetischen Zwilling. „International ist diese Quote noch ungünstiger“, sagt Benjamin Lieb.

Die Spendendatei muss weiter anwachsen, damit Menschen wie Kristin Erfurt die Chance auf ein gesundes Leben haben – so wie Michelle.