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Masche Betrüger auf linker Tour in Gommern

Eigentlich dachte Peter Meyer aus Gommern, er sei vor allen Betrugsversuchen gewappnet. Eigentlich.

Von Sebastian Rose 26.06.2020, 06:00

Gommern l „Ich bin am Wochenende einem Topfset-Betrüger auf den Leim gegangen und hoffe auf diesem Wege nun andere Leute zu warnen“, lauten die ersten Zeilen der E-Mail an die Burger Volksstimme-Redaktion. Was Peter Meyer, Familienvater und Verfasser der Mail, berichtet, klingt wie aus einem schlechten Film.

„Am Samstag habe ich mit meinen Kindern das Auto vor unserer Haustür in Gommern ausgeladen. Wir waren vorher im Baumarkt und hatten längere Hölzer gekauft. Ein Auto, vielleicht ein Leihwagen, mit Wiesbadener Kennzeichen hielt neben uns und der Fahrer sprach mich mit Anzug, lachsfarbenem Hemd und holländischem Akzent an.“ Der Mann mit eher korpulenterer Figur gab vor, er sei nach einer Messe auf dem Weg zum Flughafen. Er könne die Messewaren sehr günstig anbieten, da er die Ware gerne vor dem Flug verkaufen und sich so die hohen Zollkosten sparen wolle.

Peter Meyer erinnert sich genau. „Ich habe ihm die Geschichte eigentlich von Anfang an nicht abgekauft. Welche Messe findet schon zu Corona-Zeiten statt? Und der Weg zum Flughafen nach Berlin ist eigentlich auch ein anderer. Trotzdem ließ ich mich nach kurzer Zeit darauf ein, wenigstens die Ware einmal anzuschauen.“

Rückblickend war dies der erste Fehler. In wilden Rechnungen erklärte der Betrüger, dass die Ware von einem renommierten Schweizer Hersteller sei und er einen Rabatt von 80 Prozent einrichten könne. „Ich habe auch zu meiner Freundin gesagt, dass solche Sachen eigentlich immer Betrug sind. Und die Referenzen auf der Internetseite schienen auch erlogen. Weitere Angebote auf anderen Webseiten habe ich nicht gefunden. Aus mir unerfindlichen Gründen habe ich das Topf- und ein Messerset trotzdem gekauft.“

Da Peter Meyer soviel Bargeld nicht bei sich hatte, fuhr der Familienvater mit dem Betrüger sogar noch zur Bank. Während des Verkaufsgesprächs und auf der Fahrt machte der Topf-Verkäufer immer mehr Druck, er müsse seinen Flug erreichen. „285 Euro sollte ich dann bezahlen. Als ich ihm 300 Euro gab, meinte er, dass die 15 Euro doch ruhig Trinkgeld seien könnten. Ich willigte zwar ein wenig widerwillig ein, aber überließ ihm dennoch das Geld“, so Meyer. Der schlechte Film wurde wenig später für die junge Familie zum Horror-Streifen. Wieder zu Hause angekommen, überprüfte Peter Meyer die Kartons, Messer und Töpfe noch einmal genau. „Nach genauem Hinsehen war für mich klar, die Ware ist absoluter Schrott. Ich habe sie aus Angst nicht einmal benutzt. Nicht, dass noch irgendwelche anderen Küchenutensilien davon kaputt gehen.“ Mit Schrott meint Peter Meyer die Verarbeitung der Töpfe sowie das Material. Die Deckel waren wackelig und die Messergriffe schlecht mit der Klinge verarbeitet.

Fälle wie diese sind dem Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt hinlänglich bekannt. „Zwei weitere Anfragen haben wir in der letzten Zeit zu diesem Thema bekommen“, erklärt die Referentin für Recht der Verbraucherzentrale, Simone Meisel. „Wir bekommen derartige Betrugsmaschen nur schwer weg. Immer wieder hören wir von ähnlichen Betrügereien im Zusammenhang mit starken Schnäppchen. Generell gilt es, immer sehr vorsichtig zu sein, wenn jemand etwas sehr günstig verkaufen möchte. Wir raten zudem den Geschädigten, eine Anzeige zu machen.“ Dies hat Peter Meyer auch noch vor.

Im Internet finden sich zu dem Thema nach kurzer Recherche eine Menge weiterer Fälle. Die Nordwest-Zeitung aus dem Oldenburger Land titelte bereits 2014: „Beim Topfkauf die Finger verbrannt“. Viele Ähnlichkeiten zu dem aktuellen Fall im Jerichower Land finden sich in dem Artikel wieder. So habe dort ein Geschädigter auf einem Supermarkt-Parkplatz von einem Holländer Töpfe einer angeblichen Tochterfirma des Schweizer Herstellers AMC gekauft. Die Geschichte mit der Messe, dem Zoll und dem starken Rabatt ist dieselbe. Überführt wurde in diesem Fall der Betrüger durch den Aufdruck auf den Töpfen: 18/10 Edelstahl. Dieser ist eigentlich nicht magnetisch, ein einfacher Test überzeugte den Richter von der Schuld des angeklagten Topf-Verkäufers, und eine Strafe von immerhin 1200 Euro wurde fällig.

Auch auf den Töpfen von Peter Meyer ist dieser Aufdruck zu finden. „Der Boden ist auf jeden Fall magnetisch. Mal sehen, ob sich da noch etwas entwickelt. Aber ich gehe erstmal davon aus, dass das Geld weg ist“, meint er. „Immerhin haben die Kinder jetzt neue Töpfe zum Spielen.“ Der Horrorfilm soll am Ende also doch noch in eine Familienkomödie verwandelt werden.