1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Aus für Tonnen ohne Chip

Müll Aus für Tonnen ohne Chip

Burg und der Landkreis machen ernst: Es sollen keine Mülltonnen mehr geleert werden, die keinen Chip haben.

Von Petra Waschescio 28.09.2018, 01:01

Burg l Schon seit September 2018 bekommen die Haushalte einen freundlichen Hinweis, dass ihre Tonnen das letzte Mal von der Müllabfuhr geleert wurden, wenn die Abfallbehälter noch nicht gechipt sind. Es ist die Gelbe Karte quasi. Ab November 2018 wird es ernst.

Ab November soll das neue Abfallgebührensystem, das am 1. März 2017 eingeführt wurde, endgültig greifen. Dann gibt es keine Kulanz mehr. Vize-Landrat Thomas Barz (CDU) kündigte auf der Kreistagssitzung am Mittwochabend an, dass mit dem Stichtag 1. November volle Tonnen ohne Chip stehen bleiben werden.

Das neue System soll dazu beitragen, dass Haushalte nur so viel für die Müllabfuhr bezahlen, wie Abfall anfällt. Davor konnten Behälter in regelmäßigen Abständen an die Straße gestellt werden, egal, ob sie voll, halbvoll oder leer waren. Auf die Gebühren wirkte sich nicht aus, wie häufig eine Tonne geleert wurde. Das Chip-system soll nun die belohnen, die wenig Müll produzieren und die bestrafen, bei denen viel Abfall anfällt.

Nach anderthalb Jahren zog Barz ungeachtet der Kritik aus der Bevölkerung und ungeachtet der vielen Widersprüche gegen die Gebührenbescheide eine positive Bilanz.

Für eines der wichtigsten Ziele des neuen Systems – die „Verringerung des Restabfall-aufkommens durch Anreiz zur Abfalltrennung und Abfallvermeidung“ – war seine Botschaft eindeutig: Ziel erreicht. Kamen 2016 noch 210 Kilogramm Restmüll auf jeden Einwohner, so waren es laut Barz 2017 nur noch 155 Kilogramm.

Auch bei den Widersprüchen gegen die Gebührenbescheide sieht der Vize-Landrat den Kreis auf einem guten Weg: Im November könnten alle die Widersprüche abgearbeitet werden, die nicht vom Rechtsamt geklärt werden müssen.

2017 hatte der Kreis 26.950 Gebührenbescheide verschickt, gegen die 925 Betroffene Widerspruch eingelegt hatten. Aktuell seien noch 215 Widersprüche unbearbeitet. Im Einzelnen seien die Widersprüche mit falschen Personenangaben im Bescheid, mit falscher Behältergrundgebühr beziehungsweise Behältertausch begründet worden, so Barz.

Und tatsächlich war eines der gravierendsten Probleme bei der Umstellung auf das Chipsystem, alle Haushalte mit der richtigen Personenzahl und der korrekten Straße und Hausnummer zu erfassen. Zum Teil führte Barz das darauf zurück, dass Grundstücks- angaben und Namen sich im Laufe der Zeit geändert haben und Tonnen nicht richtig zugeordnet waren. Außerdem waren Müllbehälter erfasst, die nicht im Landkreis bekannt waren.

„Im Rückblick lässt sich daher festhalten, dass Personen ihren Meldepflichten nach dem Bundesmeldegesetz nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen und somit im Melderegister noch geführt werden und von Bürgern oder Vermietern angegebene Hausnummern an einer Straße doppelt oder gar nicht existent sind. Dies bedeutet ausdrücklich nicht, dass die Einwohnermeldeämter fehlerhaft gearbeitet haben. Vielmehr waren einige Daten nicht auf dem aktuellen Stadt“, so das Resümee von Barz am Mittwochabend.

Durch einen Abgleich und eine Aktualisierung der Melderegister habe die Fehlerquelle beseitigt werden können. Künftig sollen monatlich Änderungen im Melderegister berücksichtigt werden. Für 2018 geht die Kreisverwaltung von 28.100 Gebührenbescheiden aus und rechnet mit insgesamt 4000 Änderungsbescheiden für die Jahre 2017/2018.

Zu Hundert Prozent überzeugen konnte Barz trotz positiver Bilanz nicht alle Mitglieder des Kreistages. Quer durch die Parteien fremdeln Abgeordnete mit dem neuen System, das in ihren Augen nicht für mehr Gerechtigkeit sorgt.

Kerstin Auerbach (Linke) etwa hatte Zweifel, dass von der angestrebten Gebührengerechtigkeit auch diejenigen profitieren, die als Mieter in Mehrfamilienhäusern wohnen. Sollten Vermieter nach Quadratmeterzahl die Nebenkosten umlegen, könnten Ein-Personen-Haushalte schlecht wegkommen. „Wir haben keine Einflussmöglichkeit, wie Vermieter die Betriebskosten verteilen“, räumte Barz ein. Grundsätzlich sollten die Müllgebühren aber nach der Personenzahl aufgeteilt werden.

Kritisch äußerte sich auch Wolfgang März. Der Christdemokrat stärkte SPD-Mann Hort Leiste den Rücken, der in der Sitzung des Kreistags zum einen eine detaillierte Analyse der Gesamtkosten für das neue Chipsystem forderte, zum anderen aber auch die Rückkehr zum alten System anmahnte. „Die Bevölkerung ist nicht zufrieden damit“, so Leiste.

März wurde deutlicher: „Für viele Bürger ist das System ungerecht. Welche Chance haben wir als Kreistagsabgeordnete, nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr das System wieder umzuwandeln in das alte Solidarprinzip?“