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Nahverkehr NJL leistet sich teuren Rechtsstreit

Mindestens 100 000 Euro hat die NJL der Rechtsstreit mit dem Busfahrer Frank Endert gekostet.

Von Franziska Ellrich 10.09.2016, 01:01

Burg l Es ist der 4. Dezember 2013, als Busfahrer Frank Endert plötzlich seine Kündigung erhält. Fristlos. Nach 36 Jahren im öffentlichen Nahverkehr. Von einem „existenziellen Einschnitt“ spricht Rechtsanwalt Dr. Klaus Schiller. Bei ihm hat sich Endert sofort rechtlichen Rat geholt. Denn von Anfang an wollte Frank Endert zurück hinters Steuer. Deswegen die Klage gegen die Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land (NJL) vorm Arbeitsgericht.

Gleich in der ersten Instanz gewinnt Endert. Sein Rechtsanwalt fasst das Urteil zusammen: Das Gericht habe entschieden, die Kündigung ist unwirksam. Die Gründe der NJL-Geschäftsführung würden eine fristlose Kündigung in keinem Fall rechtfertigen. Welche das sind, will Geschäftsführerin Jutta Frömmrich leider auf Nachfrage der Volksstimme nicht beantworten.

Frank Endert sieht sich jedenfalls nach dem Urteil schon wieder Bus fahren. Als die NJL gegen die erste Entscheidung des Arbeitsgerichts vorgeht. Dass dadurch weitere Prozesskosten anfallen, scheint keine Rolle zu spielen. Endert und sein Anwalt lassen sich an dieser Stelle auf erste Vermittlungsversuche mit dem Landrat Steffen Burchhardt und dem NJL-Aufsichtsratsvorsitzenden Markus Kurze ein.

Eine Einigung mit Abfindung stand im Raum. Doch ohne Ergebnis. „Die Verständigung scheiterte am Aufsichtsrat“, blickt Rechtsanwalt Schiller zurück. Also ab vors Landesarbeitsgericht in Halle: Auch dort habe laut Rechtsanwalt Schiller der Richter schnell deutlich gemacht, dass bei der Sachlage, Endert „am Montag wieder auf Arbeit ist“.

Das wollte man offensichtlich bei der NJL vermeiden. Also kommt es doch noch zur Einigung: Erst mit Ablauf des Septembers 2016 wird Enderts Kündigung wirksam. Das heißt: Zweieinhalb Jahre Gehalt, ohne dafür eine Leistung erbracht zu haben. Weil man ihn leider nicht gelassen hat, erklärt Endert. Dazu kommt jetzt eine Abfindung in Höhe von 50 000 Euro. Das sagt Frank Endert zum Vergleich: „Ich bedauere sehr, dass ich nicht mehr als Busfahrer arbeiten kann.“ An all seine Fahrgäste der vergangenen 36 Jahre geht ein herzliches Danke. Was die NJL dazu zu sagen hat: Nichts.

Fünf Tage Zeit hat die Volksstimme Geschäftsführerin Jutta Frömmrich eingeräumt, um Stellung zu nehmen. Eine Antwort gab es bis Redaktionsschluss nicht. Nur einen aufgebrachten Anruf über die Nachfragen an sich. Eine Frage lautete: Wie rechtfertigen Sie, dass in Zeiten eines so klammen Haushalts und einem Fachkräftemangel, der auch den Bereich des öffentlichen Nahverkehrs betrifft, jemand gekündigt wird, der eigentlich weiter arbeiten will – und dass alles mit einer enorm hohen Investition bis zum Landesarbeitsgericht durchgefochten wird?

Das Arbeitslosengeld, was Endert zwischenzeitlich das Überleben gesichert hat, wird das Amt jetzt sicherlich bei der NJL eintreiben. Endert bekommt von der NJL noch den Lohnausgleich. Und hinzu kommen noch dreiviertel der Prozesskosten, die die NJL zu tragen hat. Vom Landkreis gab es dazu keinen Kommentar – da es sich bei der NJL um eine eigenständige Gesellschaft handele. Die allerdings zu hunderprozentig ein Tochterunternehmen des Kreises ist. Auch beim Aufsichtsrat hielt man sich bei Nachfragen bedeckt.

Und mit den Streitigkeiten vorm Arbeitsgericht nicht genug. Bei der NJL verklagte man nebenher nun auch noch Frank Endert. Mit dem Ziel: Der Kommunalpolitiker soll bestimmte Dinge über die Nahverkehrsgesellschaft nicht mehr sagen dürfen. Frank Endert ist Mitglied im Burger Stadtrat und Kreistag des Jerichower Landes.

Worum es bei der Anzeige ging: Auf technische Probleme bei den Fahrzeugen der NJL machte Frank Endert aufmerksam. Der Busfahrer sprach von einer Situation, als sich während der Fahrt die Türen seines Busses öffneten. Eine Zeugin konnte sich vor Gericht an diesen Vorfall erinnern. Der Fall ging bis vors Oberlandesgericht. Und wurde dort – mal wieder kostenpflichtig für die NJL – abgewiesen. Rechtsanwalt Klaus Schiller zufolge machte das Gericht deutlich, dass Endert sehr wohl Kritik äußern dürfe. Frank Endert: „Es ging mir immer nur um die Sicherheit der Fahrgäste.“