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Notbetreuung Kitas geraten an ihre Grenzen

Zu Beginn der Coronakrise hatten nur wenige Kinder in Burg Anspruch auf eine Notbetreuung. Nun steigt die Zahl der Kinder stark.

Von Thomas Pusch 18.05.2020, 01:01

Burg l Schlüsselperson, wohl auch eine Vokabel, die vor der Coronakrise kaum jemand kannte. Sie bezeichnet Menschen, die in sogenannten systemrelevanten Berufen tätig sind. Dies berechtigt ihre Kinder zur Notbetreuung in einer Einrichtung. Waren zu Beginn der Krise die Berufsgruppen noch sehr begrenzt und wurden für viele Kinder andere Unterbringungsmöglichkeiten gefunden, so steigen mit den zunehmenden Lockerungen die Schwierigkeiten in den Kindertagesstätten. Am Anfang standen vor allem die Kinder von Eltern, die im medizinischen Bereich oder bei der Polizei tätig sind, im Mittelpunkt. Auch wer für die Versorgung mit Strom und Wasser tätig war, konnte seinen Nachwuchs in die Obhut einer Einrichtung geben. Kontinuierlich kamen immer mehr Berufsgruppen hinzu, nach dem Personal im Handel seit der Öffnung vor zwei Wochen auch die Berufstätigen aus dem Kosmetikbereich. Es wird damit gerechnet, dass in der kommenden Woche auch die Kinder von Eltern aus der Gastronomie hinzukommen. Immer mehr Kinder, gleichbleibende Corona-Vorschriften wie kleine Gruppen und natürlich Abstand wahren.

„Die Situation ist eine große Herausforderung für die Leitung“, sagte Andy Martius Vorstand des DRK-Regionalverbandes Magdeburg-Jerichower Land, in dessen Trägerschaft die Burger Kindertagesstätte „Bambi“ ist. Derzeit seien dort 59 Kinder in der Notbetreuung, 76 hätten derzeit einen Anspruch. „Wenn sie einen freien Tag hat, darf die Krankenschwester ihr Kind aber nicht in der Einrichtung abgeben“, erklärte er Schwankungen. Ständig geändert hätten sich auch die Regeln für die Gruppengrößen, anfangs sei von zwölf Kindern die Rede gewesen, dann doch weniger. Kinder sollten in festen Gruppen bleiben, nur von einer Person, die eine Fachkraft sein muss, betreut werden – von früh bis spät. Da in der Kita nicht alle Erzieherinnen Vollzeit arbeiten und manche auch geschont werden, weil sie zu einer Risikogruppe gehören, war die Aufgabe von vornherein nicht leicht. „Mit den zusätzlichen Öffnungen sind wir an unsere Grenzen geraten“, erklärte Martius im Gespräch mit der Volksstimme.

Dass die Situation auch für die Kinder schwierig ist, will er dabei nicht in Vergessenheit geraten lassen. „Die Kinder sollen sich nicht begegnen, vielleicht ist aber der Freund oder die Freundin in einer anderen Gruppe, das ist hart“, nannte er ein Beispiel. Da bleibe nur zu hoffen, dass es bald zu mehr Normalität kommt.

„Im Moment kommen wir mit dem Personal noch hin“, sagte Sybille Frank, Leiterin der städtischen Kindertagesstätte „Regenbogen“. Und nannte dann gleich auch ein Beispiel, was das Arbeiten derzeit schwierig mache. Wenn zum Beispiel drei Kinder gleich um 5.30 Uhr morgens kommen, dürfen die nicht wie sonst in einer gemeinsamen Frühgruppe betreut werden. Da sie immer in derselben Gruppe verbleiben sollen, „muss ich drei Kolleginnen gleich morgens einsetzen, die sich jeweils um ein Kind kümmern“.

Allerdings kann sie der negativen Situation auch etwas Positives abgewinnen. „Die kleineren Gruppen ermöglichen es jedem Kind, eher zu seinem Recht zu kommen“, sagte sie. Es gebe einen deutlichen Unterschied zwischen Gruppen mit zehn oder zwölf Kindern und den vollbesetzten Gruppen von etwa der doppelten Größe. Es herrsche mehr Gelassenheit auf beiden Seiten und die Erzieherinnen könnten viel besser auf die Entwicklung ihrer Schützlinge eingehen. „Unsere Annahme, das kleinere Gruppen besser sind, hat sich nun bestätigt“, fasste sie zusammen. Weil dafür aber mehr Personal notwendig sei, werde sich dieses Modell in regulären Zeiten wohl nicht umsetzen lassen.

„Wir sind in der Notbetreuung fast ausgereizt“, signalisierte Kerstin Wernstedt, Leiterin der Kindertagesstätte „Lummerland“ gegenüber der Volksstimme. Trägerin der integrativen Einrichtung ist die Lebenshilfe und dort haben nicht nur die Kinder mit Eltern aus systemrelevanten Berufen ein Anrecht auf Betreuung. Da gebe es auch den Kinderschutzauftrag und die Eltern müssten unterstützt werden.

Wegen des integrativen Modells sei der Personalschlüssel günstiger als bei anderen Einrichtungen, allerdings seien die Anforderungen auch höher. Auch sie bemängelt, dass es ständig andere Richtlinien gegeben habe, beispielsweise bei der Gruppengröße. Anfangs habe es ja noch geheißen, fünf Quadratmeter seien pro Kind notwendig. „Wir versuchen, allen gerecht zu werden, unser Spielplatz ist recht groß, da können wir die Kinder gut aufteilen“, meinte die Leiterin. Wenn möglicherweise in ein paar Wochen wieder alle Kinder kommen dürften, dann sei die große Frage, wie die Richtlinien eingehalten werden sollen. „Wie das dann mit dem Abstand funktionieren soll“, nannte sie ein Beispiel, „ist eine der ganz großen Fragen“.