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Notfallseelsorge Signale hören und verstehen

Notfallseelsorger im Jerichower Land werden gesucht. Katrin Wurm hat mit Pfarrer Peter Gümbel über die Arbeit gesprochen.

Von Katrin Wurm 07.10.2016, 01:01

Volksstimme: Herr Gümbel, was genau ist die Notfallseelsorge?

Peter Gümbel: Die Notfallseelsorge hilft Menschen, die plötzlich in eine starke psychische Ausnahmesituation geraten sind. Zum Beispiel Betroffene nach einem Unfall, die körperlich unverletzt geblieben sind, aber den Schrecken noch nicht verarbeitet haben. Oder Angehörige, die gerade miterleben oder erfahren mussten, dass ein Familienmitglied gestorben ist. In solchen akuten Situationen stehen viele Menschen unter Schock und dürfen nicht allein gelassen werden. Die Notfallseelsorge begleitet diese Menschen in den ersten Stunden, bis der betroffene Mensch durch eigene Kräfte oder weitere Hilfe von Familie oder Nachbarn die nächsten Schritte für sich gehen kann.

Welche Voraussetzungen sollte man als Notfallseelsorger mitbringen?

Die wichtigste Voraussetzung ist Wahrnehmungsvermögen. Man muss gut auf die Signale des betroffenen Menschen hören können, ihn sehen und dann versuchen zu verstehen, was für ihn jetzt gut ist. In jedem Einsatz kann es dabei um andere Bedürfnisse gehen. Einfühlungsvermögen bedeutet dabei, den betroffenen Menschen auch in seinen vielleicht ungewöhnlichen Reaktionen zu verstehen. Und man braucht Geduld, denn in einer extremen Situation kann nichts schnell wieder so sein, wie es vorher war.

Wann kommen Notfallseelsorger zum Einsatz?

Die Notfallseelsorger in einem Team haben einen Bereitschaftsplan. Jeder trägt sich ein, so wie man Zeit und Kraft hat. Wenn die Rettungskräfte vor Ort entscheiden, dass ein Notfallseelsorger gebraucht wird, wird man entsprechend dem Plan von der Rettungsleitstelle angerufen und zur Einsatzstelle bestellt. Das kann bei einem Unfall mitten auf der Autobahn sein. Beim plötzlichen Sterbefall in der Familie ist es meistens das Zuhause der betroffenen Angehörigen. Selten wird man zur Notfallseelsorge auch ins Krankenhaus gerufen. Wenn die Polizei eine Todesnachricht überbringen muss, kann es auch vorkommen, dass der Notfallseelsorger die Beamten begleitet und dann bei der Familie bleibt.

Wie sieht die Ausbildung eines Notfallseelsorgers aus?

Die Ausbildung findet in Wochenendkursen statt, die in regelmäßigem Abstand in Sachsen-Anhalt und in anderen Bundesländern angeboten werden. Mindestens drei Wochenenden lang ist die Grundausbildung. Daran schließen sich Fortbildungen und Supervision an. Außerdem trifft man sich regelmäßig im Team, um Erfahrungen auszutauschen.

Wie ist die derzeitige personelle Situation der Notfallseelsorger im Jeriochwer Land?

Wir sind zur Zeit elf ehrenamtliche Notfallseelsorger im Team und würden uns über Verstärkung freuen. Der nächste Kurs beginnt im November. Selbst wenn man im Anschluss an die Grundausbildung nicht in die Notfallseelsorge gehen möchte, lohnt es sich für einen selbst persönlich, die Gespräche und die Ausbildung im Team miterlebt zu haben.