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Wolfsichtung Wolf streift durch Erholungsgebiet

Wolfsalarm nicht nur am Niegripper See. Ein Wolf durchstreift auch das Naherholungsgebiet am Parchauer See.

Von Mario Kraus 15.02.2019, 00:01

Parchau l Martina Becker kann es immer noch nicht fassen: Als ihre Schwester am frühen Montagmorgen nur wenige Meter von den Bungalows entfernt stand, hat sie sich auf den ersten Blick gewundert, dass der treue Vierbeiner Kira auch schon auf den Läufen war und an den Kiefern entlanglief. Der zweite Blick versetzte sie dann in eine Art Schockstarre: Das war nicht die Hündin, sondern ein Wolf. Die junge Frau blieb zunächst stehen, während der Wolf um sie herum zog und dann langsam die kleine Anhöhe hinunter verschwand.

„Wir waren alle geschockt, als sie uns danach davon erzählte“, sagt Martina Becker. Als Familien aus dem Naherholungsgebiet dann wenig später noch die Volksstimme aufschlugen und erfuhren, dass nur einige Kilometer entfernt am Niegripper See drei Schafe durch den Wolf gerissen worden waren, „waren wir alle sehr beunruhigt“, sagt auch Detlef Pakebusch. „Das kann jetzt nicht zur Normalität werden“, meint er. „Bisher konnten hier die Kinder ungestört spielen, aber jetzt macht sich doch Unbehagen breit.“ Das sieht auch Rico Durau so, der den Wolf am See nach eigenen Angaben auch vor wenigen Tagen beobachten konnte.

Dass der Wolf tatsächlich auch in den Elbanrainergemeinden Burgs angekommen ist, bestätigen laut Parchaus Ortsbürgermeister Lutz Wernecke auch die heimischen Jäger. „Ich bin von unseren Weidmännern bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Wolf gesehen wurde.“ Da er mittlerweile wenig Scheu vor den Bungalows zeige, müsse gehandelt werden.

Er macht sich ebenso wie sein Niegripper Kollege Karl-Heinz Summa Sorgen, dass der Wolf mittlerweile typische Erholungs- und Freizeitgebiete aufsuche. „Diese Entwicklung geht eindeutig zu weit“, sagt Summa und verweist auf den Naturerlebnispfad, der gern von Schulklassen, Fahrradtouristen und Kindergruppen angenommen wird und sich ganz in der Nähe der Schafherde befindet, von denen der Wolf am Sonntag drei Tiere gerissen hat. „Ich kann verstehen, wenn manche Einwohner jetzt Angst haben“, sagt Summa.

Dazu gebe es keinen Anlass, sagt Julia Kamp vom Wolfskompetenzzentrum Iden in der Altmark. Sollten beispielsweise Spaziergänger auf Wölfe treffen, hätten diese bislang immer das Weite gesucht. „Wenn man laut in die Hände klatscht, genügt das in der Regel.“ Und falls der Wolf tatsächlich regelmäßig die Nähe des Menschen oder eben einer Bungalowsiedlung aufsuche, sollte dies zunächst beobachtet werden. Die Expertin: „Bei so genannten Problemwölfen wird auch gehandelt.“ Ob dies in Parchau der Fall ist, müsse sich allerdings erst herausstellen. Dazu könnten Aufnahmen von Wildkameras, die jetzt installiert werden, dienen. „Wir nehmen die Hinweise aus Parchau sehr ernst und entscheiden nach der Auswertung über weitere Schritte.“

Für die Jägerschaften sind solche Schritte bereits überfällig. Pieter Ziems, Vizepräsident des Landesjagdverbandes und Vorsitzender der Jägerschaft Burg, fordert die Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht „ohne Jagdzeit“. Bei der rasanten Populationsdynamik seien Schutzjagden nach skandinavischem Vorbild unerlässlich.

Zur Erklärung: Dort wird jährlich zu einer bestimmten Zeit eine festgelegte Anzahl an Tieren erlegt, damit die Bestände nicht Überhand nehmen. Möglicherweise sei das auch für Deutschland ein gangbarer Weg für die Zukunft, sagt Burgs Vize-Bürgermeister Jens Vogler. Wenn die Wolfsbestände zu groß seien und sich deshalb Probleme für die Menschen entwickeln, müsste auch die Bejagung unbürokratisch ermöglicht werden. „Dabei geht es nicht um eine Ausrottung der Tiere.“

Ist die Wolfspopulation in Sachsen-Anhalt zu hoch? Dies könne erst beantwortet werden, wenn alle Sichtungen oder Risse auch tatsächlich gemeldet und analysiert werden, sagt Julia Kamp.