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Pflegekräftemangel Die Grenze ist bereits erreicht

Auch in Burg und Genthin fehlt es an Pflegefachkräften und Azubis-Nachwuchs. Ein Problem, das sich in Zukunft noch mehr verschärfen wird.

Von Nicole Grandt 14.11.2020, 00:01

Burg l „Es fehlen schlicht die Mitarbeiter.“ Dieses Fazit zieht Angela Baumgarten, Leiterin der DRK-Sozialstation Burg, in einer Pressemitteilung. Beim DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e. V. arbeiten derzeit 375 Pflegefachkräfte. Der Bedarf ist allerdings höher. Die Grenze, die mit dem bestehenden Personal betreut werden kann, ist erreicht.

„Die Gewinnung von Mitarbeitern ist schwierig“, merkt Christian Luckau, Sprecher des DRK- Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e. V., im Gespräch mit der Volksstimme an. „Fachkräfte anwerben ist nicht einfach. Das DRK ist eine Familie, zu der man gehören möchte.“ Aber auch das Erweitern dieser Familie gestaltet sich als Aufgabe mit einigen Hürden. Es gibt reichlich Ausbildungsmöglichkeiten beim DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e. V.. Doch diese Stellen zu besetzen, ist schwierig. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die deutschen Auszubildenden zu 80 Prozent abbrechen im ersten halben Jahr“, berichtet Luckau.

„Mittlerweile fokussieren wir uns auf eine Ausbildung im Regionalverband, um neue Fachkräfte für die Arbeit bei uns zu begeistern. Hierbei haben wir Kooperationen geschlossen, die weltweit Auszubildende für die Pflege werben“, erläutert DRK-Vorstand Frank Ruth. „Das ist tatsächlich derzeit das einzige, das wir noch machen können, um mehr Auszubildende zu finden“, bestätigt Luckau. „Die Abbruchquote vor allem bei deutschen Azubis ist zu hoch, damit können wir einfach nicht arbeiten.“ Er hofft, dass es ausreicht, die Ausbildungsplätze mit internationalen Bewerbern zu besetzen, um den Fachkräftemangel im Bereich der Pflege abzufedern. Betroffen ist sowohl der ambulante, als auch der stationäre Bereich.

Im Jahr 2020 hat der DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e. V. 20 Azubis eingestellt. „Wie viele dann nach der Ausbildung bei uns bleiben, ist natürlich fraglich. Das wissen wir nicht und können nur hoffen, dass möglichst viele anschließend bei uns weiter arbeiten.“ Das DRK bietet den Azubis und Mitarbeitern deswegen tarifliche Angebote, die Luckau als „sehr gut“ einstuft. „Woanders wird oft kein tariflicher Lohn gezahlt und wir bieten auch noch eine Altersvorsorge an. Die Anreize, beim DRK im Bereich der Pflege zu arbeiten, sind schon groß.“

Auch Luckau ist klar, dass der Pflegeberuf in der Gesellschaft negativ betrachtet wird. Pflegekräfte arbeiten mit Herz und mit Menschen, die ihnen vertrauen. Nicht überall wird dies auch anerkannt. „Hinzu kommt ja auch, dass man am Wochenende und an Feiertagen arbeiten muss. Und viele Leute sind nicht bereit, so zu arbeiten.“ Dass die Frage des Nachwuchses im Bereich der Pflege dringlich ist, betont er erneut: „Das ist ja ein Problem, das in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich noch größer wird. Wenn wir jetzt keine Leute finden, denen wir den Beruf vermitteln können, haben wir ja auch später kaum noch Leute, die das weitergeben werden.“

Dass sich das Problem verschärfen wird, dafür sprechen auch die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Derzeit sind 19,5 Prozent der deutschen Bevölkerung über 67 Jahre. Im Jahr 2060 wird der Anteil der Bevölkerung über 67 Jahre vermutlich auf 27,4 Prozent gestiegen sein. Und mehr ältere Menschen bedeutet auch, dass es mehr Bedarf in der Pflege gibt. Da gleichzeitig aber der Anteil der jüngeren Bevölkerung geringer wird, ist zu befürchten, dass der Mangel an Pflegefachkräften noch wachsen wird.

„Uns fehlen in der stationären und ambulanten Pflege mittlerweile Pflegefach- und Pflegehilfskräfte an verschiedenen Orten. Dies führt dazu, dass wir Anfragen auf Pflege in beiden Bereichen bereits ablehnen müssen“, fasst Luckau zusammen. In der Sozialstation Burg gibt es diese Entwicklung. Nach Angela Baumgartens Angaben muss sie mittlerweile Anfragen von bis zu fünf Patienten im Monat ablehnen. „Wir müssen uns an einen bestimmten Fachkräfteschlüssel halten. Dieser liegt bei 60 Prozent Fachkräfte und 40 Prozent Hilfskräfte in den Einrichtungen. Können wir diesen aufgrund fehlenden Personals nicht erfüllen, müssen wir Anträge auf Aufnahme in stationäre Pflege ablehnen“, heißt es auch vom DRK-Vorstand Ruth.

Dabei ist der DRK-Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land nicht untätig gewesen, um mehr Menschen für den Beruf der Pflegefachkraft zu gewinnen. Es wurden mehrere Angebote und Aufrufe in den sozialen Medien gepostet. „Auf Facebook haben wir Stellenangebote veröffentlicht und auch Instagram einbezogen. Auch auf unserer Internetseite waren die Angebote zu finden. Aber die Rückmeldungen, die wir erhalten haben, sind extrem gering“, bedauert Luckau. Hinzu kommt ein weiteres Problem: „Es kommt auch vor, dass der Qualifizierungsgrad der Personen, die das machen wollen, fehlt. Denn auch eine Hilfskraft muss ja eine gewisse Grundqualifikation haben. Natürlich nicht in dem Maße wie eine Fachkraft, aber man kann eben nicht vom Taxifahrer gleich zur Hilfskraft in der Pflege werden.“ Denn die Arbeit von Pflegepersonal ist komplex, erfordert Empathie und ist sehr verantwortungsvoll. „Die Arbeit als Pflegefachkraft ist durchaus anspruchsvoll und keineswegs allein mit der körperlichen Pflege abgedeckt“, weiß auch Ruth, der als Vorstand beim DRK-Regionalverband für den Bereich Pflege verantwortlich ist.

Wie dramatisch die Lage deutschlandweit ist, zeigen die Zahlen des statistischen Bundesamtes: Schon im Jahr 2025 werden in Deutschland rund 110.000 Pflegefachkräfte fehlen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung geht sogar von 140.000 bis 200.000 fehlenden Fachkräften bis 2025 aus.