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Rechtsstreit Spenden gesammelt, Anzeige kassiert

Für einen Tierschutzverein haben Aline Engel und Anja Seeger Geld für Hundefutter gesammelt. Jetzt gibt es eine Anzeige.

Von Tobias Dachenhausen 08.07.2016, 01:01

Burg l Die Idee ist lobenswert. Mit Hilfe einer Internet-Plattform haben Aline Engel und Anja Seeger Geld gesammelt, um einen Tierschutzverein zu unterstützen, der eine Hundeauffangstation in Ungarn betreibt (Volksstimme berichtete). Von den knapp 1500 Euro wollten die beiden Frauen Tierfutter und Hygieneartikel für Hunde besorgen und persönlich nach Ungarn bringen. Eine langwierige Erkrankung machte den beiden jedoch einen Strich durch die Rechnung, so dass die Spenden per Post an die Sachspenden-Adresse des Vereins in Nürnberg verschickt worden sind. Ähnlich ist es bereits Anfang Dezember gelaufen. Den Kontakt zu Katalin Kerner, die Vorsitzende des Vereins, der die ungarische Tierauffangstation betreut, beschreibt Aline Engel als „freundlich, offen und nett“. Doch mit der aktuellen Spendenaktion sollte sich dieses Bild ändern.

Katalin Kerner meldet sich Ende Juni bei der Volksstimme und erhebt schwere Vorwürfe. Das Geld der März-Spendenaktion sei nie an den Tierschutzverein ausgezahlt worden. Der Verein werde seit über einem Monat mit Ausreden vertröstet. Kerner erstattet gegen die beiden eine Anzeige wegen Betruges und Unterschlagung.

Aline Engel und Anja Seeger sind geschockt. Fast täglich wurden sie von fremden Personen angerufen. „Wir fühlten uns bedroht. Diese Anschuldigungen entsprechen nicht der Wahrheit. Die gesamte gespendete Summe wurde für Futter verwendet“, sagt Engel. Das Futter soll zwischen dem 1. und dem 26. Juli in Nürnberg eintreffen. Die entsprechenden Lieferbestätigungen liegen der Volksstimme vor. Doch der Verein hätte lieber Bargeld gesehen, so die beiden Frauen. Mehr wollen sie zu dem Vorfall nicht sagen, denn mittlerweile ist es ein laufendes Verfahren.

Die beiden Frauen haben den gesamten Mailverkehr der Polizei übergeben und ihrerseits Anzeige wegen Beleidigung und Verleumdung gestellt. „Das wird jetzt geprüft“, bestätigt Polizeisprecher Thomas Kriebitzsch.

Das Interesse für den Auslandstierschutz fing an, als Aline Engel die Neuigkeiten verschiedener Tierschutzorganisationen mit ihren Freunden im Internet teilte. Ihre eigene Hündin hat sie mit Hilfe eines rumänischen Tierschutzvereins adoptiert. Bei einer bekannten Tiersendung eines Privatsenders wurde der Tierschutzverein Konrád Lorenz und sein Schaffen vorgestellt. „Darum haben wir gedacht, das wäre alles seriös. Vielleicht waren wir ein bisschen naiv“, blickt Engel zurück.

Das Konrád Lorenz Tierheim befindet sich auf einem privaten Gelände in der Stadt Mártély in Ungarn. Die Besitzerin des Grundstücks, Katalin Kerner, ist auch die Gründerin des Tierheims. Dieses existiert nach Angaben auf der eigenen Facebook-Seite seit mittlerweile 15 Jahren und wird ausschließlich durch Eigenleistungen von Kerner und Spenden finanziert. Die Hauptaufgabe wird mit der Rettung von Tieren aus den umliegenden Tötungsstationen beschrieben. „Im Tierheim leben zwischen 200 und 250 Hunde, die dort gechipt, geimpft und kastriert auf ein schönes zu Hause warten“, heißt es auf Facebook. Geldspenden können auf ein ungarisches Konto überwiesen, Sachspenden an eine Adresse in Nürnberg verschickt werden.

Volksstimme-Recherchen lassen den Verein bzw. ihre Vorsitzende zumindest zwielichtig erscheinen. Die Stadtverwaltung in Heroldsberg, wo der Verein gemeldet ist, habe nach eigener Aussage keine Kenntnis von einem dort befindlichen Tierschutzverein. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth habe laut Pressesprecherin Antje Gabriels-Gorsolke in den vergangenen Jahren immer mal wieder gegen die Vorsitzende des Vereins etwas vorliegen. Konkret festgestellt, wurde aber nichts. Eine Anzeige wegen Betruges aus dem März dieses Jahres liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft Bremen. Dabei geht es laut Behörde um eine Anzeige eines Tierarztes wegen nicht beglichener OP-Kosten für ein Tier. „Hier laufen die Ermittlungen“, heißt es von der Staatsanwaltschaft.

Nach Angaben des Amtsgerichtes Fürth sei der Verein bereits seit 2011 im dortigen Vereinsregister eingetragen. Jedoch: „Gemäß Eintragung vom 28. Juli 2014 ist der Verein nun aufgelöst“, erklärt Pressesprecherin Theresa Sargo-Wiedner.

Katalin Kerner hat auf Nachfragen der Volksstimme bis zum gestrigen Redaktionsschluss nicht geantwortet.

Bei Organisationen im Ausland sei es immer schwieriger zu sagen, wann diese als seriös anzusehen sind, da man nicht auf Spendensiegel oder dergleichen zurückgreifen könne, heißt es vom Deutschen Tierschutzbund. „Wir empfehlen darauf zu achten, dass der Verein nachhaltige Arbeit vor Ort leistet. Das heißt Kastrationsaktionen von Straßentieren und Tieren aus Privathaushalten sowie Aufklärungsarbeit vor Ort, um die Situation der Tiere langfristig zu verbessern“, erklärt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Dieser Aufgabe nimmt sich der Tierschutzverein Konrád Lorenz nach eigenen Angaben an. Zudem würden die Hunde dort auf ein neues Zuhause warten. Dabei vertritt der Tierschutzbund die Auffassung, „dass das Verbringen von Tieren aus dem Ausland nach Deutschland nur in Ausnahmefällen beschränkt bleiben sollte. Denn das alleinige Verbringen der Tiere ändert die Situation vor Ort nicht nachhaltig“, so die Pressereferentin.

Seitdem die Futterspende verschickt wurde, haben Aline Engel und Anja Seeger nichts mehr vom Verein und deren Vorsitzende Katalin Kerner gehört. Die angedrohte Anzeige ist bislang nicht eingetroffen. Ihr Engagement werden sie fortsetzen. „Es geht ja um die Tiere“, sagt Engel weiterhin motiviert. Gegen Katalin Kerner hält sie sich bedeckt. „Sie scheint viel für die Tiere zu machen und zu bewegen. Die Frage ist aber immer, auf welche Art und Weise“, so Aline Engel.