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Restaurierung Reesen: Orgelklänge wie 1938

Mit einem Gottesdienst wurde die restaurierte Orgel in der Kirche Reesen wieder eingeweiht.

Von Bettina Schütze 27.06.2017, 01:01

Reesen l „Ihre Orgel ist ein Instrument, das eigentlich noch unverändert ist. Sie hören hier die Klänge so, wie sie schon 1838 klangen“, freute sich Orgelbaumeister und Restaurator Matthias Beckmann aus Friesack/Havelberg. Und Pfarrer Thomas Seeber fügte hinzu: „Die Orgel ist ein schönes Bild für die Gemeinde. Erst wenn alles zusammen ist und passt, klingt es.“

Im März 2017 wurden durch die Fachfirma aus Friesack Verschmutzungen beseitigt, der Verschleiß behoben und alle Teile gereinigt. Die Kosten für die Generalüberholung lagen bei rund 6000 Euro.

Orgelbaumeister und Restaurator Matthias Beckmann erläuterte den Besuchern in der gut besuchten Kirche noch einige Besonderheiten der Orgel. Dazu gehört das Klangkonzept. Matthias Beckmann: „Es wurde eine eigene Klangwelt für die Orgel zu dieser Zeit geschaffen. Mit wenigen Grundstimmen konnte eine breite Klangpalette erzeugt werden.“ Außerdem gab es neben den üblichen Metallpfeifen überhaupt kein Gehäuse. „Das ist äußerst selten“, so der Orgelbaumeister.

Axel Bayerl aus Friesack begleitet den Gottesdienst an der Orgel und durfte zum Abschluss noch eine Zugabe spielen.

In der Chronik der Reesener Kirche finden sich 1825 erste Hinweise auf die Orgel. Damals wollte die Gastwirtschaftswitwe Fleischmann aus Reesen wieder verheiraten. Aus diesem Grund wollte die Witwe Fleischmann der Kirche 100 Taler für eine neue Orgel schenken. Sie machte für die Schenkung zur Bedingung, dass die Orgel von Kantor Schwarzlose aus Kade gebaut wird. Die Kirchengemeinde stimmte zu. Durch eine Sammlung in der Gemeinde wurde das noch fehlende Geld zusammen bekommen. Es kamen 39 Reichsthaler zusammen. Die Gebrüder Barone von Plotho, Freiherren zu Engelmünster, spendeten 50 Reichsthaler. Damit konnte die Orgel beim Orgelbauer in Kade bestellt werden.

Der Handel zum Kauf der neuen Orgel wurde am 8. Juni 1825 mit einem Preis von 253 Reichsthaler geschlossen. Der bei diesem Kauf als Gutachter und Sachverständiger hinzugezogene Organist Bethge aus Burg stellte fest, dass der Wert der Orgel fast doppelt so hoch sei, wie vom Erbauer gefordert worden war.

 

Zum ersten Mal erklang die neue Orgel am ersten Sonntag im Juli 1825. Der damalige Kantor und Lehrer Wille durfte der Erste sein, der auf der Orgel spielte.

Dann gibt es erst wieder Aufzeichnungen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges aus dem Jahr 1917. Dort ist nachzulesen, dass am 26. Juni 1917 neben der größeren Glocke, die noch im Turm zerschlagen wurde, auch 43 Prospektpfeifen der Orgel vom Staat beschlagnahmt und zur Sammelstelle nach Hohenseeden gefahren werden mussten. Für den erzielten Betrag wurden 1500 Mark für die siebente Kriegsanleihe gezeichnet.

Im November 1933 hatte der Gemeindekirchenrat unter Vorsitz von Pastor Dienemann beschlossen, verschiedene Arbeiten an der Kirche und am Pfarrhaus durchzuführen. Unter anderem auch, dass die Orgel gründlich nachgesehen werden muss.

Als die Kirche 1934 renoviert wurde, wurde auch ein Gutachten über die Orgel erstellt. Dabei wurde festgestellt, dass die Orgel 100 Jahre alt sei und sich in einem bedauerlichen Zustand befinde. Die Orgelpfeifen waren schlecht und das Holz mit Holzwürmern befallen.

Am 28. Juli 1938 wurde dann auf der Sitzung des Gemeindekirchenrates endgültig die Erneuerung der Orgel beschlossen. Die Finanzierung sah wie folgt aus: 1000 Reichsmark als unverzinstes Darlehen vom Evangelischen Konsistorium der Provinz Sachsen und der Rest leiht die Kirchenkasse von der Pfarrkasse Reesen, verzinst mit dreieinhalb Prozent, bei einer jährlichen Tilgung von 150 Reichsmark. Die Gesamtkosten lagen bei 2700 Reichsmark. Die Arbeiten wurden von der Firma Emil Hammer, einem Orgelbauer aus Hannover, übernommen. Dabei wurden auch die Orgel- durch Zinspfeifen ersetzt. Die Fertigstellung der Orgel erfolgte im Jahr 1939.

Ein elektrisches Gebläse erhält die Orgel im Jahr 1961. Damit entfiel das Treten des Orgelgebläses. Die Kosten dafür lagen bei 750 Mark. Die Arbeiten führte die Firma Schuster & Sohn aus Zittau aus.