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Schweinezucht Nach Richterspruch ändert sich die Branche

Das Jerichower Land hat mit einem Rechtsstreit mit dem holländischen Schweinezüchter Adrianus Straathof bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Von Andreas Mangiras 07.12.2016, 10:00

Burg/Genthin l „Wir sind mit den Unternehmen, nicht nur mit den Straathof-Nachfolgern in einen echten Dialog gekommen.“ Das ist für Landrat Steffen Burchhardt (SPD) das zentrale Ergebnis des langjährigen Konfliktes. Er ist felsenfest davon überzeugt, den richtigen Weg beschritten zu haben. Noch sind nicht alle Rechtstreitigkeiten abgeschlossen, aber die Verfahren und Urteile werden die Branche verändern, sagt Burchhardt.

Deren konkrete Anfänge liegen im Jerichower Land schon im Oktober 2012, in der Zeit seines Amtsvorgängers Lothar Finzelberg. Veterinäre des Kreises hatten in einer Straathof-Anlage in Demsin erhebliche Probleme mit Platzmangel für die gehaltenen Schweine aufgedeckt. Das Unternehmen wurde aufgefordert, bis zum Jahresende sämtliche belegten Kastenstände so zu gestalten, dass die Schweine sich ungehindert hinlegen, ausstrecken und wieder aufstehen können.

Jetzt, Ende November 2016, nun der Endpunkt: Schweine brauchen auch in herkömmlichen Zuchtbetrieben mehr Platz, vor allem zum Hinlegen, erklärte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig und wies damit eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu einem damit nun rechtskräftigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt zurück (Az.: BVerwG 3 B 11.16).

Das von Straathof initiierte Firmengeflecht zählt zu den größten Schweinezüchtern Europas, rund eine Million Ferkel werden in seinen Betrieben jährlich produziert. Von sechs Anlage in Sachsen-Anhalt gibt es drei im Jerichower Land: Gladau, Demsin und Loburg.

„Es war nie unser Ziel, den Unternehmen zu schaden. Das kann nie Ziel einer Behörde sein“, weist Burchhardt Vorwürfe zurück, die im Laufe der langwierigen Rechtsstreitigkeiten erhoben wurden. „Wir haben keine Arbeitsplätze vernichtet. Aber weil die Branche sich nicht auf gemeinsame Regeln verständigen konnte, mussten inhaltliche Lösungen her. Die Behörde gibt den Rahmen vor“, stellt Burchhardt klar.

Dafür hat die Kreisverwaltung einen enormen Aufwand betrieben. „Wir hielten es für notwendig. Wir waren uns der Tragweite bewusst“, rechtfertigt der Landrat das Vorgehen der Kreisbehörde und sieht sich bestätigt: „Wir haben in allen Instanzen Recht bekommen und wir haben, entgegen der Vorwürfe, nicht überzogen.“

Dass es am Ende zum Erfolg führte, macht ihn „ein bisschen weit stolz“ - auf die mit der Aufgabe betrauten Mitarbeiter. Er würdigt, „wie das Haus sachgerecht und professionell gearbeitet hat und wie die Kollegen das Haus nach außen vertreten haben“.

Das Urteil gilt zwar zunächst nur für die beteiligten Parteien. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesverwaltungsgerichts. Es habe aber Wirkung über den Fall hinaus, weil es sich um die höchstrichterliche Auslegung einer Rechtsnorm handele. Im Kern heißt das: Unternehmen müssen dafür sorgen, dass Schweine ausreichend Platz bekommen, um sich hinlegen zu können.

Burchhardt sieht das ebenso. „Es wird Veränderungen geben. Die Firmen sind jetzt zum Dialog bereit. Es hat sich schon einiges gebessert. Wir werden weiter kontrollieren.“ Er geht davon aus, dass noch anhängige Rechtsstreitigkeiten nach dem Grundsatzurteil Formalien sein werden.

Als einen „Schritt in die richtige Richtung“ hatte Dorothea Frederking, agrarpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, das rechtskräftige Urteil bezeichnet.

Auch im Bauernverband Sachsen-Anhalt sieht man Veränderungsbedarf. 19 Sauenhalter im Land beteiligen sich an einem bundesweit einmaligen Pilotprojekt, wie der Verband jüngst gegenüber der Volksstimme informierte. Ziel sei es, die Tage für die Schweine in den Kastenständen zu minimieren oder sogar ganz darauf zu verzichten.