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Spitze-Wahl 2017Die Erfinderin des 48-Stunden-Tages

Die 18-jährige Claudia Zens bereitet sich derzeit neben all ihren Ämtern auf ihr Abitur vor.

Von Juliane Just 07.02.2017, 00:01

Burg l „Ja, ich bin eine hoffnungslose Streberin“, sagt die blonde 18-Jährige lachend. Damit beweist sie, dass man diesen Satz heutzutage durchaus mit Stolz sagen kann. Streberhaft, weil Claudia Zens alles, was sie beginnt, mit Vehemenz und Hartnäckigkeit durchsetzt und damit sehr erfolgreich ist.

24 Stunden pro Tag reichen für das Pensum der jungen Frau nicht aus. Schulstunden, Chorproben, Abiturvorbereitung, Schülersprechersitzungen oder Forumsdiskussionen benötigen viel Zeit. „Mein Tag hat definitiv 48 Stunden“, sagt die aufgeweckte Schülerin schmunzelnd. Eine 40-Stunden-Woche wird somit per Augenzwinkern verdoppelt – ein Wettlauf mit der Zeit.

Als Sprachrohr der Schüler engagiert sie sich im Rolandgymnasium. Vor zwei Jahren wurde sie für das Amt vorgeschlagen, eigentlich ist sie in der Schülervertretung tätig. Damit kam ein weiteres Amt dazu. „Ich tanze auf vielen Hochzeiten – so bin ich einfach“, sagt die Zwölftklässlerin. Im Kontakt mit Lehrerschaft, Elternschaft und dem Förderverein sorgt sie dafür, dass die Schüler eine Stimme haben und bei Dingen wie der Schulhofgestaltung mitbestimmen können. „Für 812 Schüler zu sprechen, ist eine große Verantwortung und macht mich stolz“, berichtet sie.

Ihr Steckenpferd war der „Tag der Toleranz“, der im Rolandgymnasium mit Essen und Musik einen Raum für Gespräche aller Nationen bieten sollte. Die Flüchtlingskrise war zu diesem Zeitpunkt, im November 2015, auf dem Höhepunkt. „Wir hatten als Schule das Gefühl, dass wir uns hier in Burg zu diesem Thema positionieren müssen“, erklärt Claudia Zens. Die Veranstaltung war ein riesiger Erfolg, für den die Schülersprecherin bis heute gelobt wird. „Das fühlt sich sehr gut an, auch wenn die persönliche Belastung in der Planungszeit hoch war“, denkt die 18-Jährige zurück.

„Diese Aufgabe wird mir fehlen“, gibt die Schülerin zu. Mit Ende des Abiturs endet auch ihr Amt als Schülersprecherin. Ihr Nachfolger sollte ähnlich stark sein wie die junge Frau. „Die Schüler brauchen einen Anführer, der sie zur Not eben auch mal in den Hintern tritt“, sagt sie schmunzelnd. Sie sei sicher, dass man sich an ihren Namen noch eine Zeit lang erinnern wird – das sagt sie ganz ohne Allüren.

Wenn es in den Finger kribbelt und das innere Verlangen groß ist, dann sollte besser ein Klavier in der Nähe der leidenschaftlichen Musikerin stehen. „Ich muss dann spielen, ich kann nicht anders“, erzählt sie. Doch nicht nur am Flügel, auch an Gitarre, Ukulele, Orgel oder Percussion kann sie ihren musikalischen Drang ausleben. Zusätzlich singt sie mit ihrer Alt-Stimme im Chor. Fast täglich steht eine musikalische Probe auf dem Tagesplan, aber das nimmt Claudia Zens mit Hingabe in Kauf: „Ohne Musik geht bei mir nichts. Sie ist mein Ausgleich.“

Der Jugend eine Stimme geben – diese Aufgabe hat sich die 18-Jährige auch als Vorsitzende des Kinder- und Jugendforums auf die Fahne geschrieben. Im Oktober 2015 entstanden, sollte das Forum, mit je einem Mitglied jeder Schule, jedes Jugendclubs und jeder Partei, Anträge für die Förderung von Jugendprojekten stellen. 6000 Euro warteten im Fördertopf, ausgeschöpft wurde nur wenig, da das Forum unter Teilnehmermangel litt. „Die Burger Jugendlichen sind zu unmotiviert“, resümiert die 18-Jährige. Doch sie gibt das Projekt längst nicht auf, ein baldiges Treffen des Forums steht bereits auf der Agenda. Immerhin gebe es noch ein paar junge Leute, die sich mit Herzblut für die Jugendarbeit dieser Stadt engagieren.

Den beiden Bürgermeisterkandidaten ganz nah – das machte Claudia Zens mit den Teilnehmern des Forums möglich. Etwa 20 Kinder ab zehn Jahren durften im Vorfeld der Bürgermeisterwahl in Burg im vergangenen Jahr die Kandidaten Jörg Rehbaum (SPD) und Marco Klapper (CDU) mit Fragen löchern – und das taten sie auch.

„Junge Leute sollten sich in der Stadtpolitik engagieren. Was soll sonst in 20 Jahren werden?“, fragt Claudia Zens. Die jungen Teilnehmer beschwerten sich über vermüllte Spielplätze, forderten befestigte Fußwege in der Stadt oder den Bau eines Einkaufszentrums. „Auch, wenn sie noch gar nicht wählen dürfen, müssen sich junge Menschen mit Politik befassen“, ist sich die 18-Jährige sicher.

Nach dem Abitur wird die Jahrgangsbeste ihre Heimatstadt gen Magdeburg verlassen. Medizin will sie studieren und anschließend in die Forschung gehen. „Wenn ich im weißen Kittel und weißer Schürze im Labor vor einer grünen Flamme stehe, dann geht mein Herz auf“, sagt die wissbegierige 18-Jährige. Denn vielleicht könne sie irgendwann etwas Bleibendes erschaffen, ein Medikament vielleicht gegen Krebs, Aids oder Demenz.

Erst einmal Großstadtluft schnuppern und das Leben genießen, so lautet das Studienmotto. Aber Ausruhen steht auch dann nicht auf dem Programm, denn ihren Namen möchte Claudia Zens gern mal auf einem Buch lesen. „Irgendwann möchte ich meinen Doktor machen. Jeder möchte doch ein bisschen Ruhm oder nicht?“, fragt die strebsame Blondine und zwinkert. Bis sie es zum Doktortitel geschafft hat, hat ihr Tag weiterhin volle 48 Stunden, die es zu nutzen gilt.

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