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Tag der Regionen In Parchen ist der Kremser tiefer gelegt

Die Parchener Leinölmühle von Ernst-Adolf Kampe gehörte am Sonntag zu den Schauplätzen des Tages der Regionen.

Von Falk Heidel 04.10.2017, 05:00

Parchen l Zwei Räder aus Metall, darauf ein schwarzer Kasten, in dem ein Holzfeuer knistert. Das war die Grundlage der Kartoffelpuffer-Braterei von Bennet und Lucas Wiese. Die beiden Parchener klecksten die Puffer-Rohmasse auf ein schwarzes Blech, das über dem Feuer die nötige Hitze bekam, um die Puffer knusprig zu brutzeln.

Essen wie zu Omas Zeiten: So lässt sich der Tag der Regionen in Parchen treffend beschreiben. Einen Tag nach dem Erntedankfest im Dorf drehte sich an der Leinölmühle alles um Feldfrüchte, Appetit und das gute Gefühl, satt zu sein.

Wie man das schafft?

Zum Beispiel mit Pellkartoffeln, Leinöl, Rote-Beete-Salat und Quark. Oder mit Nudeln plus Kürbiskern-Leinölpesto. Oder mit Kürbissuppe.

Wer immer noch nicht genug hat, bekommt Lupinenkaffee mit einem Stückchen Kürbiskernkuchen.

Als Mitgastgeberin gönnte sich Andrea Kampe mittags ein Nudelgericht: „Ich brauche mein Leinöl jeden Tag. Auch im Urlaub habe ich immer eine Flasche dabei.“

Leinöl ist ein Pflanzenöl, das aus den reifen Samen von Öllein gewonnen wird. Nachgesagt wird ihm eine gesundheitlich wertvolle Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem und die Gelenke, vor allem durch den hohen Gehalt an Omega 3 Fettsäuren.

Werbung für einheimische Produkte beziehungsweise die regionale Landwirtschaft sind das Anliegen des Tages der Regionen. „Wir sind jetzt zum dritten Mal dabei“, erzählt Andrea Kampe. Veranstalter des Regionen-Tages ist ein bundesweites Aktionsbündnis. In einem mehrwöchigen Aktionszeitraum macht der Tag der Regionen in Hunderten von Projekten, Veranstaltungen, Festen, Ausflügen, Märkten und anderen Events sichtbar, wie hier in Deutschland regionale Wirtschaftskreisläufe funktionieren.

Einen zweiten Tag der Regionen gibt es am 7. Oktober auf dem Pfarrhof in Reesen.

Was gehört sonst noch zur Zufriedenheit auf dem Lande?

Ein warmer Pullover zum Beispiel. Oder dicke Wollsocken. Wie solche Wohlfühl-Klamotten aus Schafwolle hergestellt werden, zeigte das Grabower Ehepaar Marianne (80) und Erich Manthey. „Wir spinnen“, sagt der 90-Jährige, während er an einem elektrischen Spinnrad sitzt, das die frische Schafwolle zu einem Garn verarbeitet und aufrollt: „Meine Augen wollen nicht mehr so recht, ich arbeite nach Gefühl.“ Seine Frau sitzt neben ihm im schneeweißen Pulli: „Natürlich habe ich den aus unserer Schafwolle gestrickt.“ In ihren Hände hält sie dicke Strumpfhälften, die sie geschickt mit ihren Nadeln vollendet. Sie sagt: „Wir betreiben unser gemeinsames Hobby seit den 80er Jahren.“

Wie er zum Spinnen gekommen ist, erklärt Erich Manthey so: „Das war 1939. Mein Vater sagte zu mir, wir haben jetzt Schafe angeschafft, also musst du spinnen lernen. Eine alte Frau im Dorf hat mir dann gezeigt, wie es geht.“

Weiter geht es mit der Zufriedenheit auf dem Lande. Wenn die Menschen satt sind und warm gekleidet, dann möchten sie gut aussehen. An dieser Stelle kommt Karolin Puppe aus Derben ins Spiel. An ihrem fantasievoll dekorierten Stand zeigte die Goldschmiedin einen kleinen Auszug aus ihrem Schmuck-Repertoire. An der Hauptstraße in Derben betreibt sie eine Werkstatt unter dem Markennamen Elbgoldschmiede. In Handarbeit entsteht hier moderner und individueller Schmuck von Trauringen bis hin zum Ast-Anhänger mit Rauchquarz und Peridot: „Ich bin gerne da wo Menschen sind. Schließlich wohnen hier in der Region meine Kunden.“ Zur Verstärkung hatte sie ihre Mutti Kerstin nach Parchen mitgebracht.

Irgendwann ist es mit der wohligen Ruhe vorbei - dann muss der Landwirt wieder aufs Feld, um es umzupflügen.

Wie das unsere Großväter erledigt haben, zeigten Walter Heuer aus Kalbe mit seinen Kaltblütern und Norbert Krüger aus Osterburg. Letzterer hatte zwei seiner Merens-Rappen und einen Karrenpflug mitgebracht. Die beiden Mitglieder der Interessengemeinschaft Zugpferde kümmerten sich um Kampes Acker gleich neben dem Buchweizen: „Der Boden ist sandig, lässt sich gut bearbeiten“, sagte Krüger zur Volksstimme. Die Interessengemeinschaft hat aktuell 49 Mitglieder. Krüger: „Wir freuen uns über jeden Interessierten, der mitwirken möchte.“ Er sagt auch: „Pferde sind Multitalente. Reiten, Kutsche fahren, Pflügen oder Holz aus dem Wald holen - das alles machen wir daheim mit denselben Pferden.“

Ohne Pferde, dafür mit Traktor, tuckerte Ernst-Adolf Kampes neuer Kremser durch das Dorf. Erik Schwamm steuerte das Gespann einmal rund um das Veranstaltungsgelände in Parchen. Kampe sagt: „Wir haben den Wagen extra tiefer gelegt, damit auch ältere Menschen bequem zusteigen können.“

Ach ja, und danach war noch Gelegenheit für einen knusprigen Kartoffel-Puffer von Bennet und Lucas Wiese.