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Talent Junges Genthiner Genie feiert Erfolge

Ob mit dem Boot auf der Müritz oder mit dem Reagenzglas im Labor: Sebastian Witte ist in vielen Bereichen sehr talentiert.

Von Amelie Herm 15.08.2018, 05:00

Burg l Das erbrachte dem Genthiner mit nur 18 Jahren die Bronzemedaille der Chemie-Olympiade. Doch er ist mehr als nur ein Naturwissenschafts-Genie.

Die blonden Haare hängen Sebastian Witte ins Gesicht, als er vergangene Woche die Redaktionsräume in Burg betritt. Schnell streicht er sie zur Seite, senkt den Kopf und streckt seine Hand zur Begrüßung aus. „Ich bin Sebastian“, stellt er sich vor. Als wäre er wirklich „nur Sebastian“, der junge Mann von nebenan. Welche Erfolgsgeschichte sich hinter diesem 18-Jährigen verbirgt, lässt sich im ersten Moment nicht erahnen. Das zeichnet sich erst im weiteren Gespräch ab.

Sebastian spricht nicht gerne über seine Erfolge. Nur beiläufig erwähnt er die Bronzemedaille, die er in diesem Jahr von der Internationalen Chemie- olympiade aus Bratislava mit nach Hause brachte. Es klingt nach Schulolympiade, wie er so darüber spricht. Erst seine Mutter erklärt, was tatsächlich hinter dieser Auszeichnung steckt. Sebastian habe, allein um sich für den Wettbewerb zu qualifizieren, ganze vier Vorrunden absolvieren müssen – stundenlange Klausuren und Praxisseminare inklusive. In der vierten Runde, die im Chemielabor der Universität Kiel stattfindet, habe er ganze Tage im Labor verbracht. „Eigentlich hätten wir von 8 bis 16 Uhr im Labor arbeiten sollen. Tatsächlich standen wir dort aber von 9 bis 20 Uhr“, erinnert sich Sebastian. Selbst mit einstündiger Pause habe er zehn Stunden lang gearbeitet und über Versuchen gebrütet. Was für die meisten, durchschnittlich motivierten Abiturienten wie Folter klingt, ist für den 18-Jährigen jedoch pure Freude. „Die praktischen Arbeiten im Labor sind für mich das Highlight bei den Chemiewettbewerben und der Ansporn, auch die stundenlangen theoretischen Prüfungen durchzuhalten“, erklärt Sebastian. Als das Gespräch auf die Versuche fällt, taut Sebastian zum ersten mal wirklich auf. Hastig beschreibt er, wie er bei der Chemieolympiade einen Süßstoff aus einer Paracetamoltablette extrahiert hat. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, seine Zurückhaltung verschwindet für einen Moment völlig. Jede Kenntnis chemischer Sachverhalte aus der Oberstufe hilft in diesem Moment nicht mehr weiter. Seiner Erklärung zu folgen, ist jedem „Normalo“ unmöglich.

Sebastians wissbegierige Art sei für die Menschen, die ihm nahe stehen, nicht immer ganz einfach, sagt seine Mutter Anja. Helfen könne sie ihm beim Lösen der Aufgaben nicht mehr. „Mein Mann und ich sind beide Polizisten und haben mit Chemie nichts am Hut. Von uns hat er das also nicht“, sagt sie. Obwohl sie und Sebastians Vater, Jürgen Fritz, ihn nach Kräften unterstützen, bremse sie ihren Sohn auch manchmal und fordere ihn auf, etwas anderes zu tun.

Auf die Frage, was ihm neben der Chemie Spaß bereite, weiß Sebastian anfangs keine Antwort. „Ich fahre auch gerne Motorrad mit meinen Freunden“, bringt er nach einigem Überlegen hervor. Bei seinen Tagestouren ziehe es ihn mit seiner Maschine auch mal nach Mecklenburg-Vorpommern, oder einfach zur Müritz und ins Umland, sagt er.

An der Müritz gehe er auch seinem anderen Hobby nach, dem Segeln. Das habe er von seinen Eltern, die seit er denken kann jede freie Minute auf dem Wasser verbringen. Es ziehe ihn ohnehin nicht an den Strand, nicht in die Ferne oder den Süden. Segeln an der Müritz, das genügt ihm völlig. Dabei hat er auch seine Freundin Cassy kennengelernt, mit der er seit zwei Jahren zusammen ist. Die ein Jahr jüngere Gymnasiastin aus Berlin teilt seine Leidenschaft für Chemie allerdings nicht. „Das ist nicht immer ganz einfach, weil sie meist nicht versteht, was ich erkläre“, gesteht Sebastian etwas verlegen. Doch irgendwie passt es einfach zwischen den beiden. Einen gemeinsamen Nenner finden sie in anderen Bereichen, beim Segeln, beim Campen.

Ohnehin hat Sebastian auch eine andere Seite. Eine, die weniger rational und dafür emotionaler ist. Sie kommt zum Vorschein, als er von seiner Hündin Lissy, einer neunjährigen Beagle- dame, erzählt. Mit ihr ist er großgeworden, sie gehöre einfach zur Familie. Vor ihr hatte die Familie schon einmal einen Hund: Dackel Purzel sei ganze 16 Jahre alt geworden, erinnert sich Sebastians Mutter ein bisschen wehmütig. Warum die Familie nicht wieder einen Dackel wollte? „Dann hätte man die Hunde nur immer miteinander verglichen. Das wollten wir nicht“, sagt Sebastian. Lissy sei verfressen und einzigartig, er liebt sie sehr. Auch in Zukunft wolle er immer Hunde haben. „Am liebsten etwas Großes, wie einen tschechoslowakischen Wolfshund“, sagt er.

Doch in den nächsten Jahren sei das erstmal noch kein Thema. „Ich möchte in Berlin oder Leipzig Chemie studieren“, erzählt er. In solche Lebensumstände passe so ein großer Hund nicht rein. Magdeburg als Studienort komme hingegen nicht in Frage. Das liege nicht an der Qualität der Uni, sondern daran, dass er in Magdeburg nur Chemieingenieurwesen, nicht aber Chemie studieren könne. Was danach kommen soll, das weiß Sebastian nicht genau. „Ich würde ganz gerne im Bereich der organischen Chemie forschen“, sagt er. Erst einmal wolle er aber seinen Bachelor machen, dann den Master. Am Ende warte die Promotion auf ihn: „Wenn das so weit ist, würde ich vielleicht auch gerne nach Schweden oder in die Schweiz gehen“, offenbart er. Das läge allerdings nicht an seinem Interesse für die Länder und deren Kulturen, sondern an der besseren Bezahlung der Promovierenden. Das einzige Land, das ihm wirklich gut gefalle, sei ohnehin Großbritannien.

Ansonsten hält sich der 18-Jährige mit Zukunftswünschen zurück. Träume habe er eigentlich kaum, der große Traum von einem Chemiestudium wird ihm Dank eines Stipendiums nach dem Abitur in Erfüllung gehen. Ein Zukunftswunsch kommt ihm dann doch noch in den Sinn: „Irgendwann möchte ich gerne eine BMW F800R fahren“, schwärmt er. Das Motorrad sei im Moment aber noch zu teuer, und die KTM-Maschine, die er derzeit sein Eigen nennt, sei ohnehin wirklich gut. Für die Zukunft wünscht er sich eigentlich nur eines von Herzen: „Ich hoffe einfach, dass ich nie die Freude und die Lust am Lernen verlieren werde und auch in vielen Jahren immer weiter Neues lernen kann“, erklärt er. Anlass, an diesem Wunsch zu zweifeln, gibt es nicht.