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Umwelt Stadtjäger im Einsatz gegen Nutrias

Burg will einen ehrenamtlichen Stadtjäger berufen. Der soll sich um Gefahren, die von Wildtieren ausgehen, kümmern.

Von Mario Kraus 19.06.2020, 01:01

Burg l Mit Flinte und Fernglas auf Pirsch durch Burg und schauen, ob sich der ersehnte Rehbock blicken lässt. Mit dabei der gehorsame Hund. Wer sich so einen typischen Stadtjäger vorstellt, liegt völlig daneben.

Stadtjäger haben in der Regel wenig mit dem eigentlichen Weidwerk im Wald oder auf dem Feld zu tun. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, auf öffentlichem Gelände dann einzugreifen, wenn Waschbären oder Füchse für Schaden sorgen, wenn Wildschweine wieder mal den Randstreifen des Ostfriedhofs durchwühlen oder Rehe Gefallen am Geschmack der vielen Blumen und Pflanzen auf den Gräbern gefunden haben. Und in der Tat: „Es gibt immer mehr Wildtiere im städtischen Bereich“, sagt Vize-Bürgermeister Jens Vogler. Zuweilen sorgt der Mensch auch dafür, dass diese sich rasant vermehren. Wie beispielsweise die Nutrias. Die possierlichen Tierchen sind im Flickschuteich die Hingucker schlechthin. Viele Besucher nutzen nahezu jeden Tag in der Woche, um sie mit ausreichend Brot oder anderen Leckereien zu füttern. In den kommenden Jahren könnten sie somit zur Plage werden, weil die Uferbereiche nach und nach unterhöhlt werden, sagt Grünflächenexperte Wieland Günther.

Auch solch ein Szenario wäre ein Fall für den Stadtjäger. Der muss dann zur Lebendfalle greifen und nicht zum Gewehr. Und zwar deshalb, weil in so genannten befriedeten Gebieten aus Sicherheitsgründen nur in Ausnahmefällen mit behördlicher Genehmigung geschossen werden darf. Oder dann etwas unbürokratischer, wenn ein angefahrenes und verletztes Tier von seinem Leiden erlöst werden muss. „Insgesamt sind der Handhabe mit der Schusswaffe sehr enge Grenzen gesetzt. Daran wird sich auch nichts ändern“, erklärt Vogler. So war es vor etwa zwei Jahren einmal möglich, auf dem Friedhof nach der Schließzeit in einem vorher abgestimmten Terrain an festgelegten Tagen auf Rehwildjagd zu gehen, weil immer mehr Tiere durch undichte Stellen des Zaunes auf das Gelände gelangten. Von vielen Blumen waren über Nacht nur noch Stängel übrig. Solch jagdlicher Einsatz wird allerdings eher selten sein.

„Der Stadtjäger soll einen guten Draht zu den Menschen aufbauen und sich mit Problemwild wie Fuchs, Dachs, Marder, Waschbär oder Nutria auskennen, ihre Lebensweisen kennen und ein erfahrener Fallensteller sein“, sagt Vogler. Und natürlich ebenso wissen, wie Tiere am effektivsten vergrämt werden können. Dass er auch Bürgern Ratschläge geben kann, wie der Marder am schnellsten den Bungalow wieder verlässt, sei selbstverständlich, so der Vize-Stadtchef.

Solche wertvollen Tipps geben auch die Mitglieder der Arbeitsgruppe Wildtiere der Kreisjägerschaft Magdeburg. Die Landeshauptstadt, flächenmäßig um ein Vielfaches größer als Burg, hat keine Stadtjäger berufen, sondern mit der örtlichen Jägerschaft quasi eine Kooperation geschlossen. „In der siebenköpfigen Arbeitsgruppe sind nicht nur Jäger, sondern auch ausgebildete Wildtierpädagogen“, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft, Jan Driesnack. Die Aufgaben sind ähnlich wie ab Juli in Burg. Vor allem der Waschbär entwickele sich immer mehr zum Sorgenkind – ob in der Natur oder auf privaten Grundstücken. „Es vergeht kein Tag, an dem keiner gefangen wird“, sagt Driesnack.

Im Gegensatz zur Landeshauptstadt setzt Dessau wiederum auch auf ehrenamtliche Stadtjäger. Dort hat der Wildschweinbestand derart zugenommen, dass im Januar dieses Jahres in städtischen Bereichen sogar Jagden angesetzt wurden, um die zutraulichen Tiere zu dezimieren – mit mäßigem Erfolg.

Wer konkret den kommunalen Jägerhut in Burg aufgesetzt bekommt, soll Ende des Monats bekanntgegeben werden, sagt Stadt-Pressesprecher Bernhard Ruth. „Wir sind in der letzten Phase der Gespräche.“ Fest steht, dass der derjenige eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro im Monat bekommt. Das hat der Stadtrat bereits im April beschlossen. „Das ist durchaus angemessen“, sagt Vogler. „Schließlich muss der Stadtjäger rund um die Uhr erreichbar sein, er stellt seine Zeit zur Verfügung und muss sein eigenes Fahrzeug nutzen.“