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Unfälle Gute Taktik schützt Feuerwehr

Bei den Wehren in Burg und Umgebung wurde bisher keiner der Kameraden verletzt. Doch unbeschadet kommt dennoch nicht jder aus dem Einsatz.

Von Thomas Pusch 09.07.2020, 06:00

Burg l Der zweite heiße und trockene Sommer in Folge hat im vergangenen Jahr wieder für zahlreiche Waldbrände gesorgt. Das bedeutete erneut eine hohe Zahl von Einsätzen, in denen die Feuerwehrleute bis an ihre Leistungsgrenzen gehen mussten. Die Feuerwehr-Unfallkasse Mitte hat jetzt ihre Unfallstatistik 2019 veröffentlicht. Sie umfasst die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen und zeigt eine deutliche Entwicklung auf. Die Unfälle haben zugenommen. In Sachsen-Anhalt seien mit 353 Unfällen bei Brandeinsätzen mehr als doppelt soviel als vor vier Jahren (151) gemeldet worden. Diese Zwischenfälle machen im gesamten Bereich der Unfallkasse Mitte 38 Prozent aus.

Im Jerichower Land liest sich die Bilanz allerdings ganz anders. Zwar gab es auch hier im vergangenen Jahr zahlreiche Waldbrandeinsätze, „aber wir hatten keinen Unfall dieser Art“, sagte Kreisbrandmeister Walter Metscher im Gespräch mit der Volksstimme. Alle seien froh, dass es nicht so weit gekommen ist, wie in anderen Regionen des Landes. Ein wichtiges Mittel sei das rechtzeitige Auswechseln der Einsatzkräfte, bevor es zu einem Schwächeanfall kommt.

Dem stimmte Genthins Stadtwehrleiter Achim Schmechtig gegenüber der Volksstimme zu. „Austauschen ist wichtig und ausreichendes Trinken, um eine Dehydrierung zu vermeiden“, sagte er. Das Austrocknen des Körpers führt zu Symptomen wie Kopfschmerzen und Schwindel, kann aber auch schwere Folgen wie Kreislaufkollaps und Koma haben. Daher werde auf den Fahrzeugen der Genthiner Wehren stets ausreichend Mineralwasser als Einsatzgetränk mitgeführt. „Die Kameraden sind dazu angehalten, auf regelmäßiges Trinken zu achten, die Führungskräfte haben aber auch ein Auge darauf“, sagte Schmechtig.

Beim Kampf gegen die Flammen spielt die Einsatzkleidung natürlich eine wichtige Rolle. Wenn es aber ohnehin heiß ist, kann die falsche Kleidung auch einen Nachteil bedeuten. „Wir haben für den heißen Sommer einlagige Einsatzbekleidung“, sagte Schmechtig. Ab einem bestimmten Zeitpunkt der Brandbekämpfung könne auch eine sogenannte Marscherleichterung gewährt werden. Das heißt, dass dann ohne Einsatzjacke weitergemacht werden darf, um für zusätzliche Abkühlung zu sorgen.

Glimpflich lief das Jahr auch bei den Feuerwehren der Einheitsgemeinde Gommern ab. „Wir hatten keinen Unfall, der in diese Gruppe passt“, sagte Stadtwehrleiter Heiner Wolter auf Nachfrage der Volksstimme. Und Burgs Ortswehrleiter Jens Wiedemann wusste von zwei Feuerwehrleuten zu berichten, die sich wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung untersuchen ließen, ein weiterer Feuerwehrmann hatte sich im Einsatz den Rücken verdreht. In der Statistik der Feuerwehr-Unfallkasse sind sie nicht aufgetaucht, darüber hinaus sind auch keine relevanten Einträge im Unfallbuch des Jahres 2019.

Doch nicht nur körperliche Schäden können Feuerwehrleuten aus Einsätzen davontragen. Sie sind zumeist die Ersten am Ort, hören Schreie, sehen Bilder, die sich nicht einfach verdrängen lassen. Während vor 30 Jahren das Gespräch mit einem Kameraden und vielleicht ein Feierabendbier als ausreichende Therapie gegolten haben möge, hat ein Umdenken stattgefunden. „Das hat mit Eschede begonnen“, ordnete Metscher den Wandel zeitlich ein. Bei dem Zugunglück 1998 kamen 101 Menschen ums Leben, 88 wurden schwer verletzt. Seitdem wird verstärkt auf psychologische Betreuung von Einsatzkräften gesetzt.

Im Jerichower Land gibt es mehrere Möglichkeiten. So gibt es ein Notfallseelsorgeteam, das über die Leitstelle angefordert werden kann. „In der Regel helfen dann Pfarrer, mit der Situation fertigzuwerden“, so Metscher. Noch verhältnismäßig neu sei zudem der Kriseninterventionsdienst. Unter dem Motto „Hilfe für Helfer in Not“ haben sich in Magdeburg Polizisten, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute zusammengefunden, um anderen Einsatzkräften Beistand zu leiten. „Im vergangenen Herbst wurde das in Lostau vorgestellt, da habe ich gleich mein Interesse bekundet“, so der Kreisbrandmeister. Das sei eine sehr große Bereicherung. Gerade Feuerwehren, die zu Unfällen auf der Autobahn gerufen werden, würden oft mit Situationen konfrontiert, die aufgearbeitet werden müssen.

„Bestimmte Einsätze werden bei uns auch nachbesprochen“, sagte Genthins Wehrleiter Schmechtig. Die psychosoziale Kompenente habe man im Auge. Hilfe könnten auch Feuerwehrleute anbieten, die an der Landesfeuerwehrschule eine dementsprechende Ausbildung absolviert haben.

Eine Statistik, wie oft ein solches Angebot in Anspruch genommen wird, gibt es nicht. „Wir haben die Telefonnummer bei uns auf der Wache ausgehängt“, sagte Jens Wiedemann. So könne sich jeder Diskret Hilfe suchen, denn den Weg über den Wehrleiter gehen, das sei eher nicht die Reaktion.