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Virus Corona krempelt den Alltag um

Corona krempelt den Altag um. Wie Eltern, Krankenhäuser und Vereine in Burg und Genthin mit Kontaktbeschränkungen umgehen.

Von den Mitarbeitern 17.03.2020, 04:00

Genthin/Biederitz/Burg l Das gab es noch nie: Am Freitagnachmittag erfuhren Eltern in ganz Sachsen-Anhalt: Am Montag bleiben Kitas und Schulen zu. Nach dem ersten Schreck, begannen unzählige Eltern zu telefonieren – lässt mich der Arbeitgeber zu Hause bleiben? Können die eigenen Kinder zur Notbetreuung abgegeben werden, weil ich im Beruf nicht abkömmlich bin?

Viele Mütter und Väter waren am Wochenende in Aufregung und erwarteten den Montagmorgen mit Spannung. Manche hingegen blieben ganz ruhig, wie etwa Familie Hoffheinz aus Genthin.

Das Ehepaar mit zwei Kindern im Alter von zwei und vier Jahren beschloss kurzerhand: „Wir betreuen unsere Kinder selbst.“ Eigentlich dürfe die Familie die Kinder zur weiteren Betreuung in die Kita geben – der Beruf der Eltern gilt als so relevant für die Versorgung anderer, dass die Erlaubnis da wäre, aber: „Ich möchte mit Blick auf den Betrieb kein Risiko einer Ansteckung eingehen“, sagt Henning Hoffheinz. Henning Hoffheinz ist Spargelbauer in Genthin.

So wechseln er und seine Frau Anja sich bei der Betreuung der Kinder so weit es geht ab. „Die beiden laufen jetzt bei uns mit, das ist schon ein Mehraufwand“, meint Hoffheinz und fügt hinzu: „Es ist eine besondere Situation, mit der wir umgehen müssen.“ Irgendwie klappe es schon.

Wie die Kinderbetreuung organisieren? Vor dieser Frage standen ab Montag auch Elke und Dirk Kaiser aus Biederitz. Die Eltern von zwei schulpflichtigen Mädchen in Grundschule und Gymnasium gehören zum Bereich der so genannten Schlüsselpersonen, da sie beide jeweils für einen Energieversorger tätig sind. Die Notbetreuung in Anspruch zu nehmen, kommt für sie dennoch nicht in Frage. „Damit ist ja dann auch keinem geholfen, wenn ich die Kinder in die Notfallbetreuung gebe“, sagt Elke Kaiser. Auch die Großeltern scheiden aber aus, denn sie sollen geschützt bleiben.

Ihre Chefs seien ihnen sehr entgegengekommen, sagt Elke Kaiser. Sowohl ihr als auch ihrem Mann Dirk wurde die Möglichkeit eingeräumt, von zu Hause zu arbeiten. Nun wollen sie sich die Betreuung der Kinder tageweise untereinander aufteilen.

Damit die Kinder trotz der Zwangs-Ferien weiter lernen, hat Elke Kaiser Aufgaben vorbereitet. Am Montag war Mathe dran.

Im Johanniterhaus Genthin-Wald ist der Besucherverkehr seit dem Wochenende stark eingeschränkt. „Man kann durchaus sagen, dass wir geschlossen haben“, bestätigt Einrichtungsleiterin Claudia Tritt. Ansonsten seien soziale Kontakte zwischen den Menschen immer wünschenswert, derzeit könne man diese aber nicht zulassen. „Wir sind gegenüber den Bewohnern verpflichtet, den Schutz von deren Gesundheit obenan zu stellen und darauf zu achten, Infektionsketten zu unterbrechen.“ Man orientiere sich bei der Maßnahme an den allgemeinen Schließungen der öffentlichen Einrichtungen bis etwa nach Ostern.

Von Heimbesuchen rät auch das DRK im Jerichower Land ab. Der Regionalverband Jerichower Land/Magdeburg betreibt zwischen Jerichow und Loburg sieben Senioreneinrichtungen. „Wir raten dringend, auf Besuche zu verzichten und stattdessen, wenn es möglich ist, mit den Angehörigen per Telefon in Kontakt zu treten“, sagt Geschäftsführer Frank-Michael Ruth. Immerhin sei die Altersgruppe in den Heimen am gefährdetsten. „Und dieser Tatsache müssen wir uns stellen.“ Per Aushang sei an den Häusern auf die besondere Situation aufmerksam gemacht worden. Auch für die Mitarbeiter seien diese Tage nicht leicht, „sondern eine große Herausforderung“, betont Ruth.

Einen etwas anderen Weg geht das Seniorenzentrum „Haus Georg Stilke“ in Genthin. Die Türen sind dort verschlossen, aber Besucher können klingeln und werden je nach Dringlichkeit ins Haus gelassen. „Das ist aber nur bei wirklich wichtigen Anlässen möglich“, sagt Leiterin Britta Möbes. Diese Besucher werden belehrt, hygienische Maßnahmen etwa Handdesinfektionen wahrzunehmen, und sie werden registriert. „Das machen wir um eventuell gegenüber dem Gesundheitsamt Kontakte darlegen zu können, falls es zu Anfragen kommt“, erklärt Möbes. Wie lange man so vorgehen werde, könne sie noch nicht sagen.

Ein Besuchsverbot gibt es auch in der Burger Helios Klinik nicht, wie Pressesprecherin Katja Boese auf Volksstimme-Nachfrage mitteilte. „Die Besuche sollten aber auf ein Mindestmaß beschränkt, die sozialen Kontakte wie in anderen Lebensbereichen auch reduziert werden“, sagte sie. Die Pfeifferschen Stiftungen, zu denen die Lungenklinik Lostau gehört, setzen ebenfalls auf freiwilligen Verzicht. In begründeten Ausnahmefällen sollen sich die Besucher bei den Mitarbeitern der Stationen melden. Besucher mit Erkältungssymptomen haben allerdings derzeit gar keinen Zutritt zur Lungenklinik.

Der SV Chemie Genthin, mit 1000 Mitgliedern, der größte Verein der Stadt, hat seinen Sportbetrieb gänzlich eingestellt. „Es gibt keine Trainingseinheiten, keine Info- und Sportangebote mehr“, sagt der Vorsitzende Fritz Mund. Egal ob Wandern, Gymnastik Mannschaftssport oder Fahrradfahren, alles sei abgesagt, auch das gemeinsam mit der Stadt gestartete Pilotprojekt für die Generation 60 plus. „Man könnte zwar sagen, beim Fahrradfahren kommt man sich so nicht nahe, aber wir wollen bei der Absage eine klare Linie einhalten und nicht unterschiedlich verfahren“, so Mund.

Die Pfeifferschen Stiftungen haben einige Hinweise zusammengestellt. Dazu gehört, zwingend die Maßnahmen zur Händedesinfektion sowie die Nies- und Hustenetikette einzuhalten. Hände sollten mindestens 20 Sekunden gewaschen werden, geniest und gehustet werden soll in die Armbeuge. Es wird geraten, auf Händeschütteln, Umarmungen und ähnliche Zuwendungen zu verzichten, weil sie mit einem Ansteckungsrisiko verbunden sind. Von Menschen, die husten und niesen soll ein Abstand von mindestens einem Meter gehalten werden.

Wer sich krank fühlt, Fieber hat und in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu einer mit Corona-Virus infizierten Person hatte, sollte sich telefonisch beim Hausarzt melden. Auch das Landesamt für Verbraucherschutz hat eine Hotline (Mo bis Do von 9-11 und 13-15 Uhr; Fr 9-11 Uhr) 0391/256 42 22.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung kann erreicht werden unter der Rufnummer 116 117.