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Wasseverluste Auf der Jagd nach dem verlorenen Wasser

Um einem Leck im Trinkwassernetz auf die Spur zu kommen, musste Heidewasser den Anliegern in Möckern für drei Stunden das Wasser abdrehen.

Von Stephen Zechendorf 02.02.2021, 05:00

Möckern l Es ist eine alltägliche Aufgabe im Trinkwasserversorger Heidewasser GmbH: Jedesmal wenn im Leitungsnetz ein Rohrschaden gemeldet wird oder irgendwo auffallend viel Trinkwasser verbraucht wird, zieht ein Such- und Bautrupp los, um die Ursache herauszufinden.

Heiko Bartel ist Meister im Bereich Dispatching/Technisches Controlling und damit verantwortlich, wenn es um die Suche nach dem verschwundenen Wasser geht: „Der Jahres-Trinkwasserverbrauch der Einheitsgemeinde Möckern liegt bei fast 485 000 Kubikmetern ohne Gewerbebetriebe und bei 512 500 Kubikmetern inklusive der Gewerbebetriebe“, berichtet Bartel. 9,7 Prozent versickern ihm zufolge in Leckagen oder wurden zu Feuerwehrzwecken entnommen.

Allein die Ortschaft Möckern (3214 Einwohner) hat einen Jahresverbrauch von 115 165 Kubikmetern Trinkwasser. In Loburg sind es 52 000 Kubikmeter bei 2043 Einwohnern.

Bartel nennt zwei unterschiedliche Arten von Rohrschaden: Im „Idealfall“ tritt das Wasser an der Oberfläche aus. „Für die Suche nach der defekten Stelle ist dies natürlich einfach. Wesentlich mehr Arbeit macht es, wenn das Wasser unterirdisch versickert. Dann wird es aufwändiger, die Leckstelle zu orten“, sagt Bartel.

Bei dem Einsatz in der Neuen Straße in Möckern handelt es sich um die zweite Art Rohrschaden. Er ist nicht sichtbar. Bemerkt wurde das Leck nur anhand eines ungewöhnlich hohen Wasserverbrauches. Etwa sieben Kubikmeter pro Stunde sollen irgendwo in der Straße ablaufen, ohne dass sie einem der Haushalte als Verbrauch zu geordnet werden können. Sieben Kubikmeter pro Stunde – das summiert sich, wenn nicht schnell gehandelt wird. Bares Geld, das da dem Trinkwasserversorger den Bach heruntergeht.

Das Trinkwasserleitungsnetz der Heidewasser GmbH ist in Distrikte eingeteilt. In diesen einzelnen Versorgungsgebieten gibt es Messeinrichtungen, sogenannte Distriktzähler. Diese im Schacht verbauten Geräte erkennen die Verbräuche im Distrikt und senden sie alle zwei Stunden per Funk an die Leitwarte zu Heiko Bartel. Es gibt Normwerte für jeden Distrikt. Wird dieser Wert überschritten, wird Heiko Bartel stutzig.

An diesem Tag sind André Bellach und Achim Freier im Außen-Einsatz in der Neuen Straße in Möckern. Als erstes erfolgt die Sichtprüfung. Dabei wird die Straßenoberfläche überprüft und auch ein Blick in die Regen- und Schmutzwasserkanäle geworfen. Fließt etwa im Schmutzwasser glasklares Wasser, so liegt der Verdacht nahe, dass das abtrünnige Wasser hierhin entweicht. Auch im aktuellen Beispiel ist dies der Fall.

Doch wo genau ist das Leck? Um das Gebiet einzugrenzen, wird „abgeschiebert“. Dazu wird in einzelnen Straßenabschnitten kurzfristig das Wasser abgedreht. „Wenn Wasser durch enge Stellen fließt, gibt es ein Geräusch“, erklärt Heiko Bartel. Das Zudrehen des Schiebers erzeugt ein erkennbares Geräusch. Hörbar wird dieses freilich erst, wenn die richtige Technik zum Einsatz kommt.

Ein „Korrelator“ dient der ersten Leckortung. Das unter Druck stehende Wasser am Leck erzeugt ein Geräusch, welches mit Hilfe von zwei an Hydranten oder Schiebern angebrachten Sensoren lokalisiert wird. Der Korrelator berechnet aus der Verzögerungszeit der Signale die Lage des Rohrschadens. Dann weiß man schon mal, an welchem Leitungs-Meter man suchen muss.

Bei Asbestleitungen und solchen aus Guss und Stahl klappt dies wegen der Leitfähigkeit ziemlich gut, sagt Heiko Bartel. Bei den Leitungen aus PE oder PVC-Kunststoff nicht so sehr.
 In der Neuen Straße liegt noch ein Asbestrohr. Nachdem die Distanz in Metern bekannt ist, machen sich die Mitarbeiter an die Punktortung. „Aus Kostengründen ist es wichtig, das Leck so genau wie möglich zu orten, damit man nicht zuviel Straße aufreißen muss“, so Heiko Bartel.

André Bellach und Achim Freier bedienen sich nun eines sogenannten Aquaphons. Die orangefarbene Horchglocke erinnert an einen Gehstock und wird auch genauso fortbewegt. In 15-Zentimeter-Abständen setzen die Heidewasser-Mitarbeiter das Gummi-ummantelte Mikrofon auf den Asphalt. Das Gerät sendet die erfassten Geräusche an einen Computer. Der zeigt die Hertzzahl der Geräusche an. Je nach Hertz-zahl gewinnen die Experten Erkenntnisse über die Eigenschaften und Standort des Lecks. Es dauert nicht lange, da sind sich die beiden Männer sicher: An einer Verbindung zu einem Hausanschluss rauscht es verdächtig. Mit einer Tiefbaufirma gibt es einen Vertrag, der eine Rufbereitschaft beinhaltet. Für den Folgetag wird das Ausschachten vereinbart.

Der nächste Morgen: Die Anwohner in der Straße wurden darauf hingewiesen, dass für einige Stunden kein Wasser aus den Wasserhähnen fließen wird. Reserven-Zapfen für Kaffeemaschine und Klospülung ist jetzt in den Häusern angesagt. Auf der Straße werden Sperrbarken und Sackgassenschilder aufgestellt.

Dann rollt der Minibagger an. Über einen Meter tief schachtet er, bis das Rohr freigelegt und das Leck gefunden ist: ein Riss im Kunststoffrohr der Hauszuleitung. Eine Schelle am Hausanschluss wird erneuert, auch eine Scheuerstelle am Schmutzwasserkanal muss geschlossen werden. Hier floss das Trinkwasser in den Kanal. Dann ist alles wieder dicht, das Loch wird zugeschüttet. „Eine ganz normale Instandhaltung, die den Bürger auch nichts kostet“, sagt Heiko Bartel.