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Weisser Ring An der Seite der Opfer

Pro Jahr gibt es im Schnitt über 6000 Straftaten im Jerichower Land. Der Weisse Ring kümmert sich um die Opfer.

Von Andreas Mangiras 07.02.2018, 00:01

Burg/Genthin l Das Telefon klingelt. Der DRK-Migrationsdienst ist dran. Ein 15-jähriger Flüchtling wurde schwer geschlagen. Karl-Heinz Summas Hilfe für das Opfer dieser Straftat wird benötigt. „Geben Sie mir die Telefonnummer des Jungen, wir kümmern uns.“ Karl-Heinz Summa ist Leiter der Außenstelle des Weissen Ringes im Jerichower Land. Der Niegripper macht das seit 2009. Ehrenamtlich. Es gibt viel zu tun.

„Kriminalitätsopfer kann jeder werden, ganz schnell, unvorbereitet.“ Davon ist Summa überzeugt. Im vorigen Jahr haben Summa und seine beiden Mitstreiter Hadmuth Mielke und Franke Nagel aus Detershagen etwa 30 Opfern von Kriminalität geholfen.

Der Weisse Ring ist eine gemeinnützige Organisation. Seit 1976 kümmert sie sich bundesweit um die Betreuung Kriminalitätsopfern und die Durchsetzung von deren Rechten, vor Gericht, gegenüber Behörden.

„Wir haben große Nachwuchssorgen“, ist Summa bedrückt. Er uns seine Berater sind inzwischen um die 70 Jahre alt, knapp davor und knapp darüber. Summa würde gern, dass die wichtige Ehrenarbeit fortgesetzt wird. „Seit sechs, sieben Jahren versuchen wir, neue ehrenamtliche Mitstreiter zu bekommen.“ Bisher Fehlanzeige.

Warum ist das so?

Die Arbeit ist nicht einfach und aufwändig, schätzt Summa ein. Menschen, die Opfer von Straftaten geworden sind, brauchen oft Trost. Beistand für einen Ausweg aus einer schwierigen Lage. Sie benötigen aber Hilfe, Wege zu Behörden und vor Gericht zu gehen. Anträge müssen korrekt ausgefüllt werden.

„Man muss auch los lassen können“, verweist der Niegripper auf schwierige Situationen, wenn es den Berater auch schwer mitzunehmen droht. „Bei sexuellem Missbrauch ist das so oder häuslicher Gewalt.“ Auch im lauschigen Jerichower Land gibt es derartige Verbrechen. Im Jahr 2016 gab es etwa 6300 Straftaten im Kreis.

Es gibt komplizierte und langwierige Fälle. Ein Kriminalitätsopfer betreuen Summa und seine Mitstreiter seit zwei Jahren.

In schwierigen Fällen geht es auch um Kuren oder Renten.

Wer sich das Betreuen und Beraten von Opfern nicht zutraut, kann anderes helfen, etwa in der Präventions- oder in der Öffentlichkeitsarbeit, wirbt Summa. Die Ring-Berater informieren unter anderem zu Taschen- und Fahrraddiebstahl, Enkeltricks, Einbruchschutz, Cybergrooming (sexuelle Belästigung im Internet) „Wir gehen in Schulen und Kitas, zur Volkssolidarität. Wir sind dabei, wenn das Landeskriminalamt mit seinem Mobil Tipps gibt. Das ist sehr wichtig.“

Wer Berater beim Weissen Ring werden will, wird geschult. Es gibt Lehrgänge und Seminare. Dafür und für den Aufwand im Ehrenamt werden Kosten übernommen.

„Es ist keine leichte Arbeit“, will Summa niemandem heile Welt vormachen. Doch warum tut man sich das an? „Mein Mitstreiter und ich haben wohl ein Helfer- und Gerechtigskeitssyndrom.“ Er verspürt Genugtuung, wenn er einem Kriminalitätsopfer in schwieriger Zeit zur Seite stehen und helfen konnte. Karl-Heinz Summa denkt zum Beispiel an eine junge Mutter. Sie war mit ihren zwei Kindern vor dem gewalttätigen Mann ins Frauenhaus in Burg geflohen.

Nach der ersten Zuflucht hat Summa der kleinen Familie geholfen, einen Neuanfang zu finden. „Die Frau wohnt mit ihren Kindern jetzt in einem anderen Ort. Wir haben bei der Wohnungssuche und beim Umzug geholfen, auch finanziell. Es geht ihnen jetzt gut.“ Auch wenn sicher die Erinnerungen an die schlimmen Erlebnisse bleiben werden.

Am Dienstag, 20. Februar veranstaltet die Opferhilfsorganisation Weisser Ring deshalb um 18 Uhr in der Kreisverwaltung (Saal Jerichow, Bahnhofstraße 9, in Burg) eine Informationsveranstaltung, um Interessierte fürs Ehrenamt zu gewinnen. Schirmherr ist Landrat Steffen Burchhardt (SPD).