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Wirtschaft Einladung von 1901 kehrt zurück

Ehemaliges Pflegeheim in Gommern ist jetzt Firmensitz für „Manus Konzepte“ und Wohnhaus. Der Tag der offenen Tür war gut besucht.

Von Manuela Langner 05.10.2017, 12:00

Gommern l Dass er mit dem ehemaligen Manheimerstift in Gommern nicht nur ein geschichtsträchtiges Haus erworben hat, sondern auch eines, das den Einheimischen sehr am Herzen liegt, bemerkte Stefan Gratzke schon bei der Sanierung. Passanten zeigten immer wieder Interesse, was er aus dem Haus machen wolle. Sein Versprechen aus dem Sommer, dass sich alle Interessierten selbst ein Bild machen können, hielt er ein. Er lud zum Tag der offenen Tür und verband diesen mit der offiziellen Eröffnung seines Firmensitzes von „Manus Konzepte“ in der Manheimer Straße in Gommern. Zuvor hatte das auf Marketing und IT spezialisierte Unternehmen seinen Sitz in Haldensleben.

Viele Gommeraner schauten vorbei, viele Nachbarn und ehemalige Mitarbeiter des Pflegeheimes waren unter den Besuchern des Tages der offenen Tür.

Stefan Gratzke, seine Frau und Mitarbeiter standen unentwegt zur Verfügung, um immer neue Gruppen über die mittlere Etage zu führen, wo „Manus Konzepte“ untergebracht ist. In den Stockwerken darüber und darunter befinden sich Wohnungen. Alle sind vermietet. Die Besucher konnten ebenso einen Blick in das Büro des Chefs werfen wie in die Teeküche oder in den Konferenzraum (ehemals Speisesaal), der für Schulungen, die dort stattfinden werden, noch möbliert werden muss. Dafür hatte Stefan Gratzke große Aufnahmen ausgelegt, wie das zuletzt als Jugendherberge genutzte und dann leer stehende Gebäude bei seiner Übernahme aussah. Jeder Raum war in einer anderen Farbe gestrichen, unzählige Nasszellen mussten entfernt werden. Schäden waren auch zu verzeichnen, aber für fünf Jahre Leerstand noch verhältnismäßig wenige. Die Freifläche hinter dem Haus war völlig verwildert. Zum Tag der offenen Tür konnten dort die Besucher wie zu früheren Zeiten bei Kaffee und Kuchen gemütlich zusammensitzen.

Sonja Volz, die als Schwester Sonja viele Jahre im Pflegeheim arbeitete, das zu DDR-Zeiten in dem Gebäude untergebracht war, hatte für Stefan Gratzke eine besondere Überraschung. Schon als Jugendliche hatte sie beim Stöbern auf dem Dachboden eine originale Einladungskarte für die Eröffnung des Manheimstiftes am 28. Juni 1901 gefunden. „Hier ist sie in guten Händen“, sagte sie zu Stefan Gratzke, der sich über das Geschenk riesig freute. „Die Karte bekommt einen besonderen Platz.“

Zu den vielen Besuchern des Tages der offenen Tür gehörte auch Sigrid Keller, die das Pflegeheim zu DDR-Zeiten lange Jahre geleitet hat. „Zusammen mit äußerst engagiertem Personal.“ Der Schlüssel habe damals bei 1:5 gelegen. Von den zehn Schwestern seien sieben ausgebildet gewesen. „Entsprechend war auch die Qualität.“ Schwester Sonja habe regelmäßig an Fortbildungen teilgenommen, so dass das Pflegeheim medizinisch immer auf dem neuesten Stand gewesen sei. Ihre erste Herausforderung hatte Sigrid Keller kurz nach Übernahme des Hauses zu bestehen: Das Pflegeheim wurde 1980 saniert. Fenster, Fußboden und Heizung wurden erneuert. „Und dann kriegten wir keine Fliesen.“ Aber weil der Spezialbau Magdeburg mit feinem Quarzsand beliefert wurde, zeigte ihr „Bettelbrief“ Wirkung.

Jahrelang wurde nicht nur für die Bewohner, sondern für die ganze Stadt das beliebte Parkfest veranstaltet. Unter den Bewohnern war das Schlachtefest sehr beliebt. Ein privater Schweinezüchter holte sich Futter aus dem Heim und lieferte dafür ein Läuferschwein ab - bis das „Geschäft“ untersagt wurde.

Für eine Torte zu den 90. Geburtstagen war eigentlich kein Geld vorgesehen, „aber wir waren da erfinderisch“, erzählte Sigrid Keller. „Und die Finanzkontrolle hatte nie etwas zu beanstanden.“ Auch für die Werterhaltung konnten für das große Haus jährlich nur 2000 Mark ausgegeben werden. Das reichte natürlich nicht. Sigrid Keller war froh über ihre guten Kontakte zu allen Gewerken in Gommern und dass sie sich auf ihren Mann Werner als Hausmeister verlassen konnte.

Nach der Wende sei schnell klar geworden, dass sich das Pflegeheim in dem Haus nicht mehr rechnen werde. Obwohl: „Wir waren in vielen Dingen besser als im Westen.“