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Wirtschaft Europäische Nachbarn bleiben für immer

Um dem Fachkräftemangel im Jerichower Land ging es beim Genthiner Businessabend.

Von Marco Hertzfeld 03.07.2018, 08:00

Genthin/Burg l „Das Jerichower Land braucht Fachkräfte, braucht Menschen. Der Alte Fritz holte einst die Hugenotten aus Frankreich nach Deutschland.“ Matthias Günther, neuer Genthiner Bürgermeister, zeigt ungewöhnliche Wege auf. Eine gezielte Kampagne könnte, so der parteilose Politiker beim 2. Genthiner Businessabend, nicht zuletzt Polen für Stadt und Region begeistern. Hintergrund: Der Landkreis gilt als wirtschaftlich stark, doch fehlt es in fast allen Branchen immer mehr an Fachkräften.

Sicherlich gehöre für eine solche Initiative die große Politik mit ins Boot. Die demografische Talfahrt im Osten gehe nun einmal weiter, wenn auch nicht so rasant wie einmal befürchtet. Warum also nicht auf Dauer Menschen aus dem europäischen Ausland holen, zumal die kulturellen Unterschiede nicht groß seien? Bestimmte Bevölkerungsgruppen suchten einander, prägten in Großstädten mitunter einen Kiez. „Warum also kein Mini-Berlin bei uns entwickeln?“

Den Menschen müssten Arbeit und Wohnraum angeboten werden. „Ein unbefristeter Arbeitsvertrag wäre noch einmal besonders wichtig. Er schafft Perspektive.“ Der Bürgermeister würde darüber gern mit Unternehmen und Wohnungsgesellschaften ins Gespräch kommen. „Eine Kampagne zu starten, ist eine Idee, vielleicht auch eine zu große. Doch wir müssen die Herausforderungen anpacken.“ Die Frage, ob die Zukunft mit Syrern hätte gestaltet werden können, stelle sich nicht mehr, viele seien schlichtweg weitergezogen.

Michael Weber hat zahlreiche Kündigungen auf den Tisch bekommen. „Die Syrer verlassen die Stadt und ziehen dorthin, wo ein Großteil der Familie bereits ist, in Großstädten.“ Der Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Genthin bedauert das durchaus ein Stück weit und eines noch mehr: „Es gelingt uns allen nicht in dem Maße, Flüchtlingen den Wert der dualen Ausbildung in Deutschland zu vermitteln.“ Sie arbeiteten lieber irgendwo ohne große Qualifikation für einen Apfel und ein Ei.

André Gottschalk, Regionalberater der Landesinitiative „Fachkraft im Fokus“, wünscht sich ein Einwanderungsgesetz in Deutschland und meint damit nicht unbedingt Flüchtlinge. Für Vize-Landrat Thomas Barz (CDU) hat die große Politik die Themen Fachkräftemangel und Flüchtlinge zu sehr miteinander vermischt. Und sonst? Bürgermeister Günther hat mit seiner Idee bei den gut zwei Dutzend Teilnehmern am Genthiner Businessabend nicht gerade offene Türen eingerannt. Verteufelt worden ist diese allerdings auch nicht.