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Wolf Spitzenplatz bei Nutztierrissen

Das Jerichower Land mit Burg und Genthin zählt die meisten Rudel und´auch Nutztierrisse. Jäger fordern eine selektive Bejagung.

Von Mario Kraus 22.12.2020, 05:00

Burg/Genthin l Der Wolf ist zwischen Jerichow und Loburg fest zu Hause. Das geht aus dem jüngsten Monitoringbericht für 2019/20 hervor, den das Landesamt für Umweltschutz und Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) vor wenigen Tagen vorstellten. Und mit steigender Population und zunehmenden Nutztierrissen wird die Diskussion um Bestandsobergrenzen und -reduzierungen neu entfacht. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die Anzahl der Wölfe in ganz Sachsen-Anhalt auf nunmehr 134 Tiere erhöht hat – 25 mehr als im Berichtszeitraum 2018/19. Damit gehen auch mehr Rudel einher. Sind es aktuell 19 Rudel in unserem Bundesland mit zusätzlich zwei Paaren auf der Landesfläche sowie vier grenzübergreifenden Rudeln, waren es vor zwei Jahren 14 Rudel.

Wie heimisch ist Isegrim also genau zwischen Jerichow und Loburg? Insgesamt gibt es in der Region derzeit vier Rudel.

Das älteste Wolfs-Territorium Sachsen-Anhalts liegt fast vollständig auf dem rund 10.000 Hektar großen Truppenübungsplatz Altengrabow sowie in den umliegenden Wäldern östlich der Stresower Heide und erstreckt sich bis nach Brandenburg. Erste Beobachtungen erfolgten auf dem militärischen Gebiet in den Jahren 2009/10 mit fünf Tieren. Auf der Fläche entwickelte sich mittlerweile ein Generationswechsel, so dass 2019/20 mindestens neun Wölfe bestätigt wurden.

Seit 2014/15 besteht das Rudel Möckern, dessen Territorium die Waldgebiete von Körbelitz Wörmlitz und Madel sowie die Krähenberge bei Burg einschließt. Das Rudel wird nach Einschätzung der Experten regelmäßig beobachtet. Mindestens neun Wölfe konnten in diesem Gebiet, zu dem auch militärisch genutzte Flächen gehören, bestätigt werden.

Fest etabliert hat sich im Landkreis auch das Parchener Rudel, das seit 2016/17 nachgewiesen wird. Das Territorium umfasst die Waldgebiete südlich von Genthin, einschließlich des Fiener Bruchs zwischen Reesen bis Tucheim und mindestens bis zur brandenburgischen Landesgrenze bei Karow/Kade. Sieben Tiere streifen mindestens durch dieses Gebiet, wobei auch schon acht und mehrere Wölfe gesehen worden seien, heißt es in dem Monitoring.

Die so genannte Stresower Heide liegt zwischen Möckern im Westen, Altengrabow im Osten und südlich der Parchener Gemarkung. Die Grenzen des Territoriums sind noch nicht abschließend aufgeklärt. Offenbar reicht es auch noch in die Waldgebiete nördlich der Autobahn bei Theeßen und erstreckt sich mindestens bis nach Loburg. Hier sollen drei Wölfe ihr Revier haben. Die Isegrims heulen dort etwa seit 2017/18.

Mit Zunahme der Wolfspopulation gibt es auch mehr Risse. Insgesamt schnellt die Zahl der von Wölfen getöteten Nutztiere innerhalb eines Jahres von 178 auf 385 hoch. Rund 35 Prozent der betroffenen Schaf- und Ziegenhalter sahen ihre Tiere dabei mehrfach Wolfsattacken ausgesetzt.

Einen absoluten Spitzenplatz legt hierbei das Jerichower Land ein. Hier wurden 2019/20 genau 125 Nutztiere getötet – 24 mehr als 2018/19. Schon deshalb fordert die Politik, dass die Wolfsentwicklung kein Selbstläufer werden dürfe. Für Landrat Steffen Burchhardt (SPD) sprechen die jüngsten Zahlen für sich. „Die Übergriffe haben sich mittlerweile auf große Teile des Landkreises ausgeweitet. Dabei werden manche Herden trotz Maßnahmen zur Vergrämung wiederholt Ziel der Wölfe.“ Der Kreistag habe im Laufe des Jahres deutlich gemacht, „dass er die Landesregierung in der Pflicht sieht zu handeln, um die Nutztierhalter und die Bevölkerung besser zu schützen“. Auch deshalb sei eine neue Wolfsresolution verfasst worden – mit Forderung zur Reduzierung des Schutzstatus „und zur Entnahme von Problemwölfen“ sowie Verbesserung der Entschädigung von Nutztierhaltern. Darüber werde der Kreistag laut Burchhardt in der nächsten regulären Sitzung Anfang dieses Jahres befinden.

Diese Forderungen werden auch von den Jägerschaften in Burg und Genthin unterstützt. Mathias Holzberger, Chef der Genthiner Weidmänner und -frauen, weist darauf hin, dass etwa 40 Prozent aller Wolfsrisse und Angriffe in Sachsen-Anhalt im Jerichower Land bei knapp acht Prozent der Landesfläche stattfänden. Wolfsrisse finden mittlerweile regelmäßig in Ortschaften statt. Jüngste Beispiele gebe es Kade und Tucheim. Und: „Die realen Wolfszahlen liegen deutlich über den Werten des Wolfskompetenzzentrums. Das Jerichower Land hat neben den Landkreisen Bautzen und Celle die höchsten Wolfsdichten weltweit.“ Es sei Zeit für eine selektive Bejagung.