1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Ausbaubeiträge werden abgeschafft

Zwangsabgabe Ausbaubeiträge werden abgeschafft

Sachsen-Anhalt will die Straßenausbaubeiträge abschaffen. Das Echo in Burg, Genthin und anderen Gemeinden im Jerichower Land ist geteilt.

Von unseren Mitarbeitern 13.11.2019, 06:00

Burg/Genthin l In der Burger Flämingstraße wird derzeit geschippt und gebaggert. Der knapp 130 Meter lange Abschnitt im Osten der Stadt wird seit dem Sommer grundhaft erneuert. Ende 2019 sollen die Arbeiten, für die Burg rund 245.000 Euro eingeplant hat, beendet sein. Wenn in der Verwaltung anschließend alle Rechnungen eingegangen sind, ist Zahltag. Auch für die Anlieger. So sieht es die jetzige Regelung vor.

Ob es tatsächlich dazu kommt, ist unklar. Denn nach monatelangem Hin und Her hat auch die Regierungspartei CDU in Sachsen-Anhalt eingelenkt und sich für die Abschaffung der Straßenausbeiträge ausgesprochen. Die spannende Frage: Ab wann? 2020, wie die SPD fordert, oder erst 2021?

„Für uns ist das maßgeblich“, sagt der Pressesprecher von Burg, Bernhard Ruth. Denn die Flämingstraße beispielsweise liegt außerhalb des Sanierungsgebietes. Und für diesen Abschnitt sind erst einmal Ausbaubeiträge fällig. Einigt sich die Koalition auf 2020, würden die Burger Anwohner „möglicherweise“ keine Bescheide erhalten. Allerdings müsse das Land auch klar sagen, wie und wann Geld erstattet wird, so Ruth und wie künftig mit Erschließungen (Neubau) verfahren wird. Das sieht auch Burgs Bauausschuss-Chef Clemens Engel (CDU) so: „Für die Bürger ist das zweifellos gut, aber es muss für die Kommunen eine auskömmliche und unbürokratische Gegenfinanzierung geben.“

In der Einheitsgemeinde Gommern sind alle Straßenbauvorhaben auf Eis gelegt, bis es eine verbindliche Regelung durch das Land gibt. Das erfuhr am Montagabend der Ortschaftsrat Prödel bei der Haushaltsberatung. Die beantragten Parkplätze vor dem Dorfgemeinschaftshaus wurden für 2020 nicht berücksichtigt. „Natürlich ist das Ansinnen der Landesregierung, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, zu begrüßen. Zum einen im Sinne der betroffenen Bürger, zum anderen wegen der angespannten Haushaltslage der Kommunen“, meint Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos). Die Frage sei aber, wie das Land das finanzieren will. Das dürfe nicht zu Lasten anderer Straßenbau- oder Infrastrukturprojekte geschehen.

Er wünscht sich von der Landesregierung eine vernünftige Regelung, wie mit zur Zeit noch offenen Abrechnungen umgegangen wird. In der Einheitsgemeinde Gommern betrifft das zwei Projekte: den zweiten Bauabschnitt der Verbindungsstraße Dornburg-Dannigkow und die Mühlenstraße in Leitzkau.

In Jerichow gibt es kein Straßenbauprojekt mit fälligen Straßenausbaubeiträgen. Aber auch Bürgermeister Harald Bothe begrüßt die Abschaffung der Ausbaubeiträge, allerdings müsse zukünftig auch die weitere Finanzierung der Baumaßnahmen gewährleistet sein.

Auch der Bauamtsleiter der Einheitsgemeinde Möckern blickt mit Spannung aber auch Skepsis auf die Entwicklung. „Solche Straßenausbaubeiträge haben ja auch eine Steuerungsfunktion“, so Arne Haberland: „Wenn die Bürger an den Kosten der Ausbaumaßnahmen finanziell beteiligt werden, wirkt sich das erfahrungsgemäß auf Umfang und Ausmaß der Baumaßnahmen aus.“

Etwa in den Ortsteilen Wörmlitz, Schweinitz oder Loburg stehen Straßenausbaumaßnahmen an, für die Ausbaubeiträge erhoben werden könnten. „Wir als Stadt sind gespannt, wie die finanzielle Zuweisung an die Kommunen dann aussehen. 40 Millionen hört sich erstmal auf das gesamte Land bezogen nicht sehr viel an“, so Haberland. In der Einheitsgemeinde gibt es zwei Sanierungsgebiete – in den Orten Möckern und Loburg. Er befürchtet, dass Straßen, die noch nicht ausgebaut sind, auch nicht mehr ausgebaut werden.

Biederitz‘ Bürgermeister Kay Gericke sieht mit Sorge auf die Zeit, in der keine Straßenausbaubeiträge mehr gezahlt werden müssen. „Ich hab Verständnis für die Bürger, die die teilweise großen Beträge nicht zahlen können und ich bin dafür, dass Gebühren abgeschafft werden. Aber nur dann, wenn das ausfinanziert ist.“ Gemeint ist damit: Das Land müsste für die Kosten bei Straßensanierungen und Straßenausbau in Gänze aufkommen. Und das ist bisher nicht vorgesehen, sagt Gericke. „40 Millionen Euro, die das Land jetzt dafür einplant, sind zu wenig. Da muss was draufgelegt werden.“ Passiert das nicht, befürchtet Gericke, dass nicht nur die Gebühren abgeschafft wurden, sondern der Straßenausbau gleich mit.

„An sich ist das eine gute Idee. Das schafft auch irgendwo Gerechtigkeit, wo schon Beiträge erhoben worden sind. Das bedeutet aber auch, dass wir als Gemeinde Elbe-Parey nur noch Straßen bauen können, wenn eine Förderung und vom Land Sachsen-Anhalt der Mehrbelastungsausgleich für die Kommunen erfolgt“, fasst Nicole Golz, Bürgermeisterin der Einheitsgemeinde Elbe-Parey zusammen.

Wenn es um den Straßenausbau in Genthin geht, wird die Friedenstraße zu einem „heißen Pflaster“. Schon in der alten Wahlperiode wurde im Stadtrat bei Grünen und Linken auf ein Signal des Landtages zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gehofft. Freilich bei auskömmlicher Gegenfinanzierung durch das Land, denn Genthin kann nicht aus eigener Kraft die Kosten für den Straßenausbau aufbringen. Der Bauausschuss trickste und schob den Ausbaus der Friedenstraße erst vor wenigen Tagen vorläufig in die Warteschleifen - im Interesse der Anlieger. Inzwischen hatte sich auch die Genthiner CDU-Ortsgruppe gegen die Erhebung der Straßenausbaubeiträge positioniert.

CDU-Landtagsabgeordneter Markus Kurze befand sich gerade in einem Fraktionsgespräch. „Wir waren nie grundsätzlich gegen die Abschaffung“, sagte er. Wenn es im Haushalt möglich ist, die Mehrkosten einzusparen, würden die Ausbau-beiträge abgeschafft. Und zwar für die Bürger und die Kommunen.