1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Keine Osterfeuer, nirgends!

Erinnerungen Keine Osterfeuer, nirgends!

Die Osterfeuer, bei denen grundsätzlich eine Vielzahl von Personen anwesend sind, fallen in diesem Jahr nicht nur in Barby aus.

Von Thomas Linßner 09.04.2020, 13:03

Barby l „Das dürfte seit 1945 das erste Mal sein, dass das Osterfeuer ausfällt“, sagt der Barbyer Historiker Prof. Dieter Engelmann (82). Der alte Volksbrauch ruhte auch während des Zweiten Weltkrieges. Da war jegliches offene Feuer aus nachvollziehbaren Gründen untersagt, um „dem Feind“ keine Orientierungsmöglichkeiten aus der Luft zu bieten. Briten und Amerikaner hätten ziemlich bald die Lufthoheit gehabt.

Aber gleich 1946 hätten die Menschen diesen Brauch sofort wieder aufgenommen. Schon allein deswegen, weil überflüssiges Holz entsorgt werden musste.

„Das Wort überflüssig war allerdings relativ“, sagt Dieter Engelmann. Er selbst wohnte damals in der Nähe des Bahnhofes, wo zwischen Gnadauer Straße und Colphuser Damm eines der zahlreichen Osterfeuer aufgeschichtet wurde. „Es hatte ja jeder von uns Jungen damals den Ehrgeiz gehabt, das größte Feuer aufzustapeln“, erinnert sich der Barbyer.

So beließ man es nicht dabei, was die Leute so per Handwagen anlieferten - man organisierte selbst Holz und alles möglich Brennbare. „Wir waren überhaupt nicht darüber erfreut, dass sich die Heimatvertriebenen dicke Äste aus dem Feuerberg heraus zogen“, lächelt der 82-Jährige. Die „Umsiedler“ lebten zumeist spartanisch bei den Einheimischen zur Untermiete und waren noch ärmer dran, als die Barbyer. Weil Brennmaterial knapp war, zogen die Männer aus Schlesien, Ostpreußen, Pommern oder dem Sudetenland los, um Holz zu sammeln. Da kamen die Osterfeuer gerade recht.

„Wir haben das damals nicht eingesehen, dass die Leute froren“, räumt Dieter Engelmann ein. Es habe regelrechte „Banden“ gegeben, die ihren Feuerholzberg verteidigten und sogar nachts bewachten. Das änderte sich auch in den nachfolgenden Jahrzehnten nicht.

Wenn man bedenkt, was zu DDR-Zeiten alles auf Osterfeuern abgefackelt wurde … Auf einem Feuer am Colphuser Damm wurden Ende der 1960er Jahre einmal über hundert Lkw- und Busreifen verbrannt. Wer damals die schwärzeste und längste Rauchfahne hatte, zählte zu den Großen der Osterfeuerbewegung. Die damalige Situation so zu bezeichnen ist nicht abwegig.

Allein in Barby wurden an mindestens acht Stellen (Magdeburger Tor, Sportplatz, Colphuser Damm, Kanne, Maizena, Weinberg, Lindenallee, Fähre) offizielle Feuer entfacht. Sogar in Pömmelte waren es vier. Die Männer der Freiwilligen Feuerwehren hatten alle Hände voll zu tun, das Geschehen zu überwachen. Auf umweltgefährdende Inhalte achtete kein Mensch.

Die Osterfeuer waren bis in die 1980er Jahren hinein Prestigeobjekte von Kindern und Jugendlichen, die im jeweiligen Umfeld der Brandplätze wohnten. So kam es nicht selten vor, dass man sich gegenseitig den Holzhaufen kurz vor Ostersonnabend abfackelte und damit die „Konkurrenz“ ausschaltete. Wohlgemerkt ging es um „Ehre“, nicht etwa um kommerzielle Gewinne. Damals wurden weder Bier noch Bratwürste an den Feuern verkauft.

Als man Anfang der 1960er Jahre zwei Tage vor Ostersonnabend der „Bande“ vom Magdeburger Tor den riesigen Haufen nachts ansteckte, starteten die dort wohnenden Jugendlichen eine beispiellose Sammelaktion. Sie gingen von Haus zu Haus und baten um brennbare Abfälle. Das Feuer konnte, wenn auch in bescheidenerer Form stattfinden. Die Ehre war gerettet …

Seit der Wende muss dem Naturschutz Rechnung getragen werden. Erst kurz vor dem Abbrennen werden die Haufen aufgestapelt. Damit sollen eventuell dort lebende Kleintiere vertrieben werden.

Als weltliche Volkssitte ist das Osterfeuer seit 1559 bezeugt, geht aber angeblich auf vorchristliche Traditionen zurück, die sich an sogenannten Brandopferplätzen als Gruben zeigen. Die 1906 erstmals erkannten Plätze sind ein Phänomen der jüngeren Bronze- und der Eisenzeit. Sie besitzen gemeinsame, ihre Lage betreffende Attribute: exponierte Lage im Gelände, auf Höhenzügen oder Kuppen, Nähe zum Wasser, jedoch nicht zu Wohnplätzen. Der Brauch stammt aus alten Zeiten und diente dazu, den Winter zu vertreiben, zu verbrennen. Man glaubte vermutlich, dass der Schein des Feuers eine reinigende Wirkung hätte und die keimende Saat vor bösen Geistern schütze und so galten sie auch als Kult zur Sicherung der Fruchtbarkeit, des Wachstums und der Ernte, wobei die Asche auf die Felder verteilt wurde. Später wurde dieser Brauch von den Christen übernommen.