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Feuerwerk Wenns über Magdeburg im Takt kracht

Es leuchtet, es scheppert, es funkelt - Tausende Besucher sind Sonnabend im Elbauenpark in Magdeburg bei den Pyro Games dabei.

Von Franziska Ellrich 16.07.2017, 18:47

Magdeburg l „Vorsicht aufpassen, nicht auf die Drähte treten“, ruft Torsten Tüngler über die Wiese im Backstage-Bereich. Der stellvertretende Produktionsleiter der Pyro Games macht am Sonnabend einen Blick hinter die Kulissen möglich. Mark Schmidt, auch genannt Bomben-Schmidt, checkt gerade noch einmal seinen Aufbau. Auf der großen Wiese hinter der Seebühne ist alles abgesperrt, rote Bänder kennzeichnen die gefährlichen Bereiche. Dort reihen sich die Raketen aneinander, Rauchen ist strengstens verboten.

Fast sechs Stunden habe der Aufbau gedauert, erklärt Mark Schmidt. Die letzten beiden Duelle hat er mit seinem Team aus Wettin (Saalekreis) gewonnen. Die Pyro Games touren den Sommer über durch ganz Deutschland. Immer vier Profis treten gegeneinander an – und das Publikum stimmt anschließend per Telefon ab. „Jedes Jahr bewerben sich eine Menge Feuerwerker bei uns und wir wählen dann aus“, erklärt Torsten Tüngler vom Produktionsteam. Dafür müssen die Bewerber ihr Programm genau vorstellen. Tüngler: „Musik und Choreographie sollen stimmen.“

Bei Bomben-Schmidt ist das offensichtlich der Fall. Die größte Herausforderung sei für ihn und sein Team gewesen, die passende Musik zu finden. Denn: Bei den Pyro Games darf nur Gema-freie Musik gespielt werden. Doch so gut wie alles, das man kennt, ist mit Gema-Gebühren belegt. Für Jürgen Matkowitz ist das kein Problem. Er gehörte einst zur DDR-Rockband Klaus Renft Combo. Heute hat er in Berlin ein eigenes Tonstudio und komponiert die Musik für seine Feuer- und Lasershows selber.

Mit großen Transportern reisen die Teams am Sonnabend in Magdeburg an. In jeden Laderaum passen rund zweieinhalb Tonnen – alle sind bis obenhin mit Sprengstoff in Form von Feuerwerkskörpern gefüllt. Der Wert für die Raketen, die pro Team an einem Abend in die Luft gehen, liege „locker im vierstelligen Bereich“, sagt Mark Schmidt. Hauptsächlich kommt die spezielle Pyrotechnik aus China. Das sei sogar zu mehr als 90 Prozent der Fall, erklären die Profis. Nur wenig Feuerwerk werde direkt in Deutschland hergestellt. Die Chinesen seien eben in puncto Feuerwerkskunst Vorreiter. Die Pyrotechnik muss jedoch in Deutschland zugelassen sein.

Wer professionell mit Feuerwerk hantieren will, braucht eine Ausbildung, sagt Mark Schmidt. Der Lehrgang zum Großfeuerwerker umfasst jede Menge Theorie- und Praxisunterricht, am Ende steht eine Prüfung. Alle fünf Jahre müssen die Feuerwerker eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung vorlegen. Neben den Scheinen vom Amt brauche man eine gute Versicherung. „Einen Schaden von rund vier Millionen Euro muss die Versicherungssumme dabei abdecken“, erklärt Jürgen Matkowitz.

Etwas Schlimmes passiert sei allerdings noch keinem der Profis. Nur an seinen eigenen Händen gibt es hin und wieder ein paar schmerzhafte Verbrennungen, spricht Mark Schmidt aus Erfahrung. Wenn am Abend die großen Feuerwerksinszenierungen, jede dauert rund eine Viertelstunde, beginnen, wird nicht mit Streichholz oder Feuerzeug hantiert, sondern alles läuft elektronisch. Die Feuerwerkskörper sind per Zündschnur miteinander verbunden.

„Nur zwei Knöpfe müssen zum Start gleichzeitig gedrückt werden“, sagt Nico Kästner vom Team Feuerwerke Matthias Kürbs. Im Winter fährt Feuerwerker Nico Kästner aus Pirna auf Montage, im Sommer bringt er den Himmel zum Leuchten. Was ihm dabei am meisten gefällt: „Unter uns Feuerwerkern herrscht kein Kampf, wir helfen uns alle gegenseitig.“ Und das kann schon mal nötig werden. Wenn zum Beispiel der Knopf gedrückt wird und nichts passiert. Oder wenn ein Zünder versagt. „Alles schon vorgekommen“, so Nico Kästner.

Doch am Sonnabend scheint es keinerlei solcher Probleme zu geben. Im Publikum wird es gegen 22 Uhr ganz still, während bunte Fontänen im Takt schwingen, es passend zur Musik knallt. Eine Stunde lang fliegen die Raketen mehr als 100 Meter hoch und lassen Magdeburgs Himmel in unzähligen Farben leuchten.