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Ortsbürgermeisterwahl Estedt „Ich bin des Meckerns müde“

Ratsmitglied Volker Schmidt der Nachfolger von Horst Krüger. Krüger kritisierte die Stadt noch einmal.

Von Gesine Biermann 22.07.2015, 03:00

Estedt l Nein, leicht fiel ihm die Zustimmung nicht. Und es brauchte die Überredungskunst sämtlicher Kollegen im Estedter Ortschaftsrat, um Volker Schmidt (47) von der Idee zu überzeugen, für die nächsten vier Jahre an der Spitze des Dorfes zu stehen. Doch irgendwann gab sich der selbständige Unternehmer schließlich geschlagen. Den Ausschlag dazu gab wohl die Ankündigung vom Ratskollegen Otto Mewes: „Du machst es für die nächsten vier Jahre und dann übernehme ich.“ Danach war alles nur noch Formsache: Einstimmig wählte der Ortschaftsrat Schmidt zum neuen Oberhaupt des Dorfes. Der nahm die Wahl an. „Ich hoffe aber nur, dass mir mein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn nicht mal im Wege steht“, kommentierte er im Hinblick auf die künftige Zusammenarbeit mit der Verwaltung der Einheitsgemeinde Gardelegen, zu der Estedt gehört.

Gerecht behandelt fühlte sich nämlich sein Amtsvorgänger Horst Krüger nach immerhin einem Vierteljahrhundert an der Spitze Estedts nicht mehr. Krüger war nach Ablauf seiner regulären Amtszeit nicht mehr bereit, weiterzumachen. Insbesondere „in den vergangenen zwei Jahren“ habe er seine Arbeit auch nicht mehr gern getan“, betonte Krüger in seinem letzten mündlichen Bericht als scheidender Ortsbürgermeister. Zwar bedankte er sich bei allen „Mitstreitern, auch den aus vergangenen Zeiten“, herzlich. Für die Stadt gab es indes viel Kritik: „Ich war doch immer der Verbrecher, immer der, der Schuld hatte!“ Insbesondere die Diskussion um die Estedter Grundschule habe ihn Nerven gekostet, so Krüger. Die Schule war in diesem Jahr aufgrund zu niedriger Schülerzahlen geschlossen worden, allerdings erst nach jahrelangen Diskussionen im Gardeleger Stadtrat.

Befürworter der Schulschließung hatten Krüger im Stadtrat mehrfach vorgeworfen, in den vergangenen Jahrzehnten nicht ausreichend in die Einrichtung investiert zu haben. „Dabei haben wir schrittweise viel gemacht“, erinnerte der Ex-Ortschef an zahlreiche Maßnahmen. „Vielleicht hätten wir als selbstständige Gemeinde einfach noch einen Kredit für die Schule aufnehmen sollen, dann hätte ich mir dieses Gemecker nicht anhören müssen.“ In diesem Fall allerdings wäre Estedt im Rahmen der Gebietsreform mit großen Schulden zur Einheitsgemeinde gekommen. Und genau das habe er ja immer verhindern wollen.

Immer noch halte er schließlich auch die oft kritisierte Entscheidung für richtig, das Dorfgemeinschaftshaus umfassend zu sanieren, betonte Krüger am Montagabend weiter. Auch wenn er damals überstimmt worden sei – „Ich wollte ja lieber den Neubau (Wohnblock) machen lassen“–, sei dies ein mehrheitlicher Beschluss gewesen, „zu dem ich stehe“. Daran, dass das Dorfhaus den Estedtern „erhalten bleibt“, hege er angesichts der Stadtpolitik aber so seine Zweifel, so Krüger ironisch. Er erinnere da nur an die Abstimmung zur Zukunft der Estedter Schule: Da habe Gardelegens Bürgermeister Konrad Fuchs doch bewiesen, wie wenig ihm Estedt bedeute. Krüger: „Er hat dagegen gestimmt, und das als ehemaliger Lehrer. Das ist doch schon ziemlich zweideutig.“

Mit der neuen Bürgermeisterin Mandy Zepig verspreche er sich nun zwar eine bessere Zusammenarbeit, so Krüger hoffnungsvoll. Dennoch wolle er nicht mehr an der Spitze Estedts bleiben: „Ich bin des Meckerns einfach müde.“ Angesichts der Zustände im Dorf während des jüngsten Schützenfestes – immerhin eine der größten Veranstaltungen, mit zahlreichen Besuchern anderer Vereine – habe es ihm vor kurzem allerdings noch einmal die Sprache verschlagen: „Der Parkplatz, wo alle Gäste aussteigen, war dreckig. Am Zaun direkt am Sportplatz liegt seit 14 Tagen ein Riesenberg Unrat.“ Auch im Dorf selbst sei vieles nicht ordentlich gewesen. Ein solcher Zustand des Dorfes sei blamabel, kritisierte Krüger. „Das geht eindeutig gegen meinen Stil!“

Bürgermeisterin Mandy Zepig informierte dazu auf Anfrage, dass alle Ortsbürgermeister stets gebeten werden, schriftlich mitzuteilen, wann Dorffeste und ähnliche Veranstaltungen im Jahr stattfinden, um dies in den Plan der Grünpflege-Mitarbeiter einfließen zu lassen. „Die Ortsbürgermeister werden auch noch einmal daran erinnert“, betonte sie. Horst Krüger habe jedoch trotz zweimaliger Bitte nichts mitgeteilt: „Es hat niemand aus Estedt Bescheid gesagt.“ Wenn im Dorf Müll oder ähnliches herumliege, könnten auch Bürger dies jederzeit der Stadt melden, fügte Zepig hinzu, so dass sich dann darum gekümmert werden könne.