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Isenschnibbe Ausnahmebaustelle Schloss

Die Sanierungsarbeiten an der großen Freitreppe des Schlosses Isenschnibbe sind fast abgeschlossen.

Von Cornelia Ahlfeld 19.09.2015, 03:00

Gardelegen l Ein Schloss im Dornröschenschlaf – wunderschön mit viel gut erhaltenem Interieur und vor allem auch technischen Raffinessen und baukünstlerischen Details – das Schloss Isenschnibbe. Zu Recht eingestuft als ein für Sachsen-Anhalt überregional bedeutsames Kulturdenkmal. Aber wie gesagt, noch im Dornröschenschlaf, obgleich sich hinter den Kulissen schon eine ganze Menge getan hat in Sachen Sanierung.

Und die erfolgt unter der Regie von Planer Fritz Genz. Der 69-Jährige ist total begeistert, ja man könnte sogar sagen, er ist ein stückweit verliebt in das Gemäuer, das in seiner jetzigen Form 1905 entstanden ist. Er hat eine unglaubliche Leidenschaft für das Schloss entwickelt. Und diese Leidenschaft, diesen Elan bringt er in die Sanierung ein. Und er ist stolz auf das, was bisher geschaffen wurde. „Ich habe schon viele alte Häuser saniert, aber das Schloss, das ist schon eine Ausnahmebaustelle“, sagt Genz beim Rundgang mit der Volksstimme. Das Schloss, so Genz, soll auch seine letzte Baustelle sein. „Immerhin werde ich im nächsten Jahr 70“, kokettiert Genz, genau wissend, dass man ihm das nicht ansieht und auch nicht anmerkt.

Bei den Bauarbeiten kann sich Genz auf gute Partner verlassen. Das sind vor allem die Mitarbeiter der Werkstätten für Denkmalpflege Quedlinburg. „Die leisten eine wirklich gute Arbeit“, betont Genz. Ganz gleich, welche Gewerke, „wahre Baukünstler“ seien das. Einen guten Partner habe er außerdem in der Unteren Denkmalschutzbehörde. „Es gab bisher nicht ein einziges Problem“, so Genz. Sämtliche Maßnahmen seien sorgfältig abgesprochen, alles genau beschrieben und genehmigt worden, ohne unrealistische Forderungen und Auflagen. Die Sicherungsarbeiten seien 2012 begonnen worden – unterstützt von der Stadt mit einer 100-prozentigen Förderung aus einem Landesprogramm. 470 000 Euro seien bisher investiert worden.

Das Dach ist komplett erneuert. Fast beendet seien die Arbeiten zur Beseitigung des Hausschwammes. Das sei unglaublich aufwändig gewesen. Ohne eine Bekämpfung des Pilzes wäre die Fachwerkkonstruktion des Gebäudes über kurz oder lang einsturzgefährdet gewesen. „Ganze Wände mussten raus und erneuert werden“, erzählt Genz. Dabei seien auch Teile der Wandverkleidung, des Parketts und der hölzernen Deckenverzierungen in Mitleidenschaft gezogen worden. „Da musste viel nachgebaut werden.“ Die Handwerker aus Quedlinburg seien indes Meister ihres Faches. Der Betrachter würde keinen Unterschied feststellen, sagt Genz und zeigt auf die Wandverkleidung, um im nächsten Moment zu den Fenstern zu gehen.

„Die Fenster sind handwerkliche Kunstwerke. Heute sind alle darauf erpicht, dass die Fenster dicht sind mit viel Kunststoff“, Genz. Das hätten die Bauleute früher auch hinbekommen, aber ohne Kunststoff. „Unsere Vorfahren haben wie beim Hüftgelenk eine Pfanne ausgebildet mit dem Gegenstück auf der anderen Seite. Und die Fenster waren dicht“, sagt Genz. Leider seien einige Fenster kaputt. „Die Quedlinburger Fachleute haben sich das schon angesehen. Kein Problem, die Fenster können repariert werden“, zeigt sich Genz erleichtert. Ein wahres Meisterstück sei auch die Sanierung der markanten Freitreppe mit dem schweren Jugendstilgeländer geworden. Die Treppe sei nicht mehr begehbar gewesen und aufgrund der völlig verrotteten Unterkonstruktion geradezu auseinandergebrochen.

 „Alle alten Teile wurden wieder verwendet. Das Geländer ist auch original so wie 1905. Da war nichts geschweißt, sondern zusammengenietet“, sagt Genz. Die Sanierung sei handwerklich sehr aufwändig gewesen. „Das hält nun aber mindestens wieder 100 Jahre“, versichert der Planer.Damit war auch das Gelände völlig verbogen. Die Treppenanlage wurde komplett abgebaut und in Quedlinburg repariert und erneuert.

Auf den Pfeilern hätten früher zwei Straßenlampen gestanden – 1,80 Meter hoch mit einem viereckigen Kandelaber, wie alte Fotos gezeigt hätten. Zwei Nachfolgelampen hat Genz dank Internet schon besorgen können. „Die kommen wieder drauf.“ Leider sei das große Abtrittrost, gelegen am Fuß der Treppe, nicht mehr vorhanden. „Das wurde von Schrottdieben eine Woche vor dem Abbau geklaut“, bedauert Genz, der im Laufe der Bauarbeiten schon so einiges erlebt hat. Da könne man am Ende sicher auch ein Buch drüber schreiben, meint Genz.

Die nächste Aufgabe wird die Sanierung des Balkondaches direkt über der großen Freitreppe sein. Das Dach habe nicht nur als Sonnenschutz gedient, sondern vor allem als Regenschutz für die Foyerdecke mit ihren filigranen Stuckarbeiten. Eindringende Feuchtigkeit aufgrund des kaputten Daches habe die schöne Stuckdecke schon arg beschädigt. Große Schäden gebe es auch auf dem Balkon. Das Dach wird abgebaut. Zuvor wird Genz den Balkonboden sanieren, dämmen, abdichten und mit einem Winterschutz versehen lassen. Die originalen Fußboden- und Wandfliesen seien nicht mehr nutzbar. Er habe aber schon neue Fliesen, die genauso aussehen wie die alten, besorgt. Das Dach selbst wird über den Winter in Quedlinburg wieder aufgearbeitet.

Viele Arbeiten seien noch erforderlich, um das Jugendstilschloss wieder herzurichten. Dazu hat Genz beim Fördermittelgeber eine Aufstellung der Arbeiten bis 2018 eingereicht. Neben der weiteren Bautätigkeit im Schloss ist für Fritz Genz etwas anderes noch ganz wichtig. „Wir brauchen unbedingt eine öffentliche Nutzung für das Schloss“, betont Genz. Schlossbesitzerin Silvia Rothermel – sie stammt aus Chile – gebe derzeit an der Stendaler Kreisvolkshochschule Spanischunterricht. „Das könnte sie auch im Schloss machen. Räume dafür wären vorhanden“, sagt Genz. Vielleicht auch in Verbindung mit anderen Sprachen. „Wie ein kleines Sprachinstitut“, erläutert Genz. Und ein Café müsse ins Schloss. Hochzeitsfeiern seien möglich. Toiletten und eine Küche würden sich ohne großen Aufwand einbauen lassen. Auch der imposante Weinkeller biete Möglichkeiten für Erlebnisgastronomie.

Der 69-Jährige sieht das alles schon vor seinem geistigen Auge – buntes Leben im historischen Gemäuer, das irgendwann wieder komplett in seinem alten, respektive neuem Glanz erstrahlen soll.