1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Giora Feidman und seine Klarinette

Klezmermusik Giora Feidman und seine Klarinette

„The World of Klezmer“ - gab es am Wochenende auf Gut Zichtau. Zu Gast war der Weltstar Giora Feidman.

Von Cornelia Ahlfeld 18.10.2015, 18:32

Zichtau l Was für ein Konzerterlebnis. Was für ein furioser Abschluss der Altmark-Festspiele 2015 mit einem Mann von Weltruhm, mit Giora Feidman. Er gastierte am Sonnabendabend und am Sonntagmittag im Rinderstall auf Gut Zichtau. Begleitet wurde er vom Dvorak Kammerorchester Prag – einem exzellenten Streicherensemble – unter dem Dirigat von Doron Salomon. Beide Konzerte sind fast ausverkauft. Das Publikum in beiden Konzerten ist in der Menge restlos begeistert. Zugaberufe gibt es schon nach dem ersten Stück, was Giora Feidman freut, er aber schmunzelnd darauf hinweist, dass es Zugaben erst am Ende des Konzertes gibt.

Überhaupt ist Giora Feidman ein Künstler ohne Starallüren. Er steht am Eingang zum Rinderstall am Tisch, wo eine Mitarbeiterin seines Managements seine CDs verkauft. Er begrüßt die Gäste mit Handschlag, signiert bereitwillig die CDs und erzählt mit allen, die es wünschen. Auch im Konzert kokettiert er mit dem Publikum, scherzt, erzählt Anekdoten, er reagiert auf das Publikum. Und das reagiert auf ihn. Unglaublich, wie berührend schön der vielstimmige Chor im Publikum Donna Donna oder Shalom chaverim intonieren kann.

Am Anfang des Konzertes spielt nur das Kammerorchester die Overture for concert, komponiert von Ora Bat Chaim, Ehefrau von Giora Feidman. Über 200 Stücke habe sie komponiert, erzählt er später. Dann verlässt Feidman den Tisch mit den CDs, geht langsam durch die Stuhlreihen nach vorn zur Bühne und spielt dabei ganz allein auf seiner Klarinette ein von ihm selbst komponiertes Stück mit dem Titel Prayer for Clarinet Solo – ein Stück für ganz leise Töne. Mucksmäuschenstill ist es auch im Saal. Und dann steht er auf der Bühne. Er spielt geradezu mit seinem Instrument. Er entlockt seiner Klarinette Töne, die wie helles, fröhliches Lachen klingen, etwa in „In Chasidic Mood“, ein Stück mit wechselnden Tempis von Andante con moto, Andante bis zu Allegro und Allegretto. Der Mann spielt nicht nur einfach Klarinette. Die Töne werden faktisch zur Stimme, er lässt die Klarinette schreien, flüstern, plaudern und raunen. „Das wertvollste Instrument ist die Stimme. Sie kommt am tiefsten aus der Seele. Sie werden heute erleben, wie das Instrumentenspiel zum Gesang wird“, hatte Festspielleiter Reinhard Seehafer eingangs erzählt.

Und genau das erlebt das Publikum beim Konzert mit dem weltberühmten Klarinettisten, der in vielen Genres zu Hause ist: in der Klassik, im Jazz und vor allem in der Klezmermusik. In Zichtau spielt er auch Louis Armstrongs Hit „What a wonderful world“ – verbunden mit dem Wunsch, die Menschheit möge endlich den Frieden auf der Welt sichern. Und dann gibt es noch zwei Stücke, die nicht im Programm stehen: Tangoklänge des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla in kammermusikalischer Begleitung – was für ein Genuss.

Beide Konzerte enden mit tosendem Beifall und Zugabeforderungen, denen Giora Feidman und das hervorragende Kammerorchester gern nachkommen: eine erste Zugabe, das Publikum fordert eine zweite. Die gibt der 79-Jährige – das Alter merkt man ihm nicht an – auch, holt dann aber demonstrativ seine Taschenuhr hervor und blickt auf das Ziffernblatt – mit einem schelmischen Lächeln. Das Publikum lacht und applaudiert erneut. Wie kommt es, dass dieser Künstler im kleinen Zichtau spielt? „Es gibt keinen Unterschied, gleich ob in der Carnegie Hall, in den großen Häusern dieser Welt oder hier in Zichtau, überall sitzen Menschen, die Musik lieben, die Musik verbindet.“

Mit diesem Konzert enden die Altmark-Festspiele 2015. Damit aber nicht die Konzertangebote auf Gut Zichtau, betonte Reinhard Seehafer. Allein im November wird es 14 Konzerte für Kinder und Jugendliche geben, Harfenkonzerte in Kindergärten, Sterntänzerprogramme für Vorschulkinder und Konzerte junger Preisträger für Jugendliche. Dazu ein Weihnachtskonzert in der Orangerie und am 2. und 3. Januar zwei italienische Opern- und Filmmusikabende zu Neujahr mit Musikern aus Verona. Außerdem werde zurzeit schon die Festspielsaison 2016 vorbereitet.