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Grundschule „Cool“: Ein Mann als Chef im Hort

Seit dem 1. September hält im Miester Hort ein Mann das Ruder in der Hand. Michael Franz bringt frischen Wind und neue Ideen mit.

Von Gesine Biermann 22.10.2015, 03:00

Mieste l Wo Herr Franz steckt? „Schauen Sie doch mal nach, ich glaube der liegt in der Bauecke“, sagt seine Kollegin Dorothea Schartmann. Und tatsächlich: Der Herr Hortleiter betätigt sich gerade als Holzbauarchitekt. Allerdings liegt er nicht, sondern sitzt im Schneidersitz zwischen Nico Täger und Cedric Brandt aus der ersten Klasse und Paul Plaasch, der noch in den benachbarten Kindergarten geht. Die älteste Gruppe der Kitakinder ist heute nämlich im Rahmen des Ferienhortprogrammes zu Besuch da. Die Kleinen probieren begeistert das Spielzeug der Großen aus und Michael Franz hockt wie gesagt mittendrin, gibt Tipps für den optimalen Brückenbau und lobt den Riesenturm, den Joel und Elias gleich neben ihnen hochgezogen haben.

Seit dem 1. September betreut Michael Franz die Kinder im Miester Hort. Und nicht nur das, er ist sogar Hortleiter und damit wohl der einzige männliche Chef eines Schulhortes weit und breit. Ungewöhnlich finden das aber wohl nur Erwachsene. Den Kinder ist es gleich, ob sie ein Mann oder eine Frau betreut. Den neuen Mann im Hort haben sie gleich vom ersten Tag an akzeptiert und ihn sofort einbezogen, „die Mädchen auch“, sagt Franz lächelnd angesichts der Tatsache, dass gerade nur Jungs um ihn herumwuseln.

Für die ist er aber tatsächlich ein bisschen wichtiger, als für die Mädchen: Denn zwischen Krippe und weiterführenden Schulen gibt es schließlich immer noch zu wenige männliche Pädagogen. Es sei „gut, dass mit ihm nun mal ein Mann da ist“, findet auch seine Kollegin Dorothea Schartmann. „In unserem Bereich hat das irgendwie immer gefehlt.“ Michael Franz mache auch mal Dinge, die Jungs einfach brauchen, sagt sie. Zudem hat der staatlich anerkannte Erzieher neben Geduld und Ideen auch eine kräftige Stimme. Draußen auf dem Sportplatz dringt er damit gut durch, selbst bei den vorlauten Knaben. Geübt ist geübt, immerhin war er acht Jahre lang bei der Bundeswehr.

Stramm stehen wie Soldaten muss aber natürlich keiner. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Franz schließlich schon in seinem Zweitberuf Erzieher. Bis vor kurzem betreute er in einem Kinderheim allerdings noch intensivpädagogisch verhaltensauffällige Kinder. Das sei sehr kräftezehrend, beschreibt er vorsichtig. Deshalb habe er sich nach einem neuen Betätigungsfeld umgesehen. Auf die Frage, wie es ihm nun mit den Hortkindern gefällt, antwortet Franz dennoch diplomatisch: „Es ist anders“. Dass Kinder allerdings zum Abschied noch mal extra ans Fenster klopfen oder von weitem winken, habe er bisher nur im Praktikum erlebt, gibt er schmunzelnd zu. Ein Mann im Hort sei eben „cool“, befinden dazu befragt Nico und Cedric.

Derzeit ist noch Kennenlernphase im Miester Hort. Für die Zukunft hat sich der Chef allerdings einiges vorgenommen. Partizipation sei für ihn zum Beispiel wichtig. Zudem will er ein „Beschwerdemanagement“ einführen: So sollen die Kinder Vorschläge machen können, wie die Freizeit gestaltet wird, „sie sollen aber auch lernen damit umzugehen, wenn ihnen etwas nicht gefällt, und wie sie mit Konflikten umgehen“.

Hausaufgaben machen, Hände waschen, aufräumen, all das werden die Hortkinder aber auch unter dem neuen Mann weitermachen wie bisher. Das kennen sie auch nicht anders - seine Vorgängerin Sigrid Schulz, die in den Ruhestand verabschiedet wurde, und Erzieherin Sabine Dippner, haben da hervorragende Erziehungsarbeit geleistet. Und auch künftig werden Spiel, Bewegung und Basteln eine große Rolle spielen, genau so wie Hausarbeit: Er könne übrigens backen und kochen, verrät Franz augenzwinkernd. Dann steht er auf und ruft seine Ferienhortkinder.

Es gibt Mittagessen. Dass alle superschnell hören und keiner trödelt, liegt diesmal allerdings nicht an der kräftigen Stimme des Hortleiters – das Geheimwort heißt in diesem Fall Nudeln.